(44:14, Digital, CD, Vinyl; the state51 conspiracy, 17.11.2023)
Drummer Charles Hayward, mittlerweile über 70 Jahre alt, Mitbegründer von This Heat und Camberwell Now, hat ein neues kreatives Baby mit Abstract Concrete am Start. Seine aktuellen Mitstreiter haben einen experimentellen, speziellen musikalischen Background (siehe Besetzung unten). Hayward hat in seiner 40-jährigen Musiker-Karriere bereits mit Größen wie Phil Manzanera in Quiet Sun und Mal Deans The Amazing Band zusammen gespielt. Der frühe New Wave/Post Punk seiner alten Bands, die verschobene Prog Rock Attitüde der experimentellen King Crimson finden hier ihre Spuren in der aktuell kreativen Ausrichtung dieser Veröffentlichung. Mit viel Abwechslung und Spielfreude werden harmonische Parts und avantgardistische Strukturen platziert, stille andächtige Passagen wie im fast 15-minütigen Opus Magnum ‘The Day the Earth Stood Still’ klingen überlebensgroß und hymnisch, nichtsdestotrotz werden Prog-like diese Muster im Verlauf des Songs durch sehr experimentelle, dissonante Einschübe aufgebrochen und der Hörer somit zum genauen Hinhören herausgefordert.
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Die Single ‘This Echo‘ ist ein sympathisch verschrobenes, aber dafür sehr gelungenes Beispiel, mit dem Hayward und Mitstreiter mit melancholischen Sounds und jederzeit warmen, groovigen Sounds Genre-übergreifend Atmosphäre aufbauen können. Über die Entstehung des Songs selbst sagt Hayward:
“Dieser Track entstand aus der Idee zweier menschlicher Nervensysteme, deren oberste Hautschicht entfernt wurde und die nun aufeinander prallen. Der Titel kommt daher, dass ich als Kind in den Alpen war und auf den Mont Blanc schaute und ein Echo hörte, das kilometerweit zu mir zurückkam. Ich war wie besessen, und als ich zum ersten Mal ein Echo hörte, dachte ich: »Ah, dafür muss ich nicht auf einen Berg steigen! Denn bis dahin hatte ich mich gefragt, wie ich mein Schlagzeug auf einen Berg bringen sollte, um diesen Klang zu erzeugen.«”
Ob im kurzen, jazzig verspielten ‘Sad Bogbrush’, dem kantig, mit sehr schrägen Gesangs Linien ausgestatteten ‘Ventriloquist/Dummy’ oder dem fast an David Bowie erinnernden ‘Tomorrow´s World’ – der Band gelingt eine lebendige Dreiviertelstunde individueller Rockmusik. Wirkliche Vergleiche lassen sich darüber hinaus nicht benennen. Wundervoll verspielt fliesst das Album, Streichinstrumente werden superb integriert und auf sehr individuelle Weise Post-Punk-Harmonien, Pop, Prog, Dub, Jazz und Avantgarde mit organisch warmer Produktion zusammengeführt. Hört sich wild an, funktioniert aber und findet seinen unnachahmlichen Flow auf sympathische Weise. Es braucht einige Anläufe, dann macht diese bunte, jederzeit latent schräge Ansammlung von Songs und musikalischen Einflüssen richtig Laune und fordert immer wieder die Repeat-Taste.
Bewertung: 11/15 Punkten (RB 11, KR 11)
Line-up:
Agathe Max (Mésange, UKAEA) – Bratsche
Otto Willberg (Yes Indeed, Historically Fucked) – Bass
Roberto Sassi (Snorkel, Glenn Branca) – Gitarre
Yoni Silver (Hyperion Ensemble, Steve Noble) – Keyboards
Charles Hayward – Schlagzeug und Gesang.
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Abbildung: Abstract Concrete / the state51 conspiracy