(55:07; Vinyl CD, Digital; InsideOut/Sony Music, 06.10.2023)
Wikipedia listet 42 Hollywood-Filme, für die Trevor Rabin seit 1996 den Soundtrack komponiert hat. Das relativiert schon einmal die vermeintliche Lücke, die zwischen dem 1994er Yes-Album “Talk” und dem aktuellen Rabin-Solowerk “Rio” klafft. Zwischendrin gab es – vor immerhin auch schon elf Jahren – noch ein instrumentales Album namens “Jacaranda” und vor wenigen Jahren sogar eine kurzlebige Vereinigung geschasster Ex-Yes-Mitglieder, die zumindest auch laut über ein neues Album philosophiert hatte. Es ist also zumindest anzunehmen, dass das besagte Anderson/Rabin/Wakeman-Projekt etwas mit der Wiederauferstehung von Trevor Rabin, dem Rockmusiker zu tun hat.
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Denn auf “Rio” findet man so ziemlich alles, was man an den Rabin-Alben von Yes gemocht hatte – beziehungsweise auch das, was die Howe-Die-Hards nach wie vor mit Begeisterung verteufeln. Vornehmlich melodischen Rock, mit großen Melodien und knackigen Gitarren, aber eben durchaus umgesetzt mit den Mitteln, der Experimentierfreude und des Detailreichtums des Prog.
Der Opener ‘Big Mistakes’ setzt wie seinerzeit ‘The Calling’ den neuen Standard: den bekannten Sound, transportiert in ein zeitgemäßes musikalisches Gewand. Mit Beatles-Anleihen, zupackenden Rock-Riffs und einem Refrain, für den das komplette Frontiers-Geschwader inklusive ihr-wisst-schon-wem die eigene Oma reuefrei verscherbeln würden. Und die Gesangslinie? Die schreit so dermaßen nach Jon Anderson, dass man ihn an manchen Stellen fast schon im Hintergrund zu vernehmen meint (is’ aber nüscht). Ansonsten geht es auf “Rio” munter durch den Rabinschen Kosmos, ob fusionlastige Frickelbreaks mit “Jacaranda”-Flair, Erinnerungen an die Weltmusik-Anleihen auf Teilen von “Can’t Look Away”, Riffbretter wie auf “Wolf” oder Hollywood-Orchester-Pomp wie in ‘Oklahoma’ – alles da. Aber auch quirlige Country- und Bluegrass-Gitarren (‘Goodbye’), Trad-Jazz-Breaks und die von A-Cappella-Gruppen inspirierten Harmoniegesänge, die schon mit Anderson und Squire seinerzeit so fein klangen, lässt er sich nicht nehmen. Bei letzteren nervt nur bisweilen der großzügig eingesetzte Vocoder – aber das macht man wohl “heute” so. Und in einigen Songs wie ‘Push’ oder ‘Thandi’ gibt’s ganz klassische Prog-Breaks, die sogar dem “Relayer”-Fan Spaß machen dürften. Das sorgt für Abwechslung und trägt natürlich kräftig dazu bei, dass das Album launig, locker und unaufgesetzt rockt. Selbst wenn es atmosphärisch und melancholisch wird (‘These Tears’), bleibt “Rio” lebensbejahend, energiegeladen und “uplifting”. Rabin hätte dieses Album aus kommerziellen Gründen nicht machen müssen, aber es ist deutlich zu hören, dass er schlicht “Bock drauf” und musikalisch noch etwas zu sagen hat.
Natürlich bleibt als ex-Yes-Verehrer die müßige Frage, was hätte sein können, wenn Trevor die Songs vielleicht wirklich mit Rick und Jon eingespielt hätte. Hand auf’s Herz: so oder so handelt es sich bei “Rio” um das beste, schlüssigste und vor allem musikalisch interessanteste Album, das der Yes-Kosmos im Kollektiv oder solo nach “The Ladder” zu bieten hat. Auch im Alleingang. Davon hätt’ man gerne mehr.
Bewertung: 13 von 15 Punkten (SG 13, KS 10)
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