(51:30, CD, Vinyl, Digital; Relapse Records, 06.10.2023)
Hinter The Keening verbirgt sich Sängerin Rebecca Vernon, die mit den wundervollen SubRosa bereits drei spannende Alben zwischen Doom, Folk, Progressive Rock, Postrock und Metal veröffentlicht hat. Während sich die restlichen Mitglieder unter dem Band Banner The Otolith eine neue Heimat verschafft haben und auch in 2022 bereits debütierten, folgt nun mit “Little Bird” ein ganz starkes Debüt der Sängerin, welches, so viel vorweg, mit viel wohltuender Tristesse und offenen Armen die dunkle Jahreszeit begrüsst. Die pastorale Kraft und Erhabenheit des Doom Metal, ohne jemals die tatsächliche Heavyness zu erreichen (mehr in Stimmung und Gefühl), dazu ist man über weite Strecken nah am klassischen Neo/Dark Folk – einer Emily Jane White nicht unähnlich. Gern auch der bedrückenden Geisterhaften Aura einer Chelsea Wolfe oder Darkher auf der Spur.
Des Weiteren schafft die waldige, folkige Kraft der Songs, an zuletzt so wundervolle Alben wie die letztjährige Jonathan Hulten, Isafjord und Ofdrykkja zu gemahnen. Auch die Weite so manch ambienter Osi and the Jupiter-Epen, gern auch die großen Sixteen Horsepower in ihrer Strahlkraft sind nicht ganz von der Hand zu weisen. All die Vergleiche dienen nur der vermittelten Atmosphäre, dem Sound-Gefühl, The Keening klingen wie SubRosa sehr eigenwillig, lang nicht so progressiv, jedoch in ihrer dunklen, schmerzvollen Aura für die Beschallung bei Kerzenlicht wie gemacht.
Tröpfelndes Piano wie im Titel-Song, aber vor allem mit jedem weiteren Hör-Durchgang strahlt das Album ob seiner ganz individuell konstruierten Kraft und Dynamik, weiß man gerade von Song zu Song gen Album-Ende mit immer mehr epischen Längen und doomiger Verzückung den Hörer an die Hand zu nehmen und tief ins Dickicht zu führen. Ein perfekt pointiertes Szenario an Streichern und vielerlei subtilen Sound Arrangements mit Bläsern, Harfe und Hackbrett ergänzen den immer wieder aufwühlenden Folk-Doom in seiner Traurigkeit und bedrückenden Melancholie und mit Song Längen von mehr als eine Viertelstunde kommt trotzdem nie Langeweile auf. Im Gegenteil, es dient hervorragend dazu, sich im Szenario, der sehr American Gothic-Folk affinen Tristesse zu verlieren. Die ländlich, immer nach Wald und Flur riechenden ätherischen Epik Walzer des Zweiteilers ´The Hunter‘ sind schmerzlichst emotional vorgetragen, erhalten stille ambiente Räume. Vernon darf ihre Stimme fast wie ein zusätzliches Instrument nutzen, wird immer wieder zielsicher mit Kammer Folk ähnlicher Orchestrierung märchenhaft verzaubernd in Szene gesetzt. Gerade im zweiten Teil kommt man der Vorgänger Band nah, wird hier mit aufwühlend rockigen Klängen und viel Leise/Laut Dynamik gepunktet. Das siebzehnminütige orchestrale Finale ‘The Truth‘ beschließt dann sehr eindrucksvoll ein bärenstarkes Album, das sich nicht durch Genre-Klassifizierungen definieren lässt. Im Gegenteil fließt hier viel Wertiges durch all die Songs zwischen Post, Folk und Doom, bekommt alles seinen Platz und Raum.
Die Musik lebt von den mannigfaltigen Dynamiken und dunklen Stimmungen/Atmosphären, die Sound-technisch von Billy Anderson (u.a. Swans, Red House Pointers u.v.m.) sehr wohltuend organisch, jedem Stimmungs-Detail gerecht werdend, in Szene gesetzt wurden. Dunkelt bitte einfach mal den Raum, macht etwas Kerzenlicht-Stimmung und den Soundtrack dazu stellen The Keening mit “Little Bird”.
Bewertung:12/15 Punkten
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Abbildung: The Keening