Khanate – To Be Cruel

Khanate - To Be Cruel (Sacred Bones, 30.06.2023) COVER(1:01:13; Vinyl (2 LP), CD, Digital; Sacred Bones, 30.06.2023)
Das Roadburn Festival hat dem Verfasser dieser Zeilen in diesem Jahr die Erkenntnis gebracht, dass die Grenzen der progressiven Musik noch viel weiter sind als er jemals erahnen konnten. Dass jenseits seines Horizontes musikalische Welten liegen, von denen er nicht einmal ahnte, dass sie existieren.

So wunderte ich mich dieser Tage kaum, als die Organisatoren des Roadburn dieser Tage den ersten großen Act fürs ’24er Festival bekanntgaben und mit einem Namen konfrontieren, der nichts als Ratlosigkeit hervorrief: Khanate.

Die Worte allerdings, mit denen Khanate angekündigt wurden, ließen vermuten, dass ich an dieser Stelle einen Nachholbedarf hatte:

In the years since Khanate were last active there have been many heavy bands that followed in their footsteps. Some are able to emulate the abject bleakness, some capture the low-end rumble, a lot of them are undoubtedly extremely heavy. But none quite capture the grotesque combination of all three components quite like Khanate.

Ein wenig Recherche ergab dann, dass es sich bei Khanate um eine Art Supergroup des Drone Doom handelt, deren Gründungsmitglieder u.a. bei Bands wie Sun O))), OLD und Blind Idiot God aktiv sind bzw. waren und die zwischen 2001 und 2009 vier Alben veröffentlichten, die großen Einfluss in der Szene hinterlassen haben und noch heute nachwirken.

Letztendlich löste sich die Formation im Jahr 2009 auf, da nicht alle Mitglieder das nötige Engagement an den Tag gelegt hatten.

14 Jahre später jedoch war die Motivation wohl wieder groß genug, um sich noch einmal für ein neues, für ein fünftes Album zusammenzuschließen. Die Öffentlichkeit bekam hiervon nur wenig mit, sodass das hier vorliegende “To Be Cruel” Ende Juni ohne Vorwarnung, wie aus dem Nichts erschien.

An Betreutes Proggen ging dies alles vorbei. Khanate war eine Bemusterung von so vielen, der keine große Aufmerksamkeit geschenkt worden ist.

Ein Fehler, wie sich nun herausgestellt hat. Denn “To Be Cruel” ist in seinem Genre etwas ganz Besonderes. Man hört Khanate förmlich an, welche Bands von diesen ihre Inspiration erfahren haben. Gleichzeitig gehen die US-Amerikaner aber auch einen Schritt weiter als viele Nachahmer und loten die Grenzen ihrer Musik noch weiter aus als schon zuvor.

Langsamkeit, Heaviness und der pure Wahnsinn werden auf “To Be Cruel” in erschreckend schöner Hässlichkeit in dissonanten Einklang gebracht.

Schon der Opener ‘Like A Poisened Dog’ erscheint wie die Vertonung der Landschaften von Mordor. Denn die Musik bewegt sich wie ein zäher Lavastrom, der alles vernichtet, was ihr im Wege steht, allerdings mit der Geschwindigkeit eines sich ausbreitenden Gletschers. Sänger Alan Dubin scheint dabei unendliche Qualen zu erleiden, denn seine Vokal-Performance gleicht mehr einem vertonten Martyrium als herkömmlichem Gesang.

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Weitere Informationen

Mit ‘I Want To Fly” treten Khanate deutlich heavier auf, was daran liegt, dass James Plotkins tiefer Doom-Bass das Stück über weite Strecken prägt. Hinzu gesellen sich dezent gestreute Gitarren von Stephen O’Malley und immer wieder Schlagzeug-Akzente, die einen aufhorchen lassen. Gerade bei diesem Stück zeigt sich, dass Khanate gerade dann besonders stark sind, wenn sie den Einsatz ihrer Instrumente auf das Nötigste reduzieren. Denn gerade in der manisch klingenden, dezent untermalten Spoken-Word-Passage dieses Stückes ist die klaustrophobische Wirkung dieses Albums am intensivsten. Man bekommt hier das Gefühl, in das Gehirn eines Wahnsinnigen hineinschauen zu dürfen.

Eine Wirkung, an die das abschließende ‘To Be Cruel’ nicht ganz heranreicht. Denn es ist der vielleicht herkömmlichste Track auf diesem Album. Insofern man diese Begrifflichkeit im Bereich dieses Genres überhaupt benutzen kann. Denn klassische Doom-Strukturen sind hier viel deutlicher erkennbar als bei den beiden anderen Stücken. Trotzdem machen es einem Khanate auch mit diesem Stück nicht einfacher, denn auch ‘To Be Cruel’ hat einige Überraschungen in petto. Und auch hier gilt die Devise: Je mehr Ambient, je weniger Musik, desto effektiver sind Khanate.
Bewertung: 12/15 Punkten


To Be Cruel von Khanate

Besetzung:
Alan Dubin – vocals
Stephen O’Malley – guitar, feedback
James Plotkin – bass, synthesizer
Tim Wyskida – drums & percussion

Diskografie (Studioalben):
“Khanate” (2001)
“Things Viral” (2003)
“Capture & Release” (2005)
“Clean Hands Go Foul” (2009)
“To Be Cruel” (2023)

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