Euroblast 2023, 29.09.-01.10.23, Köln, Essigfabrik
Mit dem Euroblast verbindet den Autoren eine auf diesen Seiten teils auch dokumentierte Hassliebe. Jedenfalls seit dem Umzug des Festivals von Live Music Hall und (R.I.P.) Underground in die Essigfabrik. Die diesjährige Episode tendierte allerdings erfreulicherweise wieder etwas mehr in Richtung Peace and Love.
KR
Day 1, 29.09.2023: Mehr Essigbrise als Soundorkan – jottlob
Gästeliste und Einlass funktionierten denn auch diesmal wunderbar reibungsarm. Auch wenn dortselbst manche den Unterschied zwischen “Drei mal Tagesbändchen” und “Dreitagesbändchen” vergleichsweise lange einfach nicht gepeilt bekamen.
Disillusion
Eindeutig amourös ist seit Jahrzehnten die Haltung zum Opener des Festivals, Disillusion. Erneut begeisterten die x-mal erlebten Leipziger mit ihrer eigenständigen Lesart von Progressive Death Metal und total glaubwürdigem, sympathischem Agieren auf der Bühne.
Gleich mal ein kleiner Exkurs: Frank Zappa dirigierte seine Musiker mit Taktstock oder Zigarette, Tropes reizende Lady Di “domptiert” und verzaubert dabei das Publikum. Und der Disillusion-Boss Andy Schmidt lenkt mitten im Spiel die Aufmerksamkeit des Publikums auf bestimmte Entwicklungen in der Musik: Alles nur kleine, aber ungemein wirksame Gesten dreier großer Bühnenpersönlichkeiten.
KR
Eine – imho – der stärksten Bands im gesamten Billing eröffnen zu lassen, ist mutig. Wenn die mit einem ihrer aktuellen Überhämmer eröffnet (‘Am Abgrund’), ist es das nicht weniger. Aber das wuselige ‘Driftwood’, das symphonische ‘The Black Sea’ oder das abschließende ‘Tormento’ hielten dieses Energie-Level souverän.
KR
Mankind
Geständnis: Kannte ich vorher nicht. Und weiß trotz einigen Suchversuchen immer noch nichts über die Truppe. Floh hingegen raunte eingangs etwas von Belgiern und Cobra The Impaler. Und machte während des Konzertes “Placebo Vibes” aus. Wie auch immer: Das Begeisterndste an diesem Auftritt war es für mich, ihn im Keller (der sog. “Side Stage”) ohne Gehörschutz erleben zu können. Denn das habe ich dort noch nie erleben dürfen.
KR
Gggolddd
Die Niederländer um Milena Evas klangen letztlich so ähnlich wie hier ausführlich beschrieben und abgebildet. Verscherzten es sich aber mit dem Euroblast-Publikum dadurch, dass 20 Minuten nach angekündigter Stage Time immer noch nichts lief. Und das ohrenscheinlich nur wegen eines nicht funzenden Samples.
Das macht man besser nicht mit einem eigentlich nach Djent hungernden Publikum, vor allem, wenn man dann endlich einen ganz eigenen Mix aus “Post Rock, Post Punk, Gothic, Industrial und Progressive Rock” an den Start bringt. Füglich verließen viele vorher schon die Halle. Meinereiner auch nach ein paar Songs.
KR
Sheer Cerebral Power
Zumal ja alsbald von der “Side Stage” (vulgo: im Keller) aus unser aller zerebralen Kräfte gestärkt werden sollten. Der Auftritt begann denn auch mit einem hallenden “Ommmm”. Gefolgt von verhalltem Melodic Rock. Auffallend irgendwie dann doch der Sänger in in weißem Anzug und der heftig zerrende Bass (bedient von “Professor” Horst Polland). Das Aufregendste war noch, als mitten im Auftritt auf einmal nur noch der Monitorsound vernehmlich war. Was aber mit ein wenig am Kabel Ruckeln behoben werden konnte.
KR
This Will Destroy You
Die Band aus San Marcos, Texas genießt den Ruf, besonders nerdige Post-Rock-Vertreter zu sein (will sagen: die haben dieses Image nun mal, hoffentlich genießen sie es jetzt wenigstens). Und löste das auch voll ein: das Quartett scheint nur zwei Betriebs-Modi zu kennen: A) Ambient/Shoegaze bis zur atem- bis bewusstseinsberaubenden Beliebigkeit, B) Full Blast. Bei beiden war an diesem Freitag der Schlagzeuganteil (selbst wenn teils mit “pelzigen” Klöppeln bedient) immer viel zu dominierend. Habe hernach und an den folgenden zwei Festivaltagen mit niemandem gesprochen, der nun just das Highlight-verdächtig fand.
KR
(Setlist vom 30.09., Groningen, wird aber ähnlich gewesen sein)
Ice Sealed Eyes
Die mir ebenfalls zuvor unbekannten Belgier erwiesen sich als steile Hipster-Vorlage für das überwiegende Hipster-Publikum. Djentcore mit mehr Breakdowns als Get-ups. Sorry.
KR
The Ocean (Collective)
Von Germany’s (and Robin Staps’) very own The Ocean hab ich aufgrund obwaltender Straßenbahn-Fahrplänen nicht mehr viel miterlebt. Das Wenige aber hat mir wie eigentlich immer hervorragend gefallen. Zeitzeugen berichten allerdings von a) wenig druckvollem Sound (Also “The Ocean, aber machen nicht richtig nass?”), den ich selbst allerdings nicht so negativ erlebt habe. Aber auch von atemberaubenden Stagediving-Reisen von Sänger und Zeremonienmeister Loïc Rossetti.
KR
Day 2, 30.09.2023: Eurobreeze
Northern Lights FR
Während unsereinen der räudige Metalcore der Franzosen binnen kurzem aus der “Elektroküche” im Keller ver- und in die heute nochmal ausgesprochen sommerliche Sonne (mit stetiger angenehmer Briese vom Rhein her) trieb, lobte Floh ausdrücklich die Stimmung im kleinen Saal, inklusive Wall of Death und Ausflügen der Band ins Publikum.
KR
Lucrecia
“Progressive Kawaiicore” also – hm. Weder das Genre noch diese Vertreter davon waren mir bislang je begegnet. Und wenn es fortan wieder eine Weile ohne Begegnungen verlaufen würde, ginge hierorts deswegen auch keine Träne auf Reisen. Sänger und “kawaii” gestylte Sängerin boten Growls, Screams und Raps, die überwiegend Fluchttendenzen auslösten. Und dafür die Main Stage?
KR
Tiberius
Die Galoppel-Drums wiesen zunächst in eine falsche oder zumindest nicht die ganze Wahrheit darstellende Richtung, der in cleanen Passagen leicht “heldenhafte”, teils an Iron Maiden erinnernde Gesang von Grant Barclay war schon weniger irreführend. Denn das sympathische Quintett aus Edinburgh hat u.a. eine bisweilen thrashige Spielart von Progressive Power Metal am Start, die in der E-Küche denn auch prächtig ankam.
KR
(Radar statt Euroblast)
Feather Mountain
Für den ersten “echten Prog” (‘tschuldigung) des Tages und diese Dänen verweisen wir gerne mal auf diese Darstellung ihres Auftritts beim PPE 2022 – übrigens ihren ersten außerhalb ihres Heimatlands. Ein musikalisch wie optischer Genuss war es in Kölle aber auch wieder. Und das sogar mit gutem Sound.
KR
The Sleeper
Diese jungen Leute haben Ihren Schlafplatz ebenfalls in Leipzig, damit enden die Parallelen zu Disillusion allerdings auch abrupt. Der gekonnt dargebotene, leicht hysterische Djent kam jedenfalls nicht lange gegen die Verlockungen von Sonnenlicht, Kumpels und sonstigem an…
KR
Ghost Iris
Die Dänen sind ohnehin gerade mit Heart Of A Coward auf Tour. Da bot sich ein Euroblast-Gig an. War allerdings noch nie großer Fan ihres Metalcore.
KR
Primaterra
Diese First-World-Bewohner kommen außerdem noch aus Berlin und boten im kleinen Raum Heavy Metal mit maximal großen Gesten – u.a. die aktuelle Single ‘Waking Nightmares’. Mit viel gutem Willen konnte man dabei Pantera-Momente ausmachen.
KR
Heart Of A Coward
Als nächstes ließen HOAC die große Halle buchstäblich erbeben. Das harmlos wirkende Intro bereitete kaum auf die Energie ihres Metalcore vor – und auf das (trotz immer mal wieder erstrahlendem unverzerrten Gesang) infernalisch gurgelnde Gegrowle von Kaan Tasan.
KR
A Kew’s Tag
An dieser Stelle erst einmal Mal vielen Dank an den lieben Klaus, dass er mich ohne vorherige Absprache bei den letzten Bands des Abends alleine gelassen hat. So liegt es nun an mir, ein paar Zeilen zu schreiben und meine Eindrücke zu schildern.
FF
Sehr gerne geschehen. Und wir sind doch eh immer am besten, wenn wir uns ergänzen 🙂
KR
Dass A Kew’s Tag beim diesjährigen Euroblast auftreten durften, hatte mich im Vorfeld sehr gefreut, da die Bands zu meinen persönlichen Favoriten aus einer Riege junge deutscher Prog Bands gehören, von denen man in Zukunft hoffentlich auch außerhalb Deutschlands hören wird. Dass für den Auftritt des Trios allerdings das Kellerloch namens Elektroküche vorgesehen war, das stimmte mich weniger glücklich. Denn A Kew’s Tag spielen Progressive Metal der akustischen Art. Eine denkbar schlechte Kombination. Dass der Sound dann tatsächlich nicht besser war, als man im Vorfeld erwarten konnte, das störte letztendlich nur wenig. Denn die Begeisterung, mit der Johannes Weik, Julian Helms und Florian Weik v.a. Auszüge ihres Konzeptwerkes “Hephioz” präsentierten, war ansteckend.
FF
The Hirsch Effekt
Ansteckende Wirkung hatten A Kew’s Tag bei der letztjährigen gemeinsamen Tournee wohl auch auf The Hirsch Effekt gehabt. Zumindest kann man dieser Annahme sein, wenn man sich die akustischen Elemente auf deren neuen Album “Urian” anhört. Nachvollziehbar war das an diesem Abend jedoch kaum. Denn obwohl der Auftritt der offizielle Auftakt der “Urian”-Tour war, spielten die Hannoveraner insgesamt nur drei Stücke ihres aktuellen Albums, die wie der Rest des Sets eher die energetische Seite der Band wiederspiegelten: ‘Urian’, ‘Granica’ und ‘Otus’. Stücke die sich wunderbar in den Backkatalog der Band einpassten und neben Bandklassikern wie ‘Agnosie’, ‘Inukshuk’ und ‘Lifnej’ nicht nur bestehen sondern sogar glänzen konnten. Für mich persönlich eines der Highlights des Festivals und der einzige der Headliner, dessen Auftritt beim Euroblast meine Erwartungen zur vollsten Zufriedenheit erfüllen konnte.
FF
TheCityIsOurs
Keine Notizen. Kaum Erinnerungen. Nichts, außer ein paar Fotos, die im Tunnel des Hyper-Focus entstanden sind, der durch die pure Energie der Londoner Metalcore-Band bis aufs Äußerste verstärkt worden war.
FF
Leprous
#reckertmeckert – Anlässlich des Prognosis Festivals 2023 hatte unsereiner schon mal gejammert:
“Gefühlt spielen Leprous auf jedem vom Autor besuchten Festival. Das ist einerseits nett, kann andererseits aber auch zu Abnutzungserscheinungen führen. Und wenn mal ein Festival auf den großen Namen verzichtet? Dann kommt ihr Frontmann mit einem Soloprogramm um die Ecke!”
Aber schlimmer geht immer: zweimal Leprous und einmal Einar auf einem Festival. Drum überlassen wir jetzt auch schnell dem Nachredner die Schreibbühne.
KR
Zweimal Leprous an einem Wochenende. Insgesamt drei Auftritte von Einar Solberg. Dass da manch einer Reißaus genommen hat, das kann man schon nachvollziehen. Nichtsdestotrotz muss man vor Leprous und insbesondere ihrem Sänger den Hut ziehen. Denn der zusätzliche Auftritt am Sonntag-Abend war nur zustande gekommen, da sich die Norweger spontan dazu entschlossen hatten, für die kurzfristig ausgefallenen Voyager einzuspringen. Für Einar Solberg bedeutete dies, binnen zwei Tage rund 40 Stücke abrufen und live performen zu müssen. Denn die beiden Leprous-Auftritte waren mit ihren unterschiedlichen Setlists und dem Focus auf verschiedene Bandphasen letztendlich wie die Auftritte zwei verschiedener Bands. Dies führte allerdings dazu, dass der Auftritt am Samstag-Abend wie eine kleine Zäsur im Ablauf des Festivals wirkte. Denn nach einem Tag, der vornehmlich vom Metalcore geprägt war, hatte das von der Avantgard neuerer Leprous-Platten geprägte Set den Anschein eines Fremdkörpers. Ältere und Euroblast-kompatiblere Stücke wurden nämlich für den Sonntags-Auftritt zurückgehalten. Trotz alledem war auch dieser Auftritt von Leprous etwas ganz besonderes. Denn wo die Osloer zuletzt vornehmlich durch Raphael Weinroth-Browne live auf dem Cello begleitet wurden, stand der Band an diesem Abend ein Violinist zur Seite: Chris Baum, seineszeichens erster und einziger Geiger bei Bent Knee.
FF
Monosphere
Wirklich gefreut hatte ich mich an diesem Abend auf Monosphere. Nicht nur, weil ich die Jungs aus Mainz persönlich schätze und ihren Werdegang schon länger begleite, sondern v.a. da sie mit “Sentience” ein neues Album in den Startlöchern haben. Das zwar erst am 20. Oktober offiziell veröffentlicht wird, aber an diesem Tag schon als Schallplatte am Merchandise-Stand erhältlich war. Und von dessen Qualitäten ich mich schon im Vorfeld hatte überzeugen können. Leider musste ich mich an diesem Abend aus gesundheitlichen Gründen etwas zurücknehmen, so dass ich nur in etwa die Hälfte des Auftrittes der Mainzer Band mitnehmen konnte. Dass ich gerne länger geblieben wäre, spricht wahrscheinlich Bände von dem Eindruck, den Monosphere hinterlassen haben. Für mich besonders erfreulich: der Gesangsunterricht, den Sänger Kevin Ernst jüngst genommen haben soll, war auch bei dieser Live-Performance vernehmbar. Sodass die Clean-Vocals-Passagen erstmals genauso viel Freude bereiteten wie die Growls. Schön, wenn man feststellen kann, dass eh schon gute Bands mit der Zeit immer besser werden.
FF
Sextrow
Zuletzt möchte ich an dieser Stelle noch vermerken, dass es nach dem Auftritt von Monosphere noch eine Darbietung von Sextrow gegeben hat. Ein Konzert, dass leider von allen drei Betreuern verpasst wurde, sodass wir an dieser Stelle leider nicht mehr dazu schreiben können.
FF
Day 3, 01.10.2023: Bon Voyage(r)!
R3VO
Den Kickstarter des Tages lieferten R3VO – das love child von R2D2 und C3PO? Hübsches Kind jedenfalls. Alternative Progressive Metal aus Berlin mit Leo Barbato als in mehr als einer Hinsicht beeindruckender Frontfrau. Floh: “Guano Apes…”. Klaus “… in sexy”. Noch keine Setlist verfügbar, aber ‘Artificial Pleasure’ wird dabei gewesen sein.
KR
Im dunklen, versifften Seuchenkeller war der Sound eher grob und dumpf. Feinheiten waren bis auf den schiefen Gesang nicht auszumachen. Eigentlich schade, da der Alternative Rock der Berliner auf Tonträger schon Spaß macht.
MBü
Atlas
Die Finnen nennen was sie tun “Northcore”, wohl aufgrund der folkloristischen Momente, die ihre Version von breitbeinigem Metalcore ebenso effektiv ergänzen wie Elemente des Progressive Death Metal. Und räumten die Mainstage damit sowie mit einer auffallend gelungenen Lightshow und ihrer humorvoll-sympathischen Art (inklusive “Happy Birthday” für einen Fan im Publikum) unvergesslich ab. Im Fokus stand naturgemäß das aktuelle Album “Ukko” (2021).
KR
Zweitbeste Band des Tages. Energisch, aufreibend, mit ordentlichen Riffs und einer spielfreudigen Mannschaft. Hob sich erfreulicherweise ein wenig vom mathematischen Einerlei der anderen Bands ab.
MBü
Bipolar Architecture
Bleiben wir ehrlich, diese deutsch-türkische (u.a.) Blackgaze-Formation aus dem vorzüglichen Pelagic-Stall habe ich einem dringend erforderlichen Spaziergang geopfert.
KR
Fünf Minuten im engen Keller ertragen. “Ertragen” nicht wegen der Band, die hat zumindest in der kurzen Zeit ordentlich geliefert. Aber für jemanden, der Menschen und vor allem Kontakt zu Menschen hasst, in der Enge eine zu hohe Herausforderung, die die Band nicht wert war. Flucht!
MBü
Leider habe ich nur die letzten beiden Stücke der Formation miterleben können. Grund zur Flucht gab es für mich keinen. Momente, die mir in Erinnerung geblieben sind allerdings auch nicht. Blackgaze ohne Höhen und Tiefen.
FF
Exkurs – Randszenen eines (Progressive) Metal-Festivals:
Einer der aus der Musikfreunde-FB-Gruppe bekannten Festivalgäste war mit einem mit einer Badelatsche bewehrten Gummi-Fuß unterwegs, der u.a. als Bierglasständer genutzt wurde. Sowie als Fotomotiv.
Ein anderer der Musikfreunde: “Wo ist die Latsche?”
Der Angesprochene dreht sich stumm um und weist auf die Gesäßtasche, wo dieses wichtige Utensil sicher verankert ist.
KR
ALLT
Sahen für mich alt aus. Bzw. dieses doofe Geballere hörte sich so altbekant an. Oder war Thall(t) das Wort?
KR
Belangloses, langweiliges Geschrei nach Schema F.
MBü
E.N.D.
Würgcore.
KR
Wieder der fiese Keller. Die Kroaten haben mit Prog nichts am Hut. Stattdessen zockt das Trio groovy Hardcore. Muss man mögen. In diesem Fall war aber nach zwei Songs alles gesagt. Erneut Flucht!
MBü
Core? Ja.
Würgreiz? Nein.
Dafür aber ordentliche Grooves!
Fotos gemacht und danach abgetanzt.
Mehr erwarte ich von solcher Musik nicht. Und deswegen auch keine Enttäuschung.
FF
Hypno5e
Samples. Wirklich viele Samples, von Anfang an. Aber auch schöner Schmerz.
KR
Mochten offensichtlich alle. Außer mir. Kommen nicht zur Sache. Geschrei, Stakkato-Rhythmen, Breakdowns, Flächen, schöner Gesang, Gebrüll und wieder von vorne. Vorhersehbar. Wirklich jeder Song.
MBü
Ich mag Hypno5e. Sehr gern sogar. Insbesondere auf Platte. Live muss man da leider ein paar Abstriche machen. Denn ja, es kommt sehr viel vom Band. Doch lässt man man sich erst mal auf diesen Umstand ein, dann kann man es durchaus auch live genießen. Mir hat ihr Auftritt wieder einmal gefallen. Zwar nicht so gut wie der im Jahr des Coronablast Festivals, dafür war die Atmosphäre einfach nicht dicht genug, aber trotzdem gut genug, um für eine gewisse Zeit in cineastische Metal-Welten abzudriften.
FF
Future Static
Die “Entdeckung” des Festivals. Die Aussies aus Melbourne um Amariah Cook wickelten alle Anwesenden um den Finger mit einer ungemein female-fronted und einfach positiven Version von Progressive Melodic (Death) Metal. Die Dame kann sowohl clean wie growls. Wo die hinsingt, wächst kein Gras mehr.
KR
Festival-Sieger(innen)! Was für eine Verschwendung, die in diesem sch.. Keller spielen zu lassen. Pure Energie, Melodien (soweit im Soundbrei auszumachen), extrem agile Frontdame mit wahnsinnigem Stimmumfang, Spielfreude und endlich mal Eigenständigkeit. Muss ich mir nochmal in einem vernünftigen Umfeld ansehen.
MBü
Wenn ich irgendwann einmal in 20 Jahren auf das Euroblast 2023 zurückblicken sollte und ich mich nur an einen Moment erinnern werden kann, dann wird es definitiv Future Statics Interpretation von Daddy Yankees ‘Gasolina’ sein.
Extreme Prog goes Reggaeton. Yeah!!!
FF
Earthside
Hatten technische Probleme. Dann legten sie los – mit Gesang vom Band… Die Musik ist nicht für Live-Auftritte geeignet. Sowas hört man unter dem Kopfhörer oder auf der guten, heimischen Anlage. Das Album ist hervorragend gut, live geht das leider überhaupt nicht. Aber der Keyboarder war lustig.
MBü
Technische Probleme müssen eine Band nerven. V.a. wenn diese dann auch noch bei einem der letzten Auftritte einer ansonsten gecancelten Tour auftreten. Denn Earthside hätten eigentlich mit Voyager unterwegs sein sollen. Die Jungs konnten einem leid tun. Brauchten sie aber nicht. denn ihren Auftritt absolvierten die US-Amerikaner mit Bravour. Dass das Playback-Konzept nicht jedermanns Sache ist, das ist verständlich.
Auch ich ziehe das erste und das kommende Earthside-Album dieser Live-Performance vor. Wie auch immer. Froh, dass ich diese Band live erleben durfte, war ich trotzdem.
FF
Playgrounded
Nochmal in den Keller? Ich würde sagen: Nein!
MBü
Die Organisatoren des Euroblast bezeichnen ihr Baby selbst als Festival for Progressive Music, obwohl es nur wenig waschechten Progressive Rock beim Festival zu finden gibt. Da ist es dann schon bemerkenswert, wenn man eine Band wie Playgrounded im Billing finden kann. Denn obwohl es bei ihnen ziemlich viel Post Metal und Electronica zu hören gibt, sind die Griechen sehr stark im Prog Rock verwurzelt. Kein Core, kein Djent und kein Geballer. Keine Screamos, keine Grunts und auch keine Growls. Keine Moshpits, keine Circle Pits und auch keine Wall of Death. Einfach eine willkommene Abwechslung und genau das, was ich zu diesem Zeitpunkt gebraucht hatte.
FF
Einar Solberg
Einar geht noch.
KR
Einar muss den ja doof finden, also: Flucht!
MBü
Leute, Leute: Jetzt aber genug der Kalauer. Ob man Bock auf Herrn Solberg hatte oder nicht, alleine schon wegen der Begleitband hätte man sich diesen Auftritt nicht entgehen lassen sollen. Dass Einar Solberg nicht nur Chris Baum, sondern auch dessen Bandkollegen Ben Levin wieder axtra aus den Staaten hat einfliegen lassen – nur für diesen Gig – das spricht für sich. Und so war es dann auch der Bent-Knee-Gitarrist, der diesen Auftritt für mich zu etwas besonderem gemacht hat. Zumindest anfangs. Denn noch viel bemerkenswerter als dessen Gitarrenarbeit war Einar Solbergs Würdigung des an Krebs erkrankten Voyager-Sängers Daniel Estrin in Form einer gefühlvollen Piano-&-Vocals-Interpretation des Eurovision-Krachers ‘Promise’. Ein Moment für die Annalen des Festivals!
FF
The Omnicic
Eine ganz besondere Band sind die Australier von The Omnific. Warum? Ganz einfach: Weil das Trio aus einem Schlagzeuger und zwei Bassisten zusammengesetzt ist. Gesang gibt es dabei keinen, dafür aber abwechselnden Lead-Bass zur groovig-proggigen Rhythmen. Ein Konzept, das live wunderbar aufging, auch wenn allerlei Soundschnipsel eingespielt wurden. Ein Auftritt, der Lust auf mehr machte und nach dem ich mir sagte, dass ich diese Band unbedingt einmal als Headliner sehen möchte.
FF
Leprous
Ja, und dann gab es zum Abschluss tatsächlich noch einmal Leprous zu hören. Oder besser gesagt auf die Ohren. Denn nachdem es am Samstag lediglich die letzten drei Alben “Aphelion”, “Pitfalls” und “Malina” zu hören gab, konzentrierte man sich heute auf die deutlich progressiveren und härteren Vorgänger-Alben “The Congregation”, “Coal” und “Bilateral”. Zudem gab es mit “Passing” sogar einen Track aus der Frühphase der Band, nämlich von dem 2009er Debütalbum “Tall Poppy Syndrom”. Und obwohl ich sämtliche gespielte Stücke in den letzten Jahren schon einmal live gehört hatte, unterschied sich diese Performance deutlich von den ungefähr zehn Auftritten der Band, die ich seit 2017 gesehen habe. Nicht nur, dass sich die Setlists der Norweger so gut wie niemals gleichen – hier eine Wunschliste der Fans, dort die Aufführung eines Albums in Gänze und anderer Stelle die Vorstellung eines neuen Albums – es war für mich persönlich auch der erste Auftritt von Leprous, bei dem sie keinen Gastmusiker dabei hatten, Weder Cellist, noch Geiger oder Trompeter. Diesmal gab es einfach Leprous pur! In bester Soundqualität! Die Spielfreude war Tor Oddmund Suhrke, Robin Ognedal , Simen Børven und Baard Kolstad dabei förmlich anzusehen und selbst Frontmann Solberg schien an diesem Abend Gefallen daran gefunden zu haben, nach zwei eher avantgardistischen Shows endlich mal wieder die ollen Kammellen auspacken zu dürfen. Die Euroblast-Zuschauer jedenfalls waren zufrieden, denn sie hatten endlich mal wieder Leprous in der Form zu sehen und zu hören bekommen, wie sie immer noch am besten zu diesem Festival passen.
FF
3-fach-Fazit
Ich hatte wegen Voyager ein Ticket für den Sonntag. Persönliche Highlights waren Atlas und Future Static, aber mehr noch habe ich mich darüber gefreut, mal wieder ein paar Leute zu treffen. Es war alles super organisiert und die meisten Bands sehr pünktlich. Das Gelände außerhalb der Hallen war sehr angenehm gestaltet, Essen und Trinken sehr gut und teils im Vergleich zu anderen Events echt günstig.
Von der Bandauswahl her (Schwerpunkt Metalmathcore nach einheitlichem Muster) brauche ich persönlich das Festival in dieser Form allerdings eher nicht.
MBü
Nach meinem ersten Roadburn-Erlebnis im April 2023 hat es jedes andere Festival schwer! Euroblast 2023 ist beileibe kein schlechtes Festival gewesen, doch vor allem der Samstag war mir eindeutig zu Metalcore-lastig. Mir fehlte es streckenweise an Abwechslung. Zudem musste ich in diesem Jahr aus gesundheitlichen Gründen auf die aktive Teilnahme in den Moshpits verzichten. Core ohne Bewegung funktioniert allerdings nicht wirklich gut. Andere Bands, auf die ich mich gefreut hatte, hatten mit technischen Problemen oder mit schlechtem Sound zu kämpfen. Auftritte anderer Bands konnten einfach nicht an frühere Gigs heranreichen, die ich von ihnen gesehen hatte. Auch gestalteten sich meine einzelnen Konzertbesuche aus den schon oben erwähnten Gründen in der Regel kürzer als gewohnt, sodass ich nur wenige Bands von Anfang bis Ende gesehen habe. All dies schmälerte ein wenig mein Gesamterlebnis des Wochenendes. Doch zufrieden war ich unterm Strich trotz alledem. Überraschungen wie Tiberius und Future Static feiere ich auch zwei Wochen nach dem Festival weiterhin ab. Tolle Headliner Shows mit makellosem Sound von The Hirsch Effekt und Leprous. Ein toller Auftritt – auch bei widrigem Sound – von The Ocean. Und viele kleine Konzerte, wie die von Monosphere, Playgrounded und The Omnific, die bei mir einfach Lust auf mehr machten.
Dazu eine wundervolle Euroblast Family, eine kleine aber feine Selection an Craft Beer und eine abwechslungsreiche und teils sehr sattmachende Essensauwahl.Alles in allem ein für mich rundes Paket mit ein paar Ecken und Kanten (Klingt irgendwie nach Morgenstern). Sicherlich nicht das beste Euroblast, das ich bisher erlebt habe. Wiederkommen werde ich allerdings definitiv. Wann, dass steht jedoch in den Sternen. Denn ab nächstem Jahr gilt es, sich wieder zwischen Euroblast und ProgPower Europe zu entscheiden. Ausschlaggebend werden hier für mich wohl letztendlich die auftretenden Bands sein.
FF
Hab mir die drei Tage aufgrund des so sehr viel besseren Sounds im Vergleich zu den Essig-Vorjahren gerne komplett gegeben, auch wenn ich bei etlichen Bands zugegeben nicht bis zum Auftrittsende ausgeharrt habe. Persönliche Highlights: Disillusion, Future Static (!), Atlas, The Ocean.
Faire Preise selbst für die erfreulicherweise reichlich vorhandenen vegetarischen oder gar veganen Angebote (Top of the Pops: Belgische Fritten plus… [dort auch teilweise die beste Mucke des Festivals, via Boom Box auf dem Dach] sowie das verführerische Soulfood der Damen aus dem Senegal). Craft Beer von Blue Tapir für alle, die mit Becks und Früh fremdeln.
Alleinstellungsmerkmale: Es ist Hipster’s Paradise: überall Vollbärte, Dutts (ist das überhaupt der Plural? Glaube, Dutten ist passender :-)), Piercings, Ohrringe, die auch in einem afrikanischen Kraal Ehre einzulegen vermöchten. Und für alle, die sich trotzdem noch unvollständig fühlen, erklingt von einem der Spaß-Stände eingangs des Festival-Geländes ununterbrochen das Sirren der Tattoo-Nadeln…
Anti-Alleinstellung: Das Format hat m.E. über die Jahre erheblich an dem früher mal recht geschärften Djent-bis-Prog-Metal-Profil verloren. Etliche der dieses Jahr gebuchten Bands könnten buchstäblich fast überall spielen. Und viele tuen das natürlich auch…
Und wenn man eigentlich aktuell wg. übler Überfütterung nun wirklich keinen Bock auf Leprous mehr hat, aber gleich zwei Headliner Sets sowie einmal “Einar geht noch” abbekommt, ist das … persönliches Pech. Aber wir kennen ja alle die Gründe dafür.
KR
PS: Das 16. Euroblast findet vom 03.-05.10.2024 in der Essigfabrik statt.
Also wieder zeitgleich zum ProgPower Europe. Auch keine so richtig gute Idee…
Surftipps zum Euroblast-Festival:
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Festivalbericht 2022
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Festivalbericht 2017
Text:
Michael Büttgen
flohfish
Klaus Reckert
Live-Fotografie: Prog in Focus
Randszenen: Klaus