Where we belong
Alexandra Praet von smalltape und Mt. Amber, deren spontanes Erscheinen im Publikum sogar den auf dieser Tour u.a. aus Kostengründen mal solo auftretenden Philipp Nespital positiv überrascht hatte, zu den Betreuern: “Schön, dass Ihr hier seid.” Der Autor: “Where else would we be?” Das war ernst gemeint, denn smalltape gehören für gleich mehrere Redaktionsmitglieder gewissermaßen zum erweiterten Freundeskreis, was sich u.a. schon in Auftritten bei Geburtstagsfeiern abgemalt hatte. Insofern hatten Jürgen, Anke, André, Timo und meine Wenigkeit an diesem Freitagabend im schönen Club Volta schon das Gefühl, exakt da zu sein, wo wir hingehören.
Das Konzert begann auf die Minute pünktlich. Und mit einem – besonders nach den zwei Festivals der vergangenen 14 Tage und dem Konzert am Vortag im Schacht des meist wie ein MRT klingenden MTC – wohltuend feinzeichnenden Sound. Und der Erkenntnis, mit welcher beeindruckenden Lässigkeit Multiinstrumentalist, Sänger und Komponist Philipp mit Hilfe präzise bedienter Loops den Umstand fast vergessen lässt, dass er diesmal (fast, s.u.) alleine auf der Bühne steht. Da werden eben mal schnell danach durchlaufende Keyboard-Begleitungen aufgenommen, bevor zur Gitarre gewechselt wird. Oder umgekehrt.
‘Where We Belong’ von “Hungry Heart” startet – natürlich – mit voluminösen Flügel-Sounds. Die akustische Gitarre aber wartet auf dem Rücken des Künstlers schon auf ihre Gelegenheit…
Allerdings lenken leise, innige Passagen wie diese die Aufmerksamkeit des Publikums auch darauf, wie laut das Turbo-Heulen der Handtrockner von den Toiletten bis zur Bühne dringt. Eine weitere potenzielle Ablenkung stellte der sich wie schlafwandelnd bewegende Hipster dar, der beinahe den gesamten Auftritt gefilmt hat. Soweit so gut, allerdings von der Bühne aus, teilweise nur einen Meter von Philipp entfernt. Andererseits aber auch ein weiteres Spannungselement. Denn bei einem fliegenden Wechsel zur Gitarre und zweiten Gesangsmikro hätten andere (der Autor z. B.) den voll im Weg stehenden “Kameramann” vermutlich umgerannt. Mr. smalltape aber umschiffte auch diese Klippe elegant. Ganz wunderbar auch die mit warmem Crunch versehenen Keyboard-Parts mit Rhodes-Sound oder die E-Gitarren-Sounds, die der Akustischen entlockt wurden.
Nach “Vielen, vielen Dank, Kölle” und einem ebenfalls einfach erbaulichen ‘The Sailor’s Tale’ war es nun Zeit für das Magnum Opus von smalltape, ‘The Ocean’, zumindest dessen zweiten Teil, ‘The Shore’ – ergreifend wie das Meer…
‘Colors’ erhielt eine besonders bewegende Anmoderation. ‘One Day’ mit seinen O-Ton-Samples zog das Tempo rockig an. Das nachvollziehbar tieftraurige ‘Asylum’ – mit dem längsten Delay auf dem Gesang versehen, das ich jenseits von Kirchen gehört habe – markierte leider schon den Abschluss dieser kostbaren 37 Minuten. Herr Nespital lächelnd in den angesichts der überschaubaren Zuschauerzahl (100?) echt tosenden Applaus hinein: “Ihr seid doch alle für Bruce hier.” Gedankenblase meinerseits: “Keineswegs”.
Ebenjener The Pineapple Thief-Boss Bruce Soord hingegen hatte sich für seine Solo-Tour Verstärkung mitgebracht, nämlich die großartigen Tash Buxton-Lewis (drums; The Steve King Band) und Jon Sykes (bass, vocals; The Pineapple Thief). So gingen melodische Perlen wie das zur akustischen Gitarre vorgetragene ‘An Instant Flash Of Light’ oder ‘Dear Life’ als Kammer-Prog prächtig über die Bühne. Besonders schön der ironisch-sozialkritische Vermächtnis-Song ‘All This Will Be Yours’ mit als Höhepunkt einem von oben, nicht unten am Hals gespielten Slide-Solo auf der E-Gitarre.
‘Buried Here’ beschwört eindringlich die Freuden der Hood, der Stadt, in der man geboren wurde. Begeisternd hier das langsame, ultramelodische E-Gitarrensolo mit vielen Bendings sowie die tolle zweite Stimme von Jon Sykes.
Die melancholische Pracht des ‘Field Day, Part 1’ leitete über zum nicht weniger traurigen ‘Cut The Flowers’ (at the cemetery) – gesungen von Jon, mit besonders trippigem Schlagzeugspiel von Tash und Harmony Vocals von Bruce.
Zwischendurch erheitert der das Auditorium mit gespielter Verzweiflung über die vielen open tunings, die er bei diesen Songs verwendet hat – die aber nun ständiges Umstimmen der Gitarre erfordern. Zusätzlicher Trost vor den drei Zugaben: “We might be back next march!”
PS: Das Allerbeste an diesem eh schon rundum gelungenen Konzertabend – ein vor Ort besprochenes und beschlossenes Herzensprojekt – kann hier leider noch nicht verraten werden. But watch this space. 😊
Live-Fotos: Andrew Ilms
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