(70:15, Vinyl, CD, Digital; Season of Mist, 15.09.2023)
Alkaloide sind meistens giftig und haben einen bitteren Geschmack. Morphin war übrigens das erste in Reinform isolierte Alkaloid. Soweit ein kleiner Exkurs in den Chemieunterricht, weil dem Autor kein besserer Einstieg in diesen Artikel eingefallen ist. Denn eigentlich ist das neue (Doppel-)Album der Band aus Erlangen weder giftig noch bitter. Gut, Morphin könnte der ein oder andere zartbesaitete Progger nach dem ersten Hördurchgang vielleicht doch gut gebrauchen, aber erstmal zu den Fakten.
Gegründet wurde die Band 2013 von Hannes Grossman, ehemaliger Schlagwerker der Münchener Band Obscura, und zumindest live derzeit auch bei den Schweizern von Triptykon an den Kesseln sitzend. Nach zwei anspruchsvollen wie hochwertigen Vorgängern und mit einem Line-up, das sich aus Mitgliedern von Bands wie Obscura, Obsidious, Necrophagist, Eternity’s End, Dark Fortress und Paradox zusammensetzt, gehören Alkaloid fraglos zur Elite der modernen Progressive- und Technical-Death-Metal-Szene. Inhaltlicher Schwerpunkt waren und sind dabei das Kosmische, Science-Fiction und das H.-P.-Lovecraft-Universum. Die Atmosphäre der Musik war und ist stets geprägt von schrägen Melodien, massiven Hooks und überraschenden Ideen.
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Bereits nach dem Opener ‘Qliphosis’, bei dem Shouter Morean ein wenig an Jaz Coleman von Killing Joke erinnert, wird in ‘The Cambrian Explosion’ in Vektor-mäßiger Höchstgeschwindigkeit Prog Thrash dargeboten, die Grenze zum Death Core wird haarscharf gestreift und mit Flamenco-Gitarren abgerundet. Hä? Aber es geht munter weiter: Einflüsse aus dem Devin–Townsend-Universum tauchen auf und der Jazz-Part gegen Ende des Songs lässt den beeindruckten Hörer mit der Frage zurück, wie viel in einem Vier-Minuten-Track eigentlich passieren kann. Und ob sooo viel passieren darf (Antwort: Ja!)..
Der Quasi-Hit ‘Clusterfuck’, der mit einem schweren, megageilen Riff aufwartet und im Refrain an Cynic erinnert, könnte demnach als eingängigster Song auf “Numen” durchgehen. Apropos Cynic: Die Einflüsse sind nicht wegzudiskutieren, wie auch ‘Shades of Shub-Niggurath’ und ‘A Fool’s Desire’ offenbaren.
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Mit dem Instrumental ‘The Black Siren’ beginnt dann der (noch) sperrigere zweite Teil des Doppelalbums. Titelsong ‘Numen (Dyson VII)’, ‘Recursion (Dyson VIII)’ und ‘The Folding (Dyson IX)’ sind Teile einer Songreihe zum Thema Dyson Sphere-Programm, die auf dem 2015er Album “The Malkuth Grimoire” begonnen wurde. Auch hier werden Genre-Fans an diesen massiven, wie opulenten und anspruchsvollen Prog-Metal-Inferno jede Menge Spaß haben. Und damit noch nicht genug, denn mit ‘Alpha Aur’ muss natürlich noch ein Longtrack her, der zwar sehr harmonisch beginnt, sich aber nach dem Einsatz des Riffings in einen monumentalen Prog-Overkill mit sehr feinen Soli manifestiert und sich im Langzeitgedächtnis festsetzt. Vorausgesetzt natürlich, man hat es bis zum Schluss durchgehalten, aber erprobten Fans des Genres wird dies ohne Zweifel gelingen.
Alkaloid beweisen mit ihrem dritten Album einmal mehr, wie extremer Progressive Death Metal zu klingen hat. Geschwindigkeit, brachiale Gewalt, technische Souveränität, spannendes Songwriting und eine faszinierend packende Atmosphäre machen “Numen” ganz klar zu einem Highlight in diesem Jahr.
Bewertung: 13/15 Punkten (MBü 13, KR 12)
Tracklist:
Disc 1
1. Qliphosis
2. The Cambrian Explosion
3. Clusterfuck
4. Shades of Shub-Niggurath
5. A Fool’s Desire
6. The Fungi From Yuggoth
Disc 2
1. The Black Siren (Instrumental)
2. Numen (Dyson VII)
3. Recursion (Dyson VIII)
4. The Folding (Dyson IX)
5. Alpha Aur
Besetzung:
Morean – Guitars, Vocals
Christian Münzner – Guitars
Linus Klausenitzer – Bass
Hannes Grossmann – Drums
Gastmusiker:
Adam Wallis
Cydney McQuillan-Grace
John Schaffer
Lauren Gill
Sara Robalo
Shannon Bedford
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Abbildungen: Season of Mist und CZ! Promotions