Voyager – Fearless In Love
(44:30, Vinyl, CD, Digital, Season of Mist, 14.07.2023)
Wer erst durch diesen beliebten Liederwettbewerb auf die Australier von Voyager aufmerksam wurde, dem sei gesagt, dass die Band bereist seit sagenhaften 24 Jahren existiert. 1999 gründete Sänger und Keyboarder Danniel Estrin, der im niedersächsischen Buchholz aufgewachsen ist, diese sehr außergewöhnliche Band und ist bis heute, nach dem Debüt Album “Element V”, einzig dauerhaftes Mitglied der Band.
“Element V” erschien vor 20 Jahren erst in Eigenproduktion, dann entdeckte das niederländische Label DVS Records das Potential der Truppe und ließ das Album erneut auf die nichtsahnenden Liebhaber harter Musik los. Allerdings waren die stampfenden Disco-Rhythmen und das Elektro-Gedudel für Anhänger der reinen Metallehre eine Herausforderung und viele hätten sich stattdessen lieber eine Wurzelbehandlung gewünscht. Aber auch damals hat die Band einfach das gemacht, worauf sie Bock hatte und Genre-Grenzen völlig ignoriert.
Es folgten fünf “organisiertere” Alben, die allesamt und ohne Ausnahme mindestens gutklassig bis hervorragend sind. Und wenn “Ghost Mile” (2017) davon sicher das klassischste Album der Band ist, trauten sie sich 2019 mit “Colours In The Sun” wieder mehr. Das was sich immer mal wieder in kleineren Momenten auf den letzten Alben andeutete, wurde konsequenter. Der dichte, djentartige Prog Metal bekam endgültig Besuch aus den 80ern und das Herz des schreibenden, in diesem Jahrzehnt aufgewachsenen Betreuers schlug freudig im 4/4-Takt.
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Die sympathischen Australier haben einen ganz besonderen “Specialmove” und der kommt gerade auf ihrem neuen, mittlerweile achten Album auch öfters zum Vorschein. In den ersten Takten der meisten Songs auf “Fearless in Love” triggern sie frech mit Elektronik-Tralala den Urreflex eines jeden Freundes anspruchsvoller Rockmusik, im Galopp aus dem Ohrensessel Richtung Hifi-Anlage (für die Jugend: CD-Player, Verstärker, Boxen… alles in Kastenform, meistens schwarz mit Kabeln verbunden und so) zu sprinten und den Stop-Button zu drücken. Aber hier ist ganz klar Einhalt geboten, denn beinahe alle Songs offenbaren mindestens ab der Hälfte unfassbar brillante und technisch absolut hochwertige Riffs. Was Simone Dow und Scott Kay hier technisch abziehen, ist der Wahnwitz! Von mächtig Death Metal-lastig, wie in ‘Prince of Fire’, rhythmisch vertrackt wie in ‘Twisted’ bis massiv und präzise wie in ‘Ultraviolet’, bei dem Sean Harmanis von den Metalcore’lern Make Them Suffer Gastvocals übernimmt, ist alles dabei.
‘Dreamer’, die erste Single-Auskopplung, offenbart zu Anfang den weiter oben erläuterten “Specialmove”, dann jedoch kommt dieses Riffing dazu und es entwickelt sich eine noch nie dagewesenen Mischung aus harten Djent-Gitarren und 80er-Discosound. Und es klingt unfassbar geil. Wie geht das? Sowas in Einklang zu fabrizieren ist hohe Songschreiberkunst. Das gleiche gilt übrigens auch für diesen einen Hit ‘Promise’, mit dem die Band – über einen recht ungewöhnlichen Weg, aber verdient – aktuell mehr in den Fokus gerückt ist. Ein Stück, das durchaus für diese Art Songcontest geeignet ist, aber gleichzeitig auch auf ein Prog-Metal-Album passt. Mit Sicherheit wird der ein oder andere Progger unbeobachtet, während er seinen Einhornschlafanzug bügelt bei dem Song lauthals “Oh oh oh oh…” mitsingen.
‘Submarine’ ist ein Neo-Prog-Metal-Hit. In fünf Minuten packt man lässig einen beachtlichen Spannungsaufbau, ein Keyboard- und ein Gitarrensolo ein, als wäre nix gewesen. Die wunderbaren Harmonien und Gänsehautmomente bei ‘The Lamenting’ (ab Minute 2:30 brechen einem die Knie weg), ‘Daydream’ und ‘Listen’ sorgen dafür, dass man sich einfach auch mal gemütlich im besagten Ohrensessel zurück lehnen kann. Das epische Finale mit ‘Gren’ untermalt einmal mehr, dass Voyager auf ihrem kreativen Gipfel angelangt sind und mit “Fearless In Love” ein großartig kurzweiliges und wahrscheinlich ihr bislang qualitativ bestes Album veröffentlich haben.
“If you’ve never done anything like this before? Then you haven’t been alive.”
Bewertung: 13/15 Punkten
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Rezension “Colours In The Sun” (2019)
Festivalkurzbericht Euroblast (2017)
Konzertbericht Essen (2016)
Abbildungen: Voyager/Season of Mist