Swans – The Beggar

Swans - The Beggar (PIAS/Rough Trade, 23.06.2023) COVER(121:53, CD, Vinyl, Digital; Mute/PIAS/Rough Trade, 2023)
Es stimmt schon ein wenig nachdenklich, wenn behauptet wird, dass das neue Album der Swans ein wenig optimistischer geraten sein soll. In Bezug auf die Band selbst könnte diese Aussage stimmen, im Gesamtkontext tut man sich dagegen schwer, “The Beggar” eine lebensbejahende Atmo bescheinigen zu wollen. Dazu mimte Michael Gira, der hierfür wieder altbekannte Mistreiter, aber auch neue Begleiter rekrutieren konnte, einfach zu lange den Griesgram. Die im goldenen (oder tiefdunklen) Schnitt wieder ellenlangen Ovationen (die Soundcollage “The Beggar Lover (Three)” kommt als 44-minütiger Alptraum) geben sich genauso destruktiv wie die der letzten Veröffentlichungen “The Seer”, “The Glowing Man” und “The Leaving Meaning”, die immer noch wie Blei in den Gehörgängen und im Plattenregal liegen. Swans fordern, auch und vor allem vom Hörer, wobei das Hören hier wahrhaftig zum speziellen Erlebnis wird.

‘The Parasite’ kommt schon einmal als nach unten ziehender Swamp Blues, der unbeirrt seinem Höhepunkt entgegensteuert, der dann aber nicht kommt und einem ein wenig irritiert zurücklasst. Ebenso destruktiv gibt sich das ebenfalls nicht enden wollende ‘Paradise Is Mine’, das einen musikalisch mit den Urängsten der Menschheit konfrontiert.

Mit ‘Los Angeles: City Of Death’ präsentieren sich die heute um die ganze Welt verstreuten, zum Großteil aber tatsächlich in Berlin residierenden New Yorker überraschend Single-affin und im rockenden Uptempo, was untypisch für das Album an sich ist. In ‘Michael Is Done’ schwingt doch tatsächlich so etwas wie Sarkasmus mit, mit ‘Unforming’ kommt das Ensemble noch geerdeter und zurückhaltender. Das Titelstück gibt sich als zehnminütiger Industrial-Brocken – ebenso schwer zu verdauen, wie der Rest. Und während in ‘No More Of This’ überraschenderweise so etwas wie ein “Song” erkennbar ist, inklusive Pedal Steel, wirkt ein ‘Ebbing’ nach den ganzen vorbeiziehenden Gewitterfronten schon ein wenig lichter und hätte sich in Sound und Habitus auch auf einem Klassiker wie Pink Floyds “Ummagumma” gut gemacht. Ehe mit besagtem Longlonglongtrack ‘The Beggar Lover (Three)’ der epische Höhepunkt für Kurzweil sorgt (wobei der Abschluss dann tatsächlich mit so etwas wie Licht am nicht vorhandenen Horizont aufwartet) grantelt sich Michael Gira noch durch ein blueslastiges ‘Why Can’t I Have What I Want Any Time That I Want?’.

The Beggar by SWANS

Nach allen gefühlten Torturen und Entbehrungen möchte man für den Epilog ‘The Memorious’ ja noch annehmen, dass man nun mit sich und der Welt selbst im Reinen ist. Ist man aber nicht. Wie auch, wenn sich hier eben genau jene Bedrohung und Unruhe breit macht, für welche die Swans von Anfang an gut waren. Und der Anfang liegt hier schon über vierzig Jahre zurück…
Bewertung: 14/15 Punkten


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Rezension “The Glowing Man” (2016)

Abbildung: Swans/PIAS