Max Enix – Far From Home
(159:43, 2CD, 2LP, Digital; Eigenproduktion, Wormholedeath, 09.06.2023)
Man braucht viel Zeit und Geduld, wenn man dieses Mammutwerk durchhören und verstehen möchte. Der Aufwand, den Max Enix hier betrieben hat, ist immens und nötigt jedem, der ein wenig Einblick in die Produktion von Musik hat, ein gewisses Maß an Respekt ab. Beinahe im Alleingang wurde das Album geplant und komponiert, unterstützt von Thomas Kubler, der die Orchestrierung für das Budapester Sinfonieorchester arrangiert hat, von Vikram Shankar, der einige Parts mit zusätzlichen Ideen verfeinert hat und einer meterlangen Liste von Gastmusikern, die oftmals noch eigene Ideen ergänzt haben. Wer wissen möchte, wer denn als Gast dabei ist: Die Gästeliste ist so lang, dass wirklich jeder unserer Leser mindestens einen der Musiker und Interpreten kennen wird. Ansonsten empfiehlt sich ein Blick ins Booklet.
Musikalisch bewegt sich das Konzeptalbum ohrenscheinlich und erwartungsgemäß im Bereich Symphonic Metal, mit starken Ausprägungen in Richtung Prog Metal à la Ayreon in seiner Opulenz, Vanden Plas (Andy Kuntz ist natürlich dabei) in seiner metallischen Ausrichtung und Orphaned Land (Kobi Farhi natürlich auch) mit stellenweise deutlich orientalischen Anklängen. Zwischendurch überrascht auch mal ein Abstecher in den Death Metal, Black Metal oder auch Hip Hop. Vielleicht ein wenig zu viel Lametta, könnte der ein oder andere meinen, jedoch wirken das Konzept und die einzelnen Songs in Sich geschlossen und eben nicht überkandidelt, was an sich schon bemerkenswert ist.
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Thematisch hat Max Enix eine komplexe, sehr detaillierte Story erschaffen, wobei diese nicht wirklich neu, aber eigentlich immer aktuell ist. Die Welt, speziell die Menschheit ist schlecht. Getrieben von Gier, Habsucht, Neid, Gewalt. Jeder Song widmet sich dabei einem Thema und ist so arrangiert, dass jeder Musiker und die einzelnen Gäste eine bestimmte Rolle einnehmen. Lyrics und Rollen kann man im großzügigen, 48seitigen, umfangreich bebilderten Booklet entsprechend nachverfolgen, was dem Hörgenuss durchaus zugutekommt.
Besonders auffällig bei eben diesem Hörgenuss, sind unter anderem ‘The Forsaken Ocean’, welches die Verschmutzung des Ozeans thematisiert und der hervorragende Gesang von Devon Graves wahrlich traumhaft gelungen ist. Ebenso das wunderbare ‘City of Mortals’, ein Song unter Beteiligung von Toby Driver, in dem es um Korruption, Ausbeutung und um “Wölfe, die sich als Lämmer ausgeben” geht. Wenn man Herrn Drivers sonstige musikalische Spielplätze kennt, fragt man sich, wie Enix es geschafft hat, ausgerechnet ihn, Toby Driver, für eine Prog-Rock-Oper zu gewinnen. Aber es wird noch ungewöhnlicher.
Denn nachdem die liebreizende Heather Findlay und Prog-Opern-Experte Damian Wilson in ‘Mirrors of Time’ ihrer Jugend hinterhersingen, mischt sich in ‘Angels of the Apocalyptic Storm’ überraschend Niklas Kvarforth unter die Gastsängerriege. Kvarforth ist hauptberuflich Heulboje und Kreischkneifzange bei den schwedischen Shining, die eher weniger im Symphonic Prog zu Hause sind, sondern vielmehr den depressiven Avant Black Metal bedienen. Derek Sherinian (Genau! DER Derek Sherinian!) übernimmt bei dem Song außerdem das Piano-Intro und somit ist dies wohl der erste und einzige Song, in dem Kvaforth und Sherinian zusammen musizieren. Lustig irgendwie. Interessant ist aber nicht nur die Kollaboration der Musiker, sondern auch die musikalische Gestaltung des Songs. Orchestraler Symphonic Prog trifft auf Blastbeat Black Metal. Und es ist noch nicht mal schlecht.
“Far From Home” ist ein Mammutwerk. Ambitioniert, aber nicht überambitioniert, was man im ersten Moment, wenn man das umfassende Promokit öffnet, denken könnte. Max Enix verdient Respekt und Anerkennung für das, was er hier erschaffen hat. Über zwei Stunden Musik komponieren, arrangieren und dabei die wohl längste Gästeliste aller Zeiten mit einzelnen Rollen versehen, ist sicher kein Kinderspiel. Allein für den Aufwand und die Energie die der Künstler hier reingesteckt hat, wäre eine Bewertung nahe der Höchstnote sicher berechtigt.
Betrachtet man das Album rein musikalisch, fühlen sich Fans von Konzeptalben im Stil von Symphonic Prog Metal hier schnell zu Hause. Es gibt unzählige schöne Melodien, wunderbare Orchester-Arrangements und herausstechende Gesangsparts. Einige kleine und mutige Abstecher in den Extrem Metal sorgen dabei für Abwechslung, denn ein über zweistündiges Konzeptalbum ist auch für den Zuhörer eine Herausforderung.
Bewertung: 10/15 Punkten
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Abbildungen: Max Enix