Black Sabbath – Live Evil (Deluxe Edition)

Black Sabbath - Live Evil (Deluxe Edition; Reissue, BMG, 02.06.2023) COVER(171:04 min, CD, LP, Digital; BMG/Universal, 02.06.2023)
Freudige Nachricht: die Black-Sabbath-Deluxe-Editionen scheinen erfreulicherweise wohl doch nicht mit der Ozzy-Ära zu enden. Nach der “Technical Ecstasy”-Box springt die BMG nun acht Jahre nach vorne und präsentiert den Fans das erste “echte” Livealbum der Band als Luxus-Ausgabe, remastert, in Europa erstmals ungekürzt auf CD und noch einmal als neu abgemischte Variante.

Die Story von “Live Evil” dürfte bekannt sein: während des Mixing-Prozesses beschuldigten die Gründungsmitglieder Tony Iommi und Geezer Butler regelmäßig die “Neuen”, Ronnie James Dio (voc) und Vinny Appice (dr), den Mix der Platte heimlich zu ihren Gunsten zu sabotieren, was letztlich zur Trennung der Band führte. Der endgültige Sound des Albums wurde dementsprechend von allen Beteiligten immer als ein Kompromiss bezeichnet, der letztlich niemanden zufriedenstellte – außer den Fans. Denn für die ist und bleibt “Live Evil” fraglos eins der klassischen Livealben der Rockgeschichte und Pflichtkonsum für alle, die sich für traditionellen Heavy Metal interessieren.

Das auf zwei Discs aufgeteilte Remaster enthält übrigens endlich wieder die aus Platzgründen bei der 1-CD-Variante geschnittenen Ansagen, entspricht also dem, was 1982 als Doppel-LP veröffentlicht wurde. Die Schwächen im Mix kann natürlich kein noch so toller Mastering-Engineer beheben, heißt also, auch das neueste Remaster von “Live Evil” brummelt in den Bässen ein wenig matschig und klingt oft ein wenig schrill in den Höhen – speziell bei den Vocals. Viel Unterschied zum Mittneunziger-Remaster ist tatsächlich nicht zu vernehmen. Das ist halt “Live Evil”, wie man’s kennt und liebt – ob der Sound nun ideal war oder nicht, die Band war dafür ganz klar “on fire”, wie man so schön sagt. ‘Children Of The Sea’, ‘Voodoo’ und der Klassiker vom Debüt ‘N.I.B.’ sind ganz eindeutig in ihren definitiven Versionen enthalten, und sowohl Dio als auch Iommi waren seinerzeit grundsätzlich in der Form ihres Lebens. Ronnie füllt auch ‘Iron Man’ oder ‘Children Of The Grave’ mit viel eigenem Flair und beweist ganz nebenbei, dass das Songwriting der Klassiker unkaputtbar und die Theorie, Sabbath sei nur echt mit Ozzy, kompletter Quatsch ist. Der 23-minütige ‘Heaven And Hell’-Marathon, in den ‘Sign Of The Southern Cross’ und ‘Paranoid’ mit eingebaut wurden, ist sowieso das Geilste, was je auf einem offiziellen Sabbath-Livealbum verewigt wurde.

Soweit, so genial, aber eben auch ausreichend bekannt. Aber da gibt’s ja noch die Neuabmischung, die für die meisten Fans wohl der größte Kaufanreiz sein dürfte. Besagte Remix-Variante unterscheidet sich von der Klangcharakteristik enorm vom Original. Weniger schneidend, dafür weit offener, auch, weil das Publikum nun endlich deutlich zu hören ist. Ebenfalls weit deutlicher zu vernehmen sind die Keyboards von Geoff Nicholls, und die Drums klingen weit differenzierter und druckvoller. Dafür wurden die im Original weit im Vordergrund stehenden Vocals etwas mehr in den Gesamtsound integriert, wirken klarer als zuvor, und auch der Bass wurde frequenztechnisch etwas mehr in den Hochmitten betont. Dadurch entsteht mehr tonale Präsenz und folglich konnte bei beiden die reine Lautstärke ein Stück zurückgenommen werden, ohne die Signale nach hinten zu rücken. Klingt komisch, iss’ aber so – und funktioniert. Mehr Klarheit, mehr Live-Flair und mehr Druck – also genau das, was man sich von einem zeitgemäßen Remix wünscht. Ob man den nun dem liebgewonnen Original vorzieht oder nicht, ist natürlich Geschmackssache – klasse sind beide Versionen.

Wie die vorangegangenen Sabbath-Deluxe-Boxen muss sich auch “Live Evil” den Vorwurf gefallen lassen, ein wenig zu teuer zu sein, speziell im Vergleich zu den Boxsets von Marillion oder Jethro Tull. Wirklich neue oder unbekannte Musik gibt’s hier nämlich tatsächlich nicht. Das Gerücht, dass – ähnlich wie beim rattenscharfen “Live And Dangerous”-Boxset von Thin Lizzy – die vier für das Album verwendeten Gigs alle in voller Länge enthalten sein sollten, hat sich leider nicht bewahrheitet. So oder so, wir freuen uns jetzt schon einmal auf die angekündigte Tony-Martin-Ära-Box und den ebenfalls sehnsüchtig erwarteten “Born Again”-Remix… hoffentlich dann mit kiloweise Extras.
Bewertung: ohne Bewertung (Reissue, Livealbum)


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