Ihre “G_d’s Pee AT STATE’S END!”-Tour brachte die Post-Rock-Urgesteine Godspeed You! Black Emperor im Frühjahr 2023 für drei Stationen zurück auf deutschen Boden. Einer dieser Auftritte fand in der Kölner Kantine statt. Nicht unbedingt die passende Location für eine Band wie GY!BE und genausowenig für die supportende Solo-Musikerin Marisa Anderson.
Marisa Anderson
Marisa Anderson ist eine aus Portland, Oregon stammende Singer/Songwriterin, die sich einer Art Blues Rock im Post- und Psychedelic-Stil verschrieben hat. Tief bewegende Melodien voller Schwermut und bittersüßer Schönheit. Musik, die an diesem Abend allerdings genauso unspektakulär wirkte wie die Ausstrahlung und die Bühnenpräsenz der Künstlerin selbst. Stärkeren Eindruck dagegen hinterließen die Worte der Musikerin, mit denen sie ihre rein instrumentalen Songs ankündigte bzw. diesen tiefere Bedeutung gab.
Hätte man diese Art von Musik jedoch wirklich genießen wollen, so wäre ein kleineres Venue vonnöten gewesen. Es hätte eines Sitzplatzes an einer Theke, dichter Rauschschwaden und eines Glases torfigen Whiskeys bedurft. Anforderungen, denen die Kantine leider naturgemäß nicht gerecht werden konnte.
Godspeed You! Black Emperor
Godspeed You! Black Emperor live auf einer Bühne auftreten zu sehen ist noch immer ein Highlight für jeden Post-Rock-Fan. Zu stilprägend waren einfach die frühen Alben der Band, wie ihr Debüt “F#A#∞” (1997) oder das legendäre “Lift Your Skinny Fists Like Antennas To Heaven” (2000). Post Rock, der einerseits tief im Punk verwurzelt ist, andererseits aber v.a. bei Live-Konzerten dem Auftritt eines Kammerorchesters gleichkommt. Dass Godspeed für die Szene auch in den 20er Jahren des 21. Jahrhunderts noch immer von Belang sind, bewiesen die Québécois zuletzt mit ihrem 2021er Album “G_d’s Pee AT STATE’S END!”. Eine Platte, auf deren Live-Darbietung man hierzulande aufgrund von Corona viel zu lange warten musste.
So stand das aktuelle Album dann auch im Fokus des Auftrittes in Köln, denn dessen Stücke machten knapp die Hälfte der Setlist aus. Hinzu gesellten sich das bisher ausschließlich als Live-Aufnahme erhältliche ‘Hope Drone’ sowie zwei respektive ein Track der oben genannten Frühwerke. Eine kohärente Auswahl, da Godspeed mit “G_d’s Pee” einen stilistischen Kreis zu eben diesen Alben geschlossen hatten.
Auf der Bühne war an diesem April-Abend jedoch nur wenig von der anarchischen Energie der Anfangstage zu spüren. Die sieben Musiker, die auf der Bühne versammelt waren – es war wohl Gitarrist David Bryant der zur Vervollständigung des Oktetts gefehlt hatte – agierten nämlich vor allem statisch. Eben einem Kammerorchester und weniger einer Rock-Band gleich. Doch was an Dynamik auf der Bühne fehlte, das glichen Karl Lemieux und Philippe Leonard mit ihren Projektionen auf 16-Milimeter-Film aus. Ein visuelles Erlebnis, das nicht nur optisch ansprechend war, sondern den rein instrumentalen Stücken ihre oftmals politische Message verlieh, die integraler Bestandteil des Selbstverständnisses der Kanadier ist.
Eine Show, die allerdings nicht von allen Positionen im Publikum gleichermaßen genossen werden konnte. Denn wer schon einmal in der Kantine war, der weiß, dass es sich hier um eine längliche Halle mit relativ niedriger Bühne handelt. So wurde das Spektakel namens Godspeed You! Black Emperor umso mehr geschmälert, je weiter man von der Bühne entfernt stand, bzw., umso kleiner man ist. Ein tragisches Faktum für das Konzert einer Band, bei der die visuellen Anteile von nahezu gleicher Bedeutung sind wie die akustischen.
Da machte es dann auch nichts aus, sich Teile des Konzertes sitzend, in netter Gesellschaft, von außerhalb der Halle anzuhören. Denn bei entspannter Haltung und Atmosphäre entfaltete die Musik der Kanadier noch einmal eine ganz andere Tiefenwirkung. Jedenfalls eine bessere, als wenn man eng gedrängt im Publikum stand und kaum etwas sehen konnte, obwohl man sich den Hals verrenkte.
Auch Venues sollten weise, entsprechend den Anforderungen der jeweiligen Band gewählt werden. Ansonsten können selbst Musiker nicht überzeugen, die nichts falsch, sondern eigentlich alles richtig gemacht haben.
Besetzung:
Aidan Girt – sitting drums and standing drums
(David Bryant – electric guitars, mg-1)
Efrim Manuel Menuck – electric guitars, op-1, radios
Mauro Pezzente – electric bass
Michael Moya – electric guitars
Sophie Trudeau – violins and organ
Thierry Amar – electric bass and upright bass
Timothy Herzog – sitting drums and standing drums, glockenspiel
Karl Lemieux und Philippe Leonard – 16mm projections
Fotos: Prog in Focus
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Rezensionen:
“G_d’s Pee AT STATE’S END!” (2021)
“Luciferian Towers” (2017)
“‘Allelujah! Don’t bend! Ascend!” (2013)
“Yangui U.X.O.” (2002)
“Lift Yr. Skinny Fists Like Antennas To Heaven!” (2000)
“Slow Riot for New Zerø Kanada” (EP) (1999)
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Venue: Die Kantine
Veranstalter: Gebäude 9