(77:56, CD, digital, Eigenproduktion, 17.04.2023)
Eine Progressive-Rock-Band aus Österreich? Da kommt möglicherweise zunächst Eela Craig in den Sinn. Doch wenn es um eine noch aktive Band geht, dann ist das Aushängeschild sicherlich diese Formation: Blank Manuskript. Dem Schreiberling schon immer in positiver Erinnerung, bestand im letzten Jahr endlich die Möglichkeit, sie mal live zu erleben, nämlich beim prestigeträchtigen Night of the Prog Festival. Dummerweise führten Probleme bei der Anreise dazu, dass etwa die Hälfte des Sets verpasst wurde. Sehr ärgerlich, aber sehen wir das Glas als halb voll: der miterlebte Teil überzeugte voll und belegte, warum der Band ein Ruf als klasse Live Band vorauseilt. Und nun gibt es auch die Möglichkeit, dieses Konzert in Ausschnitten noch einmal genießen zu können. Es wäre nur schön gewesen, wenn es zusätzlich zur CD noch eine DVD Dokumentation gegeben hätte. Immerhin haben sie Teile des Bühnenoutfits im Booklet abgedruckt, die teils eigenwillige Kleidung gehört bei ihnen ja ebenso dazu. Die insgesamt fast 80 Minuten verteilen sich dabei nicht nur auf das Loreley Festival, sondern auch auf zwei weitere Konzerte, nämlich Woodstock Forever und ARGEkultur Salzburg.
Dank ihrer ausgezeichneten Alben, die auch auf diesen Seiten bereits entsprechende Anerkennung fanden, und ihrer Live-Aktivitäten haben sich die Österreicher schon längst einen Namen in der Prog-Szene gemacht. Und so war es nur eine Frage der Zeit, wann sie endlich auch auf der Loreley auftreten würden. Dies taten sie in der folgenden Besetzung:
Peter Baxrainer – electric guitar / classical guitar / acoustic guitar / recorder / vocals
Jakob Sigl – drums / vocals
Dominik Wallner – electric organ / electric piano / synthesizers / vocals
Alfons Wohlmuth – electric bass / electric upright bass / flute / vocals
Jakob Widerin – saxophone / flute / electric guitar / percussion / vocals.
Die Stärken der Österreicher kommen auf diesem Mitschnitt gut zur Geltung. Sie sind ausgesprochen vielseitig unterwegs, man weiß eigentlich nie, mit welchen musikalischen Ausflügen sie als Nächstes um die Ecke kommen. Sie beherrschen viele Stilarten und belegen hier mustergültig, dass sie live eine Bank sind. Ob Symphonic Prog, Psychedelic Rock, Jazz Rock oder Avantgardistisches, alles ist dabei und auf clevere Weise gemischt. Dazu kommen die vielschichtigen Gesänge, an denen alle fünf Musiker beteiligt sind. Musterbeispiel für einen typischen Blank Manuskript Song (wenn es das denn überhaupt gibt) ist das 16 ½ minütige ‘The Cult of Birdman’ vom 2008er Debüt-Album “Tales From an Island”, der eine enorme Bandbreite zeigt. Die Nummer startet eher gemächlich mit Piano und Flöte, doch man durchlebt im weiteren Verlauf die unterschiedlichsten Stimmungen, unter anderem Ausflüge ins Jazzige, die dann wiederum von weiten symphonischen Keyboardflächen abgelöst werden, die im Zusammenspiel mit der Gitarre wie eine Mischung aus Pink Floyd und Grobschnitt klingen. Dann wieder wildes Saxophon und ein Klavierspiel, das an Keith Tippett auf “In the Wake of Poseidon” erinnert. Mutig sind sie allemal, so auch auf ‘Twilight Peak’, wo auf etwa halber Strecke plötzlich ein feines, sehr leises Klaviersolo gespielt wird. In ‘Shared Isolation’ wiederum zeigt sich Dominik Wallner von einer ganz anderen Seite und haut ein wildes Synthesizer-Solo raus. Durch Vielfalt und Abwechslungsreichtum und die lebhafte Art ihres Auftritts sammeln die Österreicher viele Pluspunkte. Diese Band sollte man auf jeden Fall mal live gesehen haben. Großartig!
Bewertung: 12/15 Punkten (JM 12, KR 12)
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Abbildung: Blank Manuskript