(36:00; Vinyl, CD, Digital; Kapitän Platte/Cargo Records, 17.03.2023)
“Geli” ist der Spitzname von Angelika Zwarg. Die Malerin und Kunsterzieherin war Mutter von zwei Freunden der Band Fargo. Sie verstarb im Jahr 2018 nach langer Krankheit. In ihrem Gedenken hat das Post-Rock-Quartett aus Leipzig vier neue Stücke aufgenommen, die jeweils zwischen achteinhalb und zehn Minuten lang sind.
Angelika Zwarg verbrachte den größten Teil ihres Lebens in Zschopau. Sie lebte demnach etwa drei Jahrzehnte lang in der Nähe von Karl-Marx-Stadt, fast zwanzig Jahre bei Chemnitz und ihr ganzes Leben am Rande des Erzgebirges. Mit ihrem Heimatort verband Geli eine tief verankerte Hassliebe. Sowohl die Landschaft als auch der Ort selbst waren stetes Hort für Hoffnung und Verzweiflung, freudige Zuneigung und bittere Ablehnung. Im Jahr 2013 stellte Angelika Zwarg das Bild “Dunkle Häuser” fertig, welches sie Zschopau widmete. Zu Gelis Ehren haben Fargo ebenjenes Bild zum Cover-Artwork des Albums auserkoren. Der expressionistische Stil ist aus vielen übereinanderliegenden und lasierten Schichten aufgebaut. Somit ist beim Malstil von Angelika Zwarg vor allem der Prozess ein wichtiger Teil des Gesamtkunstwerkes, da sich Stimmung und Fokus des Bildes von Ebene zu Ebene ändern können.
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In Prozess und Aufbau sind wohl die offensichtlichsten Parallelen zwischen der Malerei von Geli und der Musik von Fargo zu erkennen. Auch das Viergespann aus Leipzig erstellt mit feiner Fingerfertigkeit Ebene um Ebene und somit ein facettenreiches und atmosphärisches Gesamtbild. In Wellenbewegungen, wie sie dem Post-Rock-Genre eigen sind, laden die Songstrukturen zu tiefen Tauchgängen in den soliden Unterbau dieses Gebildes ein, um direkt im Anschluss wieder bis zu den scharfkantigen Spitzen in eisigen Höhen zu schießen.
Wo es aber in weiten Teilen des Genres ebenso üblich ist, Klanglandschaften zu erzeugen, die vorrangig an Wellengang auf dem Polarmeer zu erinnern, erschaffen Fargo eine andere Kulisse. Kantig, düster und vor allem dystopisch sind die Themen, in denen Fargo verlassene, postapokalyptische, ehemals urbane Räume vertonen. Besonders die Post-Hardcore-Einschübe wie im ersten Stück ‘Dresden’ untermalen diesen dekonstruktiven Charakter stark.
Musikalisch wird hier ein raues, düsteres und eschatologisches Spektakel geboten. Schön ist daran vor allem, dass Fargo auf “Geli” nicht nur sehr eindrucksvollen, sondern vor allem auch eigenständigen Post Rock präsentieren. Als weitere sehr sympathische Note wird der antifaschistische Charakter durch ein Zitat von Winston Churchill manifestiert.
Bewertung: 12/15 Punkten (RG 12, KR 12)
Diskographie:
“Heimkehr” (2013)
“Yaron” (2014)
“Geli” (2023)
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Abbildungen: fargo