Christian Fiesel – The New Voyages of Little Nemo

Christian Fiesel – The New Voyages of Little Nemo (Aural Films, 03.03.2023) COVER(52:40, digital, Aural Films, 03.03.2023)
Neulich beim Treffen ehemaliger ArbeitskollegInnen kam irgendwann plötzlich das Thema auf, welche Geräusche man mag und welche eher das Gegenteil auslösen. Eigenwilliges Thema, aber irgendwann ist es man ja auch leid, dauernd über Entscheidungen des Upper Management zu lästern und es braucht mal eine ganz andere Thematik. Der Bogen zur Besprechung dieses Albums ist schnell gespannt, denn auch hier ist Geräuschkulisse ein wichtiger Faktor, denn der bei uns recht präsente Protagonist hantiert auf dem aktuellen Album, gerade mal ein halbes Jahr nach dem feinen “About Lost Faith and Found Hope” erschienen, sehr viel mit diversen Geräuschkulissen. Das mögen Tiergeräusche sein wie Vogelgezwitscher oder Hundegebell, auf das unser Hund direkt ansprang, oder auch kalte Industrial-Klänge. Das klingt jetzt nicht sonderlich spektakulär, aber die Art und Weise, wie Christian Fiesel dies in seine elektronischen Klanglandschaften einbringt, ist bemerkenswert und liefert ein weiteres feines Beispiel für die “Hunsrücker Schule”.

Basierend auf einem Comic aus dem Beginn des 20. Jahrhunderts legt Christian Fiesel hier elf Kompositionen vor, die abgesehen von zwei Tracks mit Spielzeiten von elf und 15 Minuten eher kurz und knapp ausgefallen sind, aber wunderbar fließend eine wunderbare Ambient-Einheit bieten. Zu Beginn (‚From Here Into the Sky’) erinnert es mal kurz an Pink Floyds ‘On the Run’, und auch auf ‚Sunday Morning a Different Place’ wird man einen kurzen Moment auf Pink Floyd gestoßen, wenn ‘Echoes’ in Erinnerung gerufen wird. Sehr stark der Mellotron-Chor auf ‘Night Ride’, ebenso die Streicher auf ‘Use the Waterways’. Besonders gut gelungen sind auch die beiden angesprochenen vergleichsweise langen Titel.

‘Postcards Are No Real Memories’ bietet wieder eine interessante Geräuschkulisse, nach einem schönen, beinahe schon sakralen Intro. Und das abschließende ‘It’s Been a Long Way’ darf zu den Highlights des Albums gezählt werden. Es ist immer schwierig, derartige Musik zu bewerten, hier werden keine Geschwindigkeitsrekorde an Saiten oder Tasten aufgestellt, keine Songs zum Mitsingen präsentiert, stattdessen ist die Frage, ob einen die Atmosphäre, die erzeugt wird, mitnehmen kann. Und das ist bei dem Rezensenten beim vorliegenden Werk unbedingt der Fall, sonst wäre es auch nicht so häufig wiederholt abgespielt worden. Erneut ein tolles Album, auf dem der Mellotron-Fan natürlich auch wieder bedient wird!
Bewertung: 12/15 Punkten


Christian Fiesel (Foto: Künstler)

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Abbildungen: Christian Fiesel