Leprous – Live 2022/Aphelion (Tour Edition)

Leprous - Live 2022 (Inside Out Music, 03.02.2023)(40:06; Vinyl, 2CD (zusammen mit “Aphelion” als “Aphelion” (Tour Edition), Digital; InsideOut Music/Sony Music, 03.02.2023)
Leprous gehen Anfang Februar 2023 – zusammen mit Kalandra und Monuments – endlich wieder auf große Europa-Gastspielreise. Dieses Mal aber nicht, um sich wie zuletzt quer durch ihren kompletten Backkatalog zu spielen. Sondern um endlich die langerwartete Tournee zum “Aphelion”-Album nachzuholen. Ob diese kommende Tour die gleichen Fans ansprechen wird wie die letzte, das ist fraglich. Schließlich haben Leprous in den letzten Jahren immer mehr mit Synthies experimentiert, sodass das letzte Album mehr Avantgarde als Prog Metal geworden ist.

Doch die Norweger stehen nach wie vor zu ihrer Vergangenheit, sodass auch die ein oder andere Prog-Perle aus dem Backkatalog zu erwarten sein dürfte. Wie die Setlist eines solchen Auftrittes aussehen könnte, dafür mag die zum Tourauftakt erscheinende “Tour Edition” von “Aphelion” ein Indiz sein. Denn neben der unveränderten Neuauflage der Mediabook-Version des Albums, inklusive des Bonus-Tracks ‘A Prophecy To Trust’ sowie einer ’21er Live-Aufnahme des “Bilateral”-Liedes ‘Acquired Taste’, beinhaltet die aktuelle Auflage auch eine zweite CD, die unter dem Titel “Live 2022” auch bzw. ausschließlich separat auf Vinyl erhältlich ist. Zu hören ist hier leider keine komplette Show der “From The Beginning – 20th Anniversary Tour”, auf der Solberg, Kolstad und Konsorten eine chronologische Setlist präsentierten, die selbst alte Demoaufnahmen umfasste, sondern lediglich einzelne Ausschnitte, dies ausschließlich von den letzten vier Studioalben “The Congregation” (2015), “Malina” (2017), “Pitfalls” (2019) und auch “Aphelion” (2021) stammen. Einerseits ist dies zwar schade, da vor allem die alten Demos ihren ganz eigenen Reiz besaßen. Andererseits schaffen es Leprous aber trotz der Komprimierung, ein repräsentatives Spektrum ihrer musikalischen Identität zu repräsentieren: ‘Out Of Here’ als Platzhalter für die jüngeren Entwicklungen, das trotz allen Kitsches und schmachtendem Frontmann ein fett groovendes Brett ist. ‘From the Flame’, das fast schon Stadion-Qualitäten besitzt und das Publikum regelmäßig sowohl zu Moshpits als auch zum Mitsingen animiert – was bei dieser Aufnahme deutlich zu vernehmen ist, ohne dabei störend zu wirken. Das an Bond-Titellieder erinnernde ‘Below’, welches zum vorherigen Stück einen fast größtmöglichen Kontrast bildet und den Hörer mit seiner Mixtur aus Getragenheit und bleierner Melancholie dahinschmelzen lässt. Und natürlich ‘The Price’, das wohl meistgefeierte Stück im umfangreichen leprousschen Songkatalog, dem man bei dieser Aufnahme anhand der Publikumsreaktionen haargenau anhören kann, welchen Stellenwert es bei den Fans hat.

Neben diesen Mitschnitten vom letztjährigen Motucultor Festival im französichen Saint-Nolff sind die Aufnahmen zweier Stücke vom Auftritt im Berliner Columbia Theater zu hören. Stücke, die zu den besten gehören, die die Osloer Band in den letzten Jahren aufgenommen hat, und schon heute, nach nur wenigen Jahren zurecht ihren Platz als Abschluss aktueller Leprous-Konzerte gefunden haben. Denn, wenn man ehrlich ist, muss man anerkennen, dass ‘Nighttime Disguise’ und ‘The Sky Is Red’, auch wenn die letzten Platten nicht nach dem Gusto jedes frühen Fans waren, doch alle Bandphasen der Formation repräsentieren. Sodass letztlich alle Anhänger versöhnlich gestimmt werden sollten. Egal, welche Stücke zuvor gespielt worden sind. “Live 2022” ist jedenfalls ein vorzügliches Zeugnis der vergangenen Tour. Eines, das zwar leider nur Ausschnitte zeigt, mit diesen aber, zumindest punktuell, die vergangenen Konzerte mit-, nach- und wiedererlebbar werden lässt.
Bewertung: 13/15 Punkten (FF 13, KR 12)


Tracklist:
01. “Out Of Here” (Live At Motocultor 2022)
02. “From The Flame” (Live At Motocultor 2022)
03. “Below” (Live At Motocultor 2022)
04. “The Price” (Live At Motocultor 2022)
05. “Nighttime Disguise” (Live In Berlin 2022)
06. “The Sky Is Red” (Live In Berlin 2022)

Besetzung:
Einar Solberg
Tor Oddmund Suhrke
Robin Ognedal
Simen Børven
Baard Kolstad

Gastmusiker:
Tobias Ørnes Andersen
Raphael Weinroth-Browne

Diskografie (Studioalben):
“Tall Poppy Syndrome” (2009)
“Bilateral” (2011)
“Coal” (2013)
“The Congregation” (2015)
“Malina” (2017)
“Pitfalls” (2019)
“Aphelion” (2021)

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Metal Archives
Wikipedia

Festivalbericht: 25.06.22, Valkenburg aan de Geul (NL), Openluchttheater, Midsummer Prog Festival 2022
Festivalbericht: 16.04.22, Eindhoven (NL), Effenaar, Grote Zaal, Prognosis Festival 2022
Konzertbericht: 08.12.21, Esch-Uelzecht (LU), Rockhal Box
Rezension: “Aphelion” (2021)
Konzertbericht: 08.02.20, Dortmund, Junkyard
Konzertbericht: 05.11.19, Köln, Die Kantine
Rezension: “Pitfalls” (2019)
Rezension: “Malina” (2017)
Rezension: “Live At Rockefeller Music Hall” (2016)
Konzertbericht: 04.06.16, Oslo (NO), Rockefeller Music Hall
Konzertbericht: 06.04.16, Essen, Turock
Rezension: “The Congregation” (2015)
Rezension: “Coal” (2013)
Rezension: “Bilateral” (2012)
Rezension: “Tall Poppy Syndrome ” (2009)

Abbildungen: Alle Abbildungen wurden uns freundlicherweise von Head Of PR zur Verfügung gestellt.