“Origins” in der Doppel-Betreuung
Teil 1: Michael Büttgen
In den kaledonischen Bergen steht einsam ein Highlander auf einem Hügel. Ein feuchter Wind streift ihm durch die langen Haare. Nachdenklich blickt er in das nebelverhangene Tal. Wie ein einsamer Wanderer, inspiriert von Geschichten und Mythen seines Volkes und seiner Kultur. Und wenn man ganz genau hinschaut, dann entdeckt man Kopfhörer in seinen Ohren. Hoppla, was soll das denn? Und dann zückt er urplötzlich ein Smartphone aus seinem Kilt, schaut prüfend auf das Display und überlegt, ob er das neue Album von Andy Marshall, diesem Musiker, der einst mit einer Band namens Falloch musizierte und seit 2013 mit dem Projekt Saor auf Solopfaden unterwegs ist, nochmal hören sollte.
Ja, dieser Marshall ist auch Schotte und das hört man zu jeder Sekunde. Auch auf dem neuen Album “Origins”, das er überwiegend, bis auf das Schlagzeug, im Alleingang eingespielt hat. War das letzte Album “Forgotten Paths” manchen schon zu kommerziell geraten (Speziell jenen, die der Meinung sind, dass nach der ersten Demo immer alles schlechter wird), lässt auch das neue Album zumindest beim ersten Blick auf die kürzeren Songs die gleiche Vermutung zu.
Beruhigend, dass dem sicher nicht so ist. Die Musik von Saor verbindet nach wie vor atmosphärischen, beinahe epischen Black Metal mit melodischem Celtic Folk, der mit traditionellen Musikinstrumenten, wie der Tin Whistle, dem Dudelsack und Violinen dargeboten wird. Erinnert wird der interessierte Hörer dabei oftmals an die Glückseligkeit von Alcest oder der nordischen Kraft von Solstafir, wobei Saor gerade auf “Origins” hörbar harscher vorgehen als wie von den genannten Bands gewohnt.
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Schon zu Beginn offenbart sich der aktuelle Fokus des neuen Saor-Albums auf die Gitarrenarbeit. Songs wie ‘Call of the Carnyx’, das groovige ‘Fallen’ und der alles einreißende und an die Götter von Primordial erinnernde Titeltrack ‘Origins’ laden zum Luftgitarrespielen ein. Die Riffs und die treibenden Blastbeats von Session-Drummer Dylan Watson packen nach wenigen Nanosekunden. Gesungen wird nicht viel, aber wenn, dann natürlich im Blackmetal-Style, was aber womöglich nicht großartig stören oder auffallen wird. Zu erwähnen ist es natürlich trotzdem, da gerade Progger seltsamer Weise auf kreischenden Gesang allergisch reagieren.
Bei ‘The Ancient Ones’ und dem rhythmisch auffälligen ‘Beyond the Wall ‘eröffnet sich dann erneut das wahnsinnige Talent von Marshall, kraftvolle Riffs mit wunderschönen Melodien traditioneller Sorte zu kombinieren. Das absolute Highlight auf “Origins”, und ein heißer Anwärter auf den Song des Jahres, markiert ‘Aurora’. Schon dieser wahnsinnige Basslauf zum Intro verspricht einiges und es folgt wie versprochen ein wahres Fest aus treibendem Rhythmus und wunderbaren Melodien. Und wem das noch nicht reicht, der bekommt zum Abschluss des Songs einen Gitarrenpart präsentiert, der jeden noch so kritischen Folk Blackgaze-Fan in der eigenen Gänsehaut baden lässt.
Andy Marshall bezeichnet die Musik von Saor als Caledonian Metal, was man durchaus so unterschreiben kann. “Origins” reiht sich ohne große Experimente in die nahtlos gutklassige Diskographie von Saor ein. Die Atmosphäre und die wunderbaren Melodien des Folk Metals und die treibende Kraft des Black Metals werden sehr gekonnt zusammengeführt und sorgen erneut für ein überaus kurzweiliges Hörvergnügen. Der Highlander zu Beginn dieser literarischen Kaskade hatte übrigens nicht nur ein Smartphone mit Kopfhörern, sondern auch ein großes Eichenfass mit echtem Single Malt Whisky neben sich stehen. Ein sehr rauchiger, aber vom Geruch und Geschmack her sehr sanfter Tropfen. So wie das neue Soar Album.
Bewertung: 12/15 Punkten (FF 11, MBü 12, KR 12)
Teil 2: flohfish
“Origins” ist das fünfte Album des schottischen Songwriters und Multi-Instrumentalisten Andy Marshall unter dem Namen Saor. Wie man beim Blick auf das Cover-Artwork leicht erahnen kann, beinhaltet dieses Werk Musik, die ihre Einflüsse sowohl im Folk als auch im Schwarzmetallischen hat. Caledonian Metal ist dabei ein ganz passender Name. Denn im Gegensatz zu den meisten nordischen Black-Metal-Bands, stammen die Folk-Elemente Saors nicht aus dem fennoskandischen Kulturkreis, sondern eben aus dem schottischen.
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Die sechs Stücke des Albums bewegen sich dabei alle zwischen den Fünf- und Achteinhalb-Minuten-Marken und sind Epen im Miniformat. Epen, weil die melodiebetonten Lieder einen auf eine kleine Reise durch den hohen Norden Großbritanniens mitnehmen. In eine Zeit, als die Pikten noch diese Gegend besiedelten und Steinkreise die zentralen religiösen Kultstätten waren. Es ist Musik, die jedem Hörer gefallen könnte, der eingängige Melodien mag und von Metal nicht abgeschreckt ist. Denn weder die Celtic-Folk, noch die Black-Metal-Elemente drängen sich auf diesem Album allzu oft in den Vordergrund. Dieser ist ausschließlich den wundervollen Melodien vorbehalten.
Bewertung: 11/15 Punkten (FF 11, MBü 12, KR 12)
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Besetzung:
Andy Marshall – Songwriter, Vocals & All Instruments
Gastmusiker:
Dylan Watson – Session Drums
Sophie Marshall – Female Backing Vocals
Diskografie (Studioalben):
“Roots” (2013)
“Aura” (2014)
“Guardians” (2016)
“Forgotten Paths” (2019)
“Origins” (2022)
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Abbildungen: Alle Abbildungen wurden uns freundlicherweise von Season Of Mist zur Verfügung gestellt.