Nach dem vom Vortag bereits enorm bewährten Ausschwitz- und Ausnüchterungsprogramm, diesmal noch abgerundet durch ein kleines Beer Tasting, empfanden wir uns als optimal vorbereitet – und rechtzeitig für den krönenden Festivalabschluss wieder am Jugendzentrum ein.
Zum Festivalbericht, Tag 1
Zum Festivalbericht, Tag 2
Neverus
Die junge Truppe aus Eindhoven hat nach eigener Aussage “Majestic Death Metal” am Start – keine unpassende Aussage für Songs wie ‘Banish And Burn’ oder ‘Calderian’. Die allerdings auch immer eine Power Metal- und vor allem (Celtic) Folk Metal-Schlagseite aufweisen. Mit der direkten Ansprache an die in der Nacht zuvor kennengelernte “ProgPower Family” machte das Quartett jedenfalls schon mal alles richtig.
Beim orchestralen Intro zu ‘One For Blood’ konnte einem auch schon mal Dimmu Borgir einfallen, bei den folgenden Chören eventuell auch Tyr.
Viele Sympathiepunkte sammelte die Band mit ihrer Ansage zu ‘Temptation’ des Inhalts, dass der Gitarrist aufgrund einer Verletzung dieses Stück nicht habe einüben können. Zum Trost erhielt er für diesen Song eine – hernach virtuos gehandhabte – Aufblas-“Air Guitar” aus Gummi. Die an diesem Sonntag später noch in den unterschiedlichsten Händen auftauchen sollte.
Nero Di Marte
Diese Italiener hatte unsereins ehrlich gesagt zuvor so gar nicht auf dem Schirm gehabt. Die Spannung war umso größer – u.a. angeregt durch einige Andeutungen von Festival-Impressario René Janssen (~ “Davor werden bestimmt Etliche flüchten”). Als Avantgarde Death Metal wies sich das von dem Quartett aus Bologna Gebotene u.a. dadurch aus, dass die Texte teils geflüstert, teils wie am Spieß geschrien wurden. Tatsächlich spaltete Material wie das komplexe, sperrige ‘Il Diluvio’ die “Familie” ähnlich wie Godsticks am Vortag. Wenn auch vermutlich aus ganz anderen Gründen.
Der Autor hat es als extrem spannend, fordernd und vor allem virtuos (die Tapping-Soli…) erlebt.
Vulkan
Vulkan aus Schweden brachten die Gemeinde von den extremen Härte- und Anspruchsgraden zurück zu melodischem, eingängigen Progressive Rock.
Überwiegend heftig abgefeiert, dem Autor war vielleicht einfach nur der Wechsel ein wenig zu abrupt. An der generellen Güte von Material wie ‘This Visual Hex’ hat es aber sicher nicht gelegen. Vielleicht sogar mehr an der enormen Vorfreude auf den nächsten Programmpunkt…
MEER
Seit Erscheinen des Instant-Lieblingsalbums “Playing House” von 2021 war es ein Riesenwunsch gewesen, diese Norweger mal live erleben zu dürfen. “Meer besitzen das Gen zur Erschaffung jubelnder Freudenchöre”, hatte Carsten damals dazu geschrieben. Als hätte er geahnt, was Johanne Margrethe Kippersund, Knut Kippersund & der Rest des Septetts mit der PPE Family anrichten würden. Von ‘Picking Up The Pieces’ bis ‘Beehive’ ein einziger Triumph. Völlig erstaunte, schnell ins Glücklich-Verzückte wechselnde Gesichter allüberall. Mit Händen, Rufen und dem ganzen Körper gespendeter Applaus wie selten erlebt bei einem Festival, das immerhin auch schon mal Fates Warning zu Gast gehabt hat.
Auf Meer konnten sich am Ende irgendwie alle Familienmitglieder einigen. Kein Wunder. Wo diese bezaubernde, melodieselige Musik auf Platte schon bezaubert, kommt live noch die wunderbare Ausstrahlung der Musiker hinzu.
Ein besonderer Meer-Moment: Das Publikum klatscht so wahnsinnig laut und (rhythmisch) falsch mit, dass der Sänger fast rauskommt, aber trotzdem absolut begeistert ist.
PS: Ein Gruß ans EB-Team – beim ohnehin unglaublich neugierigen und toleranten PPE-Publikum rannte diese näher an Chanson und Folk als an Heavy Metal gebaute Zaubermusik weit offene Tore ein. Im Kontext des Euroblast-Festivals kann man sich eine solche Band allerdings eigentlich kaum vorstellen. Oder?
Edit 10/23: EB zeigte wie erwartet keinerlei Reaktion. Aber Beim Midsummer Prog Festival (und beim neuen Format Midwinter Prog Festival) wurden sie sofort gebucht. Genau wie beim Night of the Prog, das ja gerne durch andere Festival-Auftritte “abgesicherte” Gigs bucht).
Avandra
Umbaupause. Und Szenenwechsel zu wieder etwas ganz anderem. Progressive Metal aus Puerto Rico. Das Quintett hatte es beim Autor nach dem gerade erlebten schwer, aber jeder direkte Vergleich verbietet sich hier ja ohnehin ganz. Fraglos eroberten jedenfalls Epics wie ‘Beyond The Threshold’ das Sjiwa im Folgenden völlig zu Recht.
Zu erwähnen sei an dieser Stelle noch, dass Avandra, zur Freude ihrer Fans, von Vikram Shankar an den Keyboards unterstützt wurde. Dem Tastenvirtuosen, der für seine Arbeit bei Redemption, Lux Terminus und Silent Skies bekannt ist. Und der mit seinem Sound nicht nur das letzte Avandra-Album mitprägte, sondern maßgeblich auch den heutigen Abend. (Anmerk.: flohfish)
Seventh Wonder
Was kann danach noch kommen? Der Crossover aus Melodic Power und Progressive Metal hat immer schon einen besonderen Stellenwert für das PPE Festival gehabt, man denke nur beispielsweise an Auftritte wie die von Pagan’s Mind. Seventh Wonder aus Stockholm schickten sich nun an, an derartige Großtaten anzuschließen.
Die Beantwortung der Frage, ob ihnen das gelang, hängt wie so oft wieder mal extrem vom persönlichen Geschmack ab. Für den Autor waren Songs wie ‘Warriors’ überwiegend schlichter Galoppel-Power-Mettl, verziert mit absurdem Gepose, zuckrigem Gesang und cheesy Keyboards. Für viele Ansprechpartner aber das wahre Evangelium und somit genau der passende Schlusspunkt einer – hierin besteht totale Einigkeit – erneut hervorragenden, not-to-be-missed-Ausgabe des Kultfestivals in Baarlo.
PS: PPE23 findet vom 06. bis 08. Oktober 2023 wie immer im Sjiwa, Baarlo statt. Bereits angekündigt wurden An Abstract Illusion und Darkwater, beide aus Schweden.
Live-Fotos: flohfish
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Rezension “The Testament” (2022)
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Interview (2020)
Rezension “Skylighting” (2020)
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Rezension “Playing House” (2021)
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Surftipps zum Festival:
A brief, incomplete history of PPE in festival reviews
2001: Alles anders, weiter so!
2002: Mit der Lizenz zum Flöten
2003: Familientreffen des ProgMetal (von Stephan Kunze, R.I.P.)
2003: The Prog, The Power And The Glory (von Stephan Kunze, R.I.P.)
2013: Beauty in a different light
2013: The Ocean is the ultimate solution