4. Tonzonen Records Labelnight, 29.10.22, Krefeld, Kulturfabrik


Schönstes T-Shirt-Wetter bestimmte den Nachmittag des 29.10. in einem wirklich sonnigen Krefeld, als sich die Menschen vor der Kulturfabrik versammelten. Der Anlass war die mehrmals verschobene vierte Ausgabe der von BetreutesProggen.de präsentierten Labelnight von Tonzonen Records; und wer sich an das kalte Wetter anno 2019 erinnert, wird den warmen Sonnenschein als wahren Segen wahrgenommen haben.

Doch es blieb nicht nur bei dieser Änderung. Alex Djelassi (Bild rechts) verkündete bei der kleinen aber informativen Eröffnungsansprache, was es an jenem Tage zu erwarten gäbe. Alleine die Bühne, auf der der Tonzonen-Musiker stand, war eine Modifizierung der vergangenen Labelnight, denn dieses Mal hatte das Label von Dirk Raupach den großen Saal bezogen. Das logische Resultat war mehr Platz, sowohl auf der Bühne als auch davor.

Wann immer der Ruf des Kuckuck im Außenbereich ertöne, so erklärte Alex, könnten sich die Besucher*innen vom Außenbereich nach drinnen bewegen, weil das nächste Konzert anstünde. Und davon gab es in diesem Jahr allerhand: statt der gewohnten drei Bands wurde für die Labelnight 2022 die doppelte Menge aufgefahren. Zurecht war auch deshalb vom ersten Tonzonen-Festival die Rede.

Sound Of Smoke

Den Anfang machten Sound Of Smoke aus Freiburg. Das Quartett aus dem Breisgau bedankte sich, dass bereits am Nachmittag so viele Menschen vor der Bühne versammelt waren. Und die, die zuhörten, sollten es nicht bereuen, denn Sound Of Smoke legten eine atemberaubende Show aufs Parkett.

Knapp eine Stunde lang erfreute sich das Publikum an energetischer und psychedelischer Rockmusik mit viel Blues und orientalischen Klängen. Man mochte stellenweise an Bands wie Shocking Blue erinnert werden, und auch Parallelen zu Nephila oder Alunah waren in den schwergewichtigeren Stücken erkennbar.

Mal hypnotisierend und mal mächtig schwer bewegte sich das erfrischende Gemisch aus Blues, Stoner, Psychedelic und Anmut durch den Raum. Isabelle Bapté sang, tanzte, spielte Flöte, Regenmacher und Synthie und zog den Konzertraum damit in ihren Bann wie eine Schlangenbeschwörerin. Ohne Zweifel war mit dem Auftritt von Sound Of Smoke ein fantastischer Einklang ins Festival gelungen. Besonders die Lieder vom neuen Album “Phases”, welches Anfang 2023 bei Tonzonen Records erscheinen wird, sorgten für Begeisterung.



Iguana

Dem Ruf des Kuckucks folgten die Besucher*innen dann zum Auftritt von Iguana aus Chemnitz. Das Vierergespann knüpfte vor allem am schwergewichtigen Klang an. Was die Tanzeinlagen anging, hatten Bassist Ali und Gitarrist Thomas ebenfalls so einige flotte Füße auf die Bühne gezaubert, während Sänger Alex durch grandiose Führung glänzte und Schlagzeuger Robert erfolgreich der Sonne trotze. Somit wurde die Lust auf Bewegung sowohl auf der Bühne als auch davor nachhaltig fortgeführt, und das Publikum konnte den wilden Schwoof von Sound Of Smoke bei Iguanas Auftritt fortsetzen.

Iguana konzentrierten sich bei ihrem Konzert vor allem auf ihr 2019 bei Tonzonen erschienenes Album “Translational Symmetry” und legten eine souveräne Show ab. Der eigensinnige Mix aus massivem Kraut mit Alternative Rock und viel Funk erhielt ein sehr gutes Echo.



Einseinseins

Angekündigt wurden sie als Mischung aus Neo-Kraut und Alternative Rock. Als sie die Bühne betraten, stellte der Gitarrist mit einer ins robotische verzerrten Stimme klar: “Wir sind gar nicht aus Berlin”. Was damit gemeint war, wurde schnell klar, denn Einseinseins spielten eindeutig Krautrock aus dem All. Hätten sich Hypnotic Floor und Art Brut nach einem Kraftwerk-Konzert zur gemeinsamen Jam-Session getroffen, hätte wohl ähnliches entstehen können.

Auch optisch machte das Trio gut was her, was nicht nur an den einheitlichen Hemden lag. Musikalisch ging es mal in Richtung Kosmos und dann wieder zurück auf den Tanzboden der Tatsachen. Das Lied ‘Gasetagenheizung’ vom 2022 veröffentlichten Album “Zwei” ist in Zeiten von Krieg und Krise rapide wieder aktuell geworden. Kalt wurde bei diesem Konzert zum Glück niemandem.



Smokemaster

Es ist ein ungeschriebenes Gesetz, an das sich seit Anbeginn aller Zeiten gehalten wird: die Band mit der kürzesten Anreise bringt das meiste Equipment mit. Am diesem Tage führte das dazu, dass Smokemaster aus Köln das Drumset stellten, welches von allen Bands, außer den Spacelords, genutzt wurde. So kam es, dass der Name Smokemaster den Besucher*innen bereits seit dem ersten Konzert ständig ins Gedächtnis gerufen wurde.

Und dann waren sie da und ließen die Party eskalieren. Zu fünft nahmen die Musiker aus der Domstadt die Bühne in Beschlag und versorgten das Publikum mit volltönendem Blues Rock, der vor mitreißender Psychedelik und betörendem Kraut triefte. Der Retrosound schwappte wie eine Welle der Euphorie von der Bühne herab und ergoss sich in einem Meer aus Tanz und Bewegung.



The Spacelords

Ungewöhnliche Dinge spielten sich auf der Bühne ab, als The Spacelords aufbauten. Zunächst wurde es kuschlig, denn das transparente Schlagzeug des Trios wurde vor dem Drumset von Smokemaster platziert. Die Nähe zwischen Band und Publikum störte nicht im Geringsten, denn die Massen vor der Bühne ließen erahnen, dass nun die Publikumslieblinge dran waren. Die Ankündigung von Alex blieb aus – vielleicht weil das süddeutsche Trio ohnehin allseits bekannt und beliebt ist. Bassist Akee Kazmaier fragte noch kurz nach: “isch der Alex beleidigt, wenn mir oifach ofanga?”. Niemand war beleidigt, das Licht ging aus, die Show begann.

Souverän und stets mit offenem Auge für das euphorische Publikum entführten die Spacelords die Kulturfabrik in die unendlichen Weiten des Kosmos. Es mag am lauten und basslastigen Sound von Smokemaster gelegen haben, die zuvor gespielt und die Gehörgänge damit gut durchgewalkt hatten, dass der Sound des Trios an diesem Abend ungewohnt dünn klang. Die Stimmung war nichtsdestotrotz herzlich und positiv, und The Spacelords bedankten sich für sieben Jahre liebevolle Zusammenarbeit mit Tonzonen Records. In diesem Zuge widmeten sie auch ihr neues Lied ‘Endorphine High’ Labelinhaber Dirk.



Glasgow Coma Scale

Es war schon spät in der Nacht der Zeitumstellung, als das Trio aus Frankfurt am Main die Bühne betrat. Nach den Spacelords war nun die zweite rein instrumentale Besetzung dran. Außer dieser Eigenschaft sind die Parallelen zwischen den beiden Bands allerdings rar gesät, denn Glasgow Coma Scale spielten sich in farbenfrohen Spiralen aufbauenden Post Rock. In ihrer Kunst versunken und häufig von der Nebelmaschine versteckt, präsentierten die drei Musiker aus Hessen ebenjenen Sound, der als idealer Abschluss für diesen Abend passte.

Während manche von den psychedelischen Auswüchsen in Richtung Monkey3 zum Träumen eingeladen wurden, sorgte die schillernde Wellenbewegung bei anderen Besucher*innen für eine zusätzliche Reaktivierung der Lebenssäfte. Souverän und voller Genuss standen die drei Hessen im Nebel.




Und so endete eine Tonzonen Labelnight, die wahrhaftig den Namen Festival verdient hätte. 400 Besucher*innen sahen sechs Bands sowie die atemberaubende Liveshow von Ute und Peter Petersen. Es wurde viel geredet, gelacht, sich ausgetauscht und genossen. Die zwei längsten Schlangen des Abends waren zum Einen die vor den Merchständen und zum Anderen jene vor der Imbissbude im Außenbereich. Hier tummelten sich unter den Gästen auch Mitglieder anderer Tonzonen-Bands wie Der Neue Planet oder Noorvik.

Das Publikum war außerdem von einer großen Diversität geprägt, die dem Stereotyp von Krautrock-, Prog-, oder ähnlichen Events als Club der weißhaarigen Männer trotzte. Auf der Bühne wiederum war in Sachen Diversität noch viel Luft nach oben, doch was nicht ist, kann immer noch werden.

Alles in allem war es nicht nur ein herzliches und schönes Festival, sondern auch eines, das die musikalische Vielfalt von Tonzonen Records erfolgreich gezeigt hat. Obgleich Parallelen oder Zugehörigkeiten aller Bands auf der Bühne existieren, war es doch ein abwechslungsreiches Fest mit sechs einzigartigen Shows, bei dem unterschiedlichste Geschmäcker auf ihre Kosten kamen.


P.S.:
Die nächste Tonzonen-Labelnight findet übrigens am 15. Dezember 2022 im Nachtleben in Frankfurt am Main statt, ebenfalls proudly presented by youknowschon.

Surftipps:
Veranstalter: Tonzonen RecordsVenue: Kulturfabrik Krefeld