Kuhn Fu – Jazz is expensive / Live in Saalfelden

Kuhn Fu - Jazz is expensive / Live in Saalfelden (Berthold, 14.10.22) COVER(42:56+45:00; Doppelvinyl, Doppel-CD, Digital; Berthold Records/Alisa Wessel Musikverlag, 14.10.2022)
Kuhn Fu, die paranoide Prog-Punk-Jazz-Wunderwaffe um den Berliner Musiker Christian Achim Kühn feiert ihr zehnjähriges Jubiläum. Seit 2012 steht der Name Kuhn Fu für kunstvollen Wahnsinn, der von Shakespeare bis zu Monty Python, von Captain Beefheart bis zu The Ruts, und von fallenden Stecknadelköpfen bis zur Dampflok auf Hochgeschwindigkeit kaum etwas auslässt. Zum besonderen Anlass des zehnjährigen Bestehens bescheren Kuhn Fu ihren Hörer*innen nicht eines, sondern gleich zwei kostbare Leckerbissen zum gemeinsamen Zelebrieren.

Wer übrigens bislang an der eklektischen Klangkunst von Kuhn Fu vorbeigeschliddert ist, kann hier die bisherigen Gedanken und Reaktionen unserer Redaktion dazu nachlesen. Jedes Gehör mit Lust auf Anspruch, Spaß und Irrsinn sollte hier frohlocken.

Jazz is Expensive by KUHN FU

Abbildung: Artur Bodenstein

Den ersten Teil des Jubiläum-Releases bildet das Album “Jazz is expensive”. Nachdem der Jazz nun schon etliche Mal als tot, lebendig, anders, zeitlos oder als Musik des Lumpenproletariats bezeichnet wurde, bescheren uns Kuhn Fu die wohl beste Komplettierung der Phrase “Jazz is…”.
Das Album wurde in Septett-Formation (Kuhn Fu VII) im Oktober 2021 in der Zentrifuge in Berlin aufgenommen. Die Beteiligten Musiker*innen aus sechs verschiedenen Ländern sind:
Christian Achim Kühn – Gitarre, Gesang, Komposition,
Tobias Delius – Klarinette,
John Dikeman – Tenorsaxophon, Gesang,
Ziv Taubenfeld – Bassklarinette,
Sofia Salvo – Baritonsaxophon,
Esat Ekincioğlu – Bass, Gesang, und
George Hadow – Schlagzeug.

Mal funky und beschwingt, mal in die Höhen des Freejazz hineintauchend, und stets zwischen musikalischer Professionalität und freudigem Unsinn hin- und her tanzend, legen Kuhn Fu VII eine zappaeske Show aufs Parkett. Zwischen den psychedelischen Passagen, in denen sich die Hörenden in Trance schwingen können und den anspruchsvollen Prog-Themen mit Hang zu Raketenwissenschaft, sorgen die humorvollen Einwürfe für zusätzliche Abwechslung.

Live in Saalfelden by KUHN FU VI

Abbildung: Artur Bodenstein

Die zweite Platte enthält eine Live-Aufnahme vom Jazzfestival Saalfelden im August 2021. Das Material vom ORF umfasst acht Stücke und wurde in ähnlicher Besetzung aufgenommen wie “Jazz is expensive”; lediglich Baritonsaxophonistin Sofia Salvo ist hier nicht dabei.

Der Auftritt im Salzburger Land tastet sich zunächst gemächlicher an Gehörgänge und Synapsen der Hörer*innen heran als das Album “Jazz is expensive”. Spätestens mit der Geschichte von Hamster Harry Sanchez und dem darauffolgenden gleichnamigen Lied jedoch ziehen Kuhn Fu VI alle Register, und lassen es vom eklektischen Jazz über psychedelische Episoden bis zum schweren Metal-Riff krachen. Mit diebischer Freude lullt die Band das Publikum immer wieder in meditative Stimmungen ein, um dann mit der Kraft des Paukenschlages ein flottes Free Jazz Gewitter losbrechen zu lassen. Zum Ende hin wird auch noch das eine oder andere Tanzbein aktiviert.

Wo Kuhn Fu VII vom volltönigen Klang profitieren und ein in sich geschlossenes musikalisches Narrative präsentieren, lebt die Aufnahme von Kuhn Fu VI von der Interaktion mit dem Publikum. In der Einzelbewertung erhielten die beiden Alben 13 (“Jazz iss expensive”) und 12,5 (“Live in Saalfelden”) Punkte. Der Mittelwert von 12,75 soll hier voller Freude über eineinhalb Stunden großartige Musik mit Herz, Seele und Spaß aufgerundet werden.
Bewertung: 13/15 Punkten

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