Klaus Schulze – Deus Arrakis
(77:38, CD, Vinyl, Box-Set, SPV/Uwe Kerkau Promotion, 01.07.2022)
Innerhalb von nur einem Monat verlor die Elektronik-Szene in diesem Jahr gleich zwei ihrer bedeutendsten Vertreter und Wegbereiter mit Vangelis und Klaus Schulze. Am 26.04.2022 starb Klaus Schulze im Alter von 74 Jahren, er erlebte die Veröffentlichung von “Deus Arrakis” leider nicht mehr. Über seine Bedeutung in der Musikszene ist viel geschrieben worden, er ist einer der größten Pioniere der elektronischen Musik gewesen, hat zahlreiche Künstler beeinflusst, wurde “Godfather of Techno” genannt und so weiter.
Wer noch nie etwas mit der Musik des Klaus Schulze anfangen konnte, dem wird auch “Deus Arrakis” kaum zusagen, denn er ist seinem typischen Stil auch auf seinem letzten Album treu geblieben. Doch die Fans werden zum Großteil begeistert sein, denn mit “Deus Arrakis” ist ihm ein ausgesprochen schönes, intensives Kunstwerk gelungen, das glücklicherweise mit diesem letzten musikalischen Lebenszeichen einen Klaus Schulze in exzellenter Form in Erinnerung bleiben lässt.
Schon mit dem Vorgänger “Silhouettes” konnte er überzeugen, und mit dem vorliegenden Opus macht er genau dort weiter und setzt noch einen drauf.
Wie man es gewohnt ist, sind wieder lange Tracks zu hören, insgesamt drei an der Zahl, nämlich ‘Osiris’ (18:28, in vier Abschnitte unterteilt), ‘Seth’ (31:47, in sieben Abschnitte unterteilt) und ‘Der Hauch des Lebens’ (75:20, in fünf Abschnitte unterteilt). Diese Angaben stammen von der Cover-Rückseite, als totale Spielzeit werden 75:20 angegeben, was wieder beweist, dass die Berechnung der Gesamtspielzeit eine Art Geheimwissenschaft zu sein scheint. Aber das ist Kleinkram (wenn auch leicht vermeidbar, wenn man sich nur ein bisschen Mühe geben würde). Ausschlaggebend ist die gebotene Musik, und die ist ausgesprochen intensiv ausgefallen.
In diesem Fall liegt auch eine bestimmte Thematik zu Grunde. Er war schon früh ein glühender Verehrer der “Dunes Trilogie”, was spätestens mit seinem 1979er Album “Dune” auch dokumentiert wurde. Doch schon auf dem Vorgängeralbum “X” (aus Rezensentensicht sein großartigstes Werk) wurde dem Dune-Erfinder Frank Herbert ein eigener Titel auf dem Album gewidmet.
Als Schulze von einer Neuverfilmung des Klassikers erfuhr, beschäftigte er sich gleich wieder mit diesem Werk, an dem er nach aus seiner Sicht schwachen weiteren Verfilmungen das Interesse zwischenzeitlich verloren hatte. Er las die Bücher erneut und schaute sich die Lynch-Verfilmung wieder an – und die alte Begeisterung war wieder da. Zu dieser Zeit erhielt er einen Anruf von Dead Can Dance-Sängerin Lisa Gerrard, die ihn direkt an Hans Zimmer weitergab. Für eben diese Neuverfilmung von Denis Villeneuve wollte Zimmer mit Schulze zusammen arbeiten. Die beiden verstanden sich sofort prächtig, und das Resultat ist im Film zu hören.
Dieses Ereignis triggerte dann die Idee, in diesem Sinne ein eigenes Album anzugehen. Schnell war der Kontakt zum alten Wegbegleiter Wolfgang Tiepold hergestellt, der prompt sein Cellospiel wieder anbot. Dazu noch (selten eingesetzter) dezenter lautmalerischer Gesang von Eva-Maria Kagermann, der Rest ist 100 Prozent Klaus Schulze.
Der Opener ‘Osiris’ beginnt erstaunlich ruhig mit warmen Synthiflächen, doch es schleicht sich eine bisweilen leicht düstere, melancholische Atmosphäre ein. Erst nach einer Weile kommen die typischen Sequenzen hinzu und es entwickelt sich ein klassischer Schulze Track, wie ihn die Fans lieben. Es folgt das monumentale ‘Seth’, das zunächst eher verstörend beginnt, doch schnell in etwas melodischere Spuren wechselt. Nach etwa zwölf Minuten Laufzeit setzt dann das Cellospiel von Wolfgang Tiepold ein, und das verstärkt noch einmal den Gesamteindruck, den man von diesem Album hat, nämlich einen hohen Melancholie-Faktor und eine immens beeindruckende, überaus intensive Atmosphäre, die das ganze Album durchzieht. Mag sein, dass diese Einschätzung getriggert wird durch den Tod des Großmeisters der elektronischen Musik, denn es schwingt ein merkwürdiges Gefühl in dem Bewusstsein mit, dass dies sein letztes musikalisches Lebenszeichen ist und man das Gefühl bekommt, dass er bereits beim Komponieren dieser Klangberge ahnte, was passieren wird.
Auch das ebenfalls sehr lang, aber eben nicht langweilig geratene ‚Der Hauch des Lebens‘ knüpft nahtlos an und beeindruckt durch diese Intensität, die das ganze Album überzieht. Ein wahrhaft würdiger Abschluss.
Nicht nur Porcupine Tree schafften mit ihrem Comeback-Album eine sensationelle Platzierung in den deutschen Album Charts (in diesem Falle sogar Platz 1), auch dem deutschen Elektronik-Pionier gelang eine überragende Platzierung, nämlich ein unglaublicher zweiter Platz hinter Rammstein, aber noch vor Harry Styles, Imagine Dragons oder den Toten Hosen. Noch sensationeller wäre es wohl nur gewesen, wenn er in den Top 10 der Single Charts gelandet wäre.
Dies ist zwar das letzte Album des Klaus Schulze, aber bestimmt nicht die letzte Veröffentlichung, denn es wird sicherlich noch eine Menge Archivmaterial aufzufinden sein, das dann in den nächsten Jahren den Weg auf Vinyl oder Compact Disc finden wird.
Bewertung: 12/15 Punkten
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Abbildungen: Klaus Schulze / SPV