Dim Gray – Firmament
(44:38, CD, Digital, Dim Gray Records/English Electric Recordings, 2022)
Der norwegische Dreier Dim Gray heimste schon mit seinem Debüt-Album „Flown“ gute Kritiken ein. Der erste Schritt war getan, sie hatten in Eigenregie eine wunderschöne Scheibe auf die Beine gestellt. Und dies fand durchaus Beachtung, wie sich schnell herausstellte. Greg Spawton von Big Big Train wurde auf dieses Album aufmerksam, was Folgen haben sollte. Die Briten benutzten bisher ihr Label English Electric Recordings zur Veröffentlichung der eigenen Alben sowie Releases von Bandmitgliedern. Doch Spawton schwebte vor, auch andere Bands unter Vertrag zu nehmen, sobald sich etwas Interessantes anbieten würde. Und so fiel die Wahl auf die jungen Norweger, deren Musik offensichtlich Eindruck hinterließ. Und nicht nur das. Bei der anstehenden Tour von Big Big Train wurde Ersatz für die aktuelle BBT-Keyboarderin Carly Bryant gesucht, da sie nicht alle Termine wahrnehmen konnte. Ersatz war schnell gefunden, nämlich in Dim-Gray-Keyboarder Oskar Holldorff, der diese Chance natürlich gerne ergriff. Zusätzlicher positiver Effekt für Big Big Train ist dabei sicherlich auch die Tatsache, dass man sich damit zudem eine zusätzliche, markante Stimme ausleihen konnte. Und wenn man ihn schon im Boot hat, warum dann nicht gleich Dim Gray noch als Support Act mitnehmen? Gesagt, getan.
Eine tolle Idee und eine klassische Win-Win Situation. Wie wir mittlerweile wissen, hat die Absage eines Festivals dem Ganzen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Leider! Und so ist aus der Tournee nur ein gemeinsamer Auftritt in den Niederlanden geworden – sowie zwei Auftritte in UK (Danke, Jan). Besagte Tournee ist nun auf 2023 verschoben worden und es bleibt zu hoffen, dass die Band nicht erneut das finanzielle Risiko als zu groß einstufen muss.
Doch zum Album. An der Besetzung hat sich nichts geändert, es sind immer noch die drei jungen Herren, die damals aus den unterschiedlichsten Ecken Norwegens kamen und sich in Oslo beim gemeinsamen Studium trafen. Der musikalische Hintergrund war recht breit gestreut, da trafen Progressive Rock, Black Metal, Blues und Folk aufeinander. Doch gleich vorweg: von Blues und erst recht von Black Metal gibt es hier keine Spur! Vielmehr ist auf „Firmament“, wie auch schon beim Debüt feststellbar, eine volle Ladung skandinavische Melancholie zu spüren.
Das Album enthält zwölf Songs, ihr längster Song ist das abschließende ‚Meridian‘ mit einer Spielzeit von knapp fünf Minuten – so viel zum Thema Longtracks. Das ist offensichtlich nicht ihre Sache. Sondern auf den Punkt gebrachte Songs, die sehr von Holldorffs Gesang geprägt sind, der meist mit recht hoher Stimmlage unterwegs ist. Dabei ist erwähnte Melancholie ein charakteristisches Element, doch auch fröhliche, folkige Parts sind enthalten. Ein Blick auf die Besetzungsliste (speziell die Gäste betreffend) gibt weitere Aufschlüsse.
Oskar Holldorff – lead vocals / keyboards / electronic percussion / programming / orchestration
Håkon Høiberg – electric and acoustic guitars / lead and backing vocals
Tom Ian Klungland – drums / acoustic and electronic percussion / backing vocals
Sowie als GastmusikerInnen:
Ellen-Martine Gismervik – cello
Hanna Nicoline Krohn Moland – violin
Halvor Rollag – electric bass
Guro Røvik Marstad – flute
Grégoire Blanc – saw / theremin
So überzeugen die teils orchestralen Ausflüge in manchen Songs und zeigen das Händchen der Musiker für geschmackvolle Arrangements. Die zwölf Songs sind nicht einfach nur eine Aneinanderreihung von 08/15-Nummern, sondern hier wird emotionale Intensität greifbar und das Album läuft durch wie aus einem Guss. Auch der eine oder andere Ohrwurm ist darunter (zum Beispiel ‚Abalus‘). Was allerdings nicht funktioniert: wenn man in der Stimmung ist, harte Riffs oder schräge Attacken zu hören, liegt man mit „Firmament“ völlig falsch.
Bewertung: 12/15 Punkten (JM 12, KR 12)
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Abbildungen: Dim Gray