Robby Steinhardt – Not In Kansas Anymore – A Prog Opera
(43:58, CD, Solar Music/Just For Kicks, 2021)
De Mortuis nil nisi bene. Über die teuren Verblichenen sprich nur Gutes, ansonsten halte gefälligst die Klappe. Diesem frommen Spruch folgend wäre diese Rezension jetzt zu Ende. Denn der Ex-Kansas-Violinist und –Sänger spielt seit dem 17.07.2021 in der himmlischen Auswahl (dritte Wolke von links, Prog-Erzengel. Mal sicher). Und “Not in Kansas Anymore … ” ist kein gutes Album. Ganz im Gegenteil.
Interessant bleibt das jetzt von Just for Kicks importierte Opus aber natürlich trotzdem. Tatsächlich ist es sogar faszinierend allein schon aufgrund dieser Gästeliste:
Patrick Moraz (Yes, Refugee, Moody Blues), Chuck Leavell (Allman Brothers), Ian Anderson (Jethro Tull), Billy Cobham (!), Pat Travers, Steve Morse (Dixie Dregs, Ex-Kansas, Ex-Deep Purple; glaube ich, klasse, aber kurz auf ‘Rise of the Phoenix’ aufspielend erkannt zu haben), Bobby Kimball (Ex-Toto) u.v.m.
Ohne seine E-Violine wäre Kansas nur Staub im Windkanal gewesen. Und auch seine Gesangsbeiträge waren stets mehr als nur Beiwerk auf zentralen Progressive-Rock-Alben. Warum ist dann diese “Prog Opera” so vom Winde verweht? Wissen wir natürlich auch nicht.
Mit den Enttäuschungen geht es vermutlich schon los, weil die Genre-Bezeichnung im Untertitel so unglücklich gewählt ist. Jedenfalls, wenn die Erwartungshaltung des Hörers sich nun diesbezüglich an Ayreon & Co. orientiert. Es fehlt an jedem roten Faden (von lesbarem Libretto oder stringentem Konzept ganz zu schweigen) und an den prägnanten, mit wiedererkennbaren Stimmen besetzten Rollen.
Stattdessen dudelt sich diese Symphonic-AOR-Schwarte so durch, vom Instrumental ‘Tempest’ (mit zugegeben herrlichen Fretless-Bass-Parts) über die erste Melodic-Rock-Peinlichkeit ‘Truth To Power (Only Truth Can Change The World)’, deren zweite, ‘Mother Earth (Is Calling You)’ bis hin zum abschließenden “Bonus”-Track ‘A Prayer For Peace’.
Gottchen. Als würde man dazu verdammt, Bonos Tagebücher zu lesen.
Die Demontage des eigenen Sockels erreicht ihren Höhepunkt mit dem von einer pompösen ‘Prelude’ eingeleiteten Neuaufnahme von ‘Dust In The Wind’. Denn die klingt leider so, als habe Meßmer-Tee mit viel Werbe-Kohle ein neues Jingle in Auftrag gegeben. Und dass nun just genau diesem armen, wehrlosen, wunderschönen Song, der schon so viel ertragen musste… Diese kitschig-zuckrigen Streicher-Arrangements hätte man gerade hier am allerwenigsten erwartet.
Dann noch das Titelstück bzw. Vater Abraham und die keltischen Schlümpfe – Schluss jetzt! Siehe ganz oben, besser die Klappe halten.
Ein überwiegend gruseliger Schlagzeug-Sound torpediert etwas endgültig, womit man als Fan den großen Robby S. nicht im Gedächtnis behalten möchte. Und nicht behalten wird.
Bewertung: 5/15 Punkten
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Abbildung: Solar Music / Robby Steinhardt