(37:39, Vinyl, CD, Digital, Warner Music, 2022)
Nach ihrem wahrscheinlich besten, wie auch erfolgreichsten Album “Black Holes & Revelations” veränderten sich Muse. Sehr zum Argwohn derjenigen, die den ausgetüftelten, schweren wie bombastischen Rocksound von u.a. “Absolution” und die wilden Queen-Eskapaden auf “Origin of Symmetry” zu schätzen wussten.
Vermutete man mit den Ausflügen in Dubstep, Pop und einem schwer einzuordnenden Schwall diverser anderer Einflüsse beim Album “2nd Law” noch eine Art Provokation, musste man sich spätestens mit dem recht harmlosen “Drones” damit abfinden, dass auch die Rückkehr zur Rockmusik nicht mehr den Muse’schen Qualititätsstandards entsprechen sollte. Auch “Simulation Theory” wollte keine echten Lobeshymnen ernten. Zu sehr verkrampfte man sich im herrschenden 80er-Jahre-Retrohype, wirkte dabei zu steril und ließ die ehemals zerberstende Power und Energie vermissen.
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Nun präsentiert das Dreigestirn aus Teignmouth, einer Stadt in der südlichen gelegenen Grafschaft Devon, mit “Will Of The People” ihr neuntes Album und – um es vorweg zu nehmen – es wird es den oben genannten Fans der ersten Stunde nicht viel leichter machen. Im Gegenteil.
Angeblich soll es Matt Bellamy zuzuschreiben sein, dass Muse sich immer mehr dem extatischen, wirren Pomp zugewandt haben, der auf ihrem neuen Album nun auf die Spitze getrieben wird. Was Muse hier abziehen, ist nicht mehr weit von einem Mindfuck entfernt und gleichzeitig so absolut fesselnd und unterhaltsam wie schon lange nicht mehr. Würde Bellamy neben seinem unfassbar genialen wie großartigen Gesang (‘Ghosts’, ‘Verona’) nicht noch Gitarre spielen, könnte man meinen, er steckt in einer Zwangsjacke.
Nehmen wir nur mal als Beispiele ‘Won’t Stand Down’ oder ‘Kill Or Be Killed’ zu Hilfe. Beide Songs beginnen eigentlich recht unscheinbar. Daher erwartet man auch harmlose Standardrefrains. Stattdessen packen diese Typen aber tatsächlich die schwersten Gitarrenriffs ihrer Karriere drauf und zerkreischen Black Metal- und Death Metal-artig diese zu Anfang (nur) hübsch anmutenden Songs.
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‘You Make Me Feel Like It’s Halloween’, als weiteres Beispiel, kredenzt mit einem Owner of the Lonely Heart-Opener, Daft Punk-Synthies, bewährten Queen-Verweisen, einem Brian May– UND einem Mike Oldfield-Solo, einen offensichtlich wüsten Mischmasch, eine bunte Kiste süßer Karamellbonbons, der niemals funktionieren dürfte. Aber er funktioniert. Anders, aber er funktioniert. Verwirrend, aber so unterhaltsam, dass man um ein lautes Auflachen nicht herumkommt.
Ja, Muse machen das auf ihrem neuen Album und in (ausreichenden) 37 Minuten ziemlich perfekt. Musikalischer Anspruch scheint nicht mehr im Vordergrund zu stehen. Stattdessen brilliert die Band mit der künstlerischen Freiheit, zu tun und zu lassen was sie will, auch wenn es möglicherweise “schlecht” ist, wie es bei den Kollegen von der “Konkurrenz” zu lesen ist. Aber gut, wenn man es denn so bezeichnen will, sind Muse aktuell so großartig schlecht, dass “Will Of The People” wohl ihr unterhaltsamstes Album seit fast 16 Jahren geworden ist.
‘We Are Fucking Fucked’! Dem ist nichts hinzuzufügen.
Bewertung: 13/15 Punkten (FF 9, MBü 13, MK 13, KR 12-13)
Surftipps zu Muse:
MicroSite “Will of the People”
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Abbildungen: Muse / Warner