(40:21; Vinyl, MC, CD, Digital; UNFD, 2022)
Muss man das Rad eines Genres neu erfinden oder reicht manchmal auch nur ein neuer Reifen oder eine regelmäßige Kontrolle des Luftdrucks? Genau das fragen wir uns bei so Urgesteinen wie den kanadischen Silverstein, die nun schon seit 22 Jahren im Geschäft sind. Im vorwiegend fleißigen Zweijahresrhythmus brüteten Silverstein ihre Alben aus. Und so erscheint ihr zehntes Langspielwerk, “Misery Made Me” pünktlich zwei Jahre nach “A Beautiful Place To Drown”. Überraschend ist zudem die enorme Präsenz der Band in den sozialen Netzwerken. Sie sind auf jeder erdenklichen Seite vertreten. Größtmögliche Nähe zu den Fans scheint hier das Ziel.
Der Post Hardcore der Kanadier balanciert zwischen Metalcore, heiterem Pop Punk und Emocore. In Bandnamen gesprochen, ist das eine Mischung aus Bring me the Horizon, Blink 182 und From First To Last. Und so variieren auch auf “Misery Made Me” die Anteile der genannten genrespezifischen Inhaltsstoffe.
Aber nun wollen wir uns mal die wohlschmeckenden Rosinen, aber gerne auch die weniger schönen, eingeschlichenen Reste der Eierschale aus dem neuen Kuchen von Silverstein herauspicken. So startet das Core-Quintett mit ‘Our Song’ gut gelaunt und mit Ohrwurm-infizierter Hook. Die stark hormongeschwängerten Punk-Riffs erinnern an die florierende Pop-Punk-Zeit der frühen 2000er. Die “American Pie”-Soundtracks lassen grüßen. Die Happiness ist geweckt, und es geht mit ‘Die Alone’ prompt härter weiter. Ein klassischer Hardcore-Rhythmus und der typische Metalcore-Spirit. Funktioniert auf Anhieb! Zu ‘Ultraviolet’ mag man kaum noch mehr zu schreiben. Schließlich wurde das Wort “Ohrwurm” in diesem Text schon verbraucht.
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Etwas übermotiviert und Radio-poppig klingt der folgende Mid-Tempo-Song ‘Cold Blood’, der dazu prädestiniert scheint, auf so manchen nervigen Pseudo-Rock-Radiosender rauf und runter gespielt zu werden. Das haben wir doch alles schon zur Genüge gehört, Jungs! Na Gott sei Dank ging Silverstein in der ersten Albumhälfte nicht schon die Puste aus. Mit ‘Altar/Many’ erzeugt die Band wieder deutlich mehr Wums. Hier wird ordentlich die Metalcore-Keule geschwungen und die starke stimmliche Ausdrucksweise wechselt sich mit dem sehr passenden Klargesang ab. Auch musikalisch gibt es hier etwas Abwechslung. Insofern auch der Höhepunkt des Albums für den tippenden Betreuer, der dementsprechend auch einen Platz auf dessen Playlist bekommen hat. Aber leider wird nicht endlich gut, was lange währt. Und so geht es mit ‘Slow Motion’ mit nahezu nervigen Mainstream-Pop-Core weiter. ‘Dont Wait Up’ folgt dem leider aufs Wort und so ist eigentlich nur noch das relativ kreative ‘Bankrupt’ hervorzuheben. Denn dieses gibt den ansonsten schwachen Songs der zweiten Albumhälfte noch mal etwas Kraft.
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Bleibt letztendlich nur zu sagen, dass man sich ruhig nur die Rosinen rauspicken und damit durchaus zufrieden sein kann. Wer Silverstein liebt, der wird auch “Misery Made Me” lieben, denn die Kanadier liefern ein weiteres ordentliches Post-Hardcore-Album ab, so wie die letzten 20 Jahre auch. Leider zielt dieses hier jedoch auf die Charts-Gängigkeit ab und weiß wenig musikalisch zu überraschen. Produktion und Handwerk sind zwar auf hohem Niveau, aber leider ist der Höreindruck ein leichtes Déjà-vu. Man hat einfach alles irgendwie schon mehrfach gehört. Ein paar neue Räder wären also doch gar nicht so schlecht…
Bewertung: 7/15 Punkten
Tracklist:
1. ‘Our Song’
2. ‘Die Alone’
3. ‘Ultraviolet’
4. ‘Cold Blood’
5. ‘It’s Over’
6. ‘The Altar/Mary’
7. ‘Slow Motion’
8. ‘Don’ Wait Up’
9. ‘Bankrupt’
10. ‘Live Like This’
11. ‘Misery’
Besetzung:
Shane Told (Gesang)
Paul Marc Rousseau (Gitarre)
Josh Bradford (Gitarre)
Bill Hamilton (Bass)
Paul Koehler (Schlagzeug)
Gastmusiker:
Andrew Neufeld (Comeback Kid)
Diskografie (Studioalben):
“When Broken Is Easily Fixed” (2003)
“Discovering the Waterfront” (2005)
“Arrivals & Departures” (2007)
“A Shipwreck in the Sand” (2009)
“Rescue” (2011)
“This is How the Wind Shifts” (2013)
“I Am Alive in Everything I Touch” (2015)
“Dead Reflection” (2017)
“A Beautiful Place to Drown” (2020)
“Misery Made Me” (2022)
Tourdaten:
03.06. 🇬🇧 Leeds, Slam Dunk Festival)
04.06. 🇬🇧 Hatfield, Slam Dunk Festival)
06.06. 🇫🇷 Lille, t.b.c w/ August Burns Red
07.06. 🇩🇪 Augsburg, Kantine
08.06. 🇭🇺 Budapest, Budapest Park w/ Billy Talent
09.06. 🇦🇹 Nickelsdorf, Nova Rock 2022
11.06. 🇩🇪 Bremen, Tower
12.06. 🇩🇰 Aarhus/Århus, Train w/ Beartooth, August Burns Red
14.06. 🇩🇪 Hannover, MusikZentrum w/ Beartooth
15.06. 🇩🇪 Hamburg, Gruenspan w/ Being As An Ocean, Sperling
17.06. 🇩🇪 Bischofsmais, Rock the Hill Festival
18.06. 🇩🇪 Mannheim, Delta Bash Festival
19.06. 🇨🇭 Pratteln, Z7, Wild Dayz Festival
21.06. 🇮🇹 Milano/Mailand, Infest
22.06. 🇦🇹 Graz, Orpheum w/ Beartooth
23.06. 🇩🇪 Nürnberg, Z-Bau w/ Beartooth
24.06. 🇳🇱 Ysselsteyn, Jera On Air
25.06. 🇩🇪 Münster, Vainstream Festival
26.06. 🇩🇪 Gräfenhainichen, Ferropolis – City Of Iron, Full Force Festival
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Abbildungen: Alle Abbildungen wurden uns freundlicherweise von Uncle M Music zur Verfügung gestellt.