(41:00, CD, Made in Germany Music, 1980/2022)
Es ist vermutlich ein komisches Gefühl, wenn man als Produzent an einem Album eines Künstlers arbeitet, bei dem man denkt, man hört gerade seine eigenen Kompositionen. So ähnlich dürfte es EM-Pionier Klaus Schulze ergangen sein, als er das 1980 erschienene Album „Cycles“ produzierte. Es handelte sich dabei um das Debütalbum des Musikers Wolfgang von Pappritz, der unter dem etwas leichter zu merkenden Namen Wolfgang Bock antrat. Und diesen Namen sollten Freunde der Berliner Schule und speziell der 70er Werke von Schulze definitiv auf dem Einkaufszettel haben.
Stichhaltiges Argument für diese Empfehlung ist gleich der titelgebende Auftaktsong, der die komplette erste LP-Seite der damaligen Veröffentlichung ausmachte. Berliner Schule in Reinkultur, vergleichbar mit den besten Werken seines Produzenten. Typische Sequenzen, feine Melodielinien, Mellotronchöre – stets spannend und von einem echten Schlagzeuger begleitet, in diesem Fall nämlich von Brad Howell. Der Track startet mit den zur damaligen Zeit typischen synthetischen Streichern, in die sich dann immer wieder Mellotron-Chöre mischen und das Ganze zu einem sphärischen Trip gestalten, in den nicht nur einfallsreiche Sequenzen gemischt werden, sondern schließlich auch der Schlagzeuger dafür sorgt, dass Fahrt aufgenommen wird. Verblüffend, wie selbstverständlich es der Protagonist auf seinem ersten Album schafft, bei solch einem Longtrack mit knapp 19 Minuten niemals langweilig zu werden.
Die zweite Seite, auf der Herk Hobb trommelt, besteht aus drei sehr kurzen Titeln, die stellenweise mit mächtigen, symphonischen Tastenklängen ein wenig an Vangelis erinnern. Das abschließende ‚Stop the World‘ bringt es auf knapp elf Minuten Spielzeit und rundet ein tolles Debüt-Album gebührend ab. Gegen Ende erinnert die düstere Kirchenorgel ein wenig an Devil Doll und mit dem fantastischen Mellotron-Chor und dem ausschleichenden Glockengeläut geht das Album stimmungsvoll zu Ende.
Der Bonustrack fällt deutlich aus dem Rahmen und passt nicht so recht zum Rest des Albums. Dieser Titel wurde 1981 komponiert und erschien ein Jahr später als EP unter dem Pseudonym Helicopter. Bock wird hier begleitet von Conrad Seltmann (Gesang), Hans Hardt (Gitarre) und einem alten Bekannten in der EM-Szene, nämlich Harald Großkopf am Schlagzeug, Gesang trifft es hier nicht so ganz, handelt es sich doch eher um gesprochenen Text. Die Gitarre kommt als neues Element hinzu, insgesamt entfernt man sich hier etwas von der Elektronischen Musik und lässt eher zeitgemäße Elemente einfließen, d.h. die „Düsseldorfer Schule“ (La Düsseldorf, Neu etc.). Kein Wunder also, dass dies damals unter einem anderen Namen geschah.
Das feine Artwork stammt aus der Feder des Schweizer Künstlers Urs Amann, der bereits Cover für diverse Schulze Alben wie „Blackdance“, „Timewind“ oder „Picture Music“ gestaltete, und rundet das feine Gesamtpaket ab. Sehr schön, dass dieser nicht unbedingt bekannte „Klassiker“ nun dank MiG wieder leicht zugänglich gemacht wird. Ein Fest für den Mellotron-Fan. Empfehlenswert!
Bewertung: 12/15 Punkten
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Abbildungen: MiG Music