Tranzat – Ouh La La

Abbildung: Tranzat

(54:19, CD/Digital, Klonosphere Records, 2022)
Vor gar nicht allzu langer Zeit – es war im Jahr 2015 – wurde in der bretonischen Hafenstadt Brest die Band Tranzat gegründet. Bereits im darauf folgenden Jahr erschien das in Eigenregie produzierte Debütalbum “Hellish Psychedelia” und im Jahr 2018 legten Tranzat direkt mit dem Nachfolgewerk “The Great Disaster” nach. Für Zweiteres erhielt die Band bereits Unterstützung von Black Desert Records. In den vergangenen sieben Jahren machte sich das Quartett vor allem auf den Bühnen seiner Heimat, der Bretagne, einen Namen und spielte mit internationalen Größen. Die Zeichen scheinen also sehr gut zu stehen, dass das dritte Album “Ouh La La” den wichtigen Schritt in Richtung Durchbruch bedeuten könnte.
Auf knapp einer Stunde Spielzeit präsentiert sich hier ein eingespieltes Team, bestehend aus den Gründungsmitgliedern Manuel Liégard (Gitarre und Gesang), Nicolas Galakhoff (Bass) und Thomas Coïc (Schlagzeug), sowie Benjamin Arbellot (Gitarre und Synths), der seit dem zweiten Album zum festen Line-Up gehört.

Abbildung: Tranzat

Das obige Video zum Lied ‘Lobster Beaujolais’ beweist eindeutig, dass Tranzat nicht nur ein Gespür für die Haute Cuisine, sondern auch einen ausgeprägten Sinn für Humor haben. Letzterer macht sich auch im Klangbild der neun Lieder bemerkbar. Manuel Liégard wechselt laute Shouts und Growls mit volltönendem Bariton und Tenor ab, wodurch künstlerischer Ernst, zerstörerische Wut und Dadaismus einander begegnen.
Auch in der Instrumentalbesetzung treffen Genie und Wahnsinn alle paar Takte aufeinander und winken sich freundlich zu. Besonders im Eröffnungsstück ‘Shall we dance?’ hat der Sound eine starke Note vom Alternative Metal der 1990er-Jahre im Stile von Alice in Chains oder Faith No More. Doch es dauert nicht lange, bis das bretonische Quartett auf “Ouh La La” zeigt, dass Facettenreichtum hier in äußerst großen Lettern geschrieben wird. Mächtige Gebilde aus Prog Metal bauen sich zu monumentalen Türmen auf, während sie von Groove und Melodie gespeist werden, bis sie dann in einem unerwartbaren Gewitter aus Math Metal und Noise zusammenbrechen. Noch im Sturz entsteht die nächste Struktur und zeigt, dass die Stärken von Tranzat gleichermaßen in Konstruktion und Dekonstruktion liegen.

Abbildung: Tranzat

Einer der großen Pluspunkte von “Ouh La La” ist auf jeden Fall das geschickte Spiel mit Erwartungshaltungen, das Tranzat hier mit ihren Hörer*innen veranstalten. Außerdem ist die unbändige Freude einfach ansteckend, die die vier Bandmitglieder beim Musizieren haben. Wenn in ‘Pillow Fight’ kurze Jazzlicks in einen brutalen Mathcore Break einleiten oder der atmosphärische Einstieg in ‘Lord Dranula’ sich in massivem Prog Metal entlädt, bleibt es schwierig, dabei stillzuhalten. Stellenweise mag man an ein uneheliches Kind von Nevermore und Totally Unicorn denken.

Es ist also für Abwechslung, für Unterhaltung, für progressive Strukturen und für Atmosphäre gesorgt. Und doch fehlt ein winziger Baustein, der “Ouh La La” zum fantastischen Ausnahmewerk gemacht hätte. So schwierig es ist, eben diesen Faktor in Worte zu fassen, so lässt es sich doch vielleicht darauf herunterbrechen, dass es trotz aller genannten positiven Aspekte ein wenig am Wiedererkennungswert fehlt. So gut jeder der neun Titel ins Ohr geht, so schnell ist er auch wieder entflogen. Somit lässt sich “Ouh La La” als ein äußerst kurzweiliges, unterhaltsames, lautes und intelligentes Album festhalten, dem es in letzter Instanz nur an der markanten Note fehlt.
Bewertung: 10/15 Punkten (RG 10, KR 11)

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