Gazpacho, Pure Reason Revolution, 11.04.22, Köln, Kantine

Kritik des reinen Pechs und die Entdeckung der Extrovertiertheit

Eigentlich war das ja gar kein normales Konzert, sondern die etwas ausgeuferte Geburtstagsparty für unseren allseits geschätzten flohfish. Und – mit kleinen, jeweils gut nachvollziehbaren Abstrichen – war es auch eine wirklich gelungene Feier.

Wenn auch keine überlaufene. Laut Aussagen des lokalen Veranstalters hatte sich der Vorverkauf auf für das Gebotene eh schon bescheidene bis bestürzende 200 belaufen. Erschienen waren davon aber nur 150 (von denen meinereiner gefühlt ein Drittel namentlich oder vom Sehen kannte). Und kaum Abendkasse. Großartig: Trotzdem blieb man in der Kantine, dem großen Saal des Hauses, und wich nicht auf den sehr viel kleineren Yard Club aus.

Pure Reason Revolution

Pure Reason Revolution, 11.04.22, Köln, Kantine
Die Briten Pure Reason Revolution haben einfach schweres Pech. Zehn Jahre nach dem die Vernunftskritik-Flinte ins Korn geworfen wurde rauft man sich wieder zusammen und veröffentlicht ein vielversprechendes Come-Back-Album (“Eupnea”, 2020). Es gibt wieder erste Auftritte (u.a. auf dem wunderbaren Midsummer Prog Festival). Dann erscheint am Horizont die Option auf diese ungewöhnliche, aber attraktive Kombination einer Double Headliner Tour gemeinsam mit Gazpacho. Doch da erweist sich plötzlich (?), dass ihre für den Band-Sound entscheidende Sängerin Chloë Alper andere Verpflichtungen eingegangen ist, die ihre Teilnahme an der Comeback-Tour verhindern… Zwar wurde mit Annicke Shireen (u.a. Shireen, Heilung, Live-Sängerin für Wardruna beim Roadburn ’15) ein so kompetenter wie attraktiver Ersatz gefunden. Aber ein Substitut bleibt die Lösung natürlich eben doch.

Pure Reason Revolution, 11.04.22, Köln, Kantine

Pure Reason Revolution, 11.04.22, Köln, Kantine

Pure Reason Revolution, 11.04.22, Köln, Kantine

Pure Reason Revolution, 11.04.22, Köln, Kantine

Pure Reason Revolution, 11.04.22, Köln, Kantine

Auch beim Konzert in Köln riss diese Pechsträhne leider nicht ganz ab. Der Auftritt begann mit … “Sorry, technical issues”. Und einer Generalpause. Als es schließlich mit ‘Silent Genesis’ losging, offenbarten sich merkwürdige Soundprobleme: Direkt vor der Bühne war alles prima, auf Höhe vom Soundboard matschte es erheblich. Verrückte Welt – das ist sonst ja eher umgekehrt. Außerdem war dieser sehr getragene Song möglicherweise nicht die ideale Wahl für den Einstieg.

Wie das heutzutage so üblich ist, weil es ja nichts kostet und auch keinerlei Konsequenzen drohen, ist Annickes gesangliches zur Hilfe Kommen auf den sog. “sozialen” Netzwerken teilweise mit ätzender Kritik kommentiert worden. Der Autor fand ihren Gesang an diesem Abend per se gut – und dass ihr Timbre und ihr Ausdruck – selbstverständlich – nicht klappsymmetrisch zu dem von Chloë sein kann, ist ihr ja wohl nicht vorzuwerfen.
Subjektiv erlebte Höhepunkte des mit zwei Gitarristen und ohne Bassist bestrittenen Gigs waren die alten Gänsepelle-Favoriten ‘The Bright Ambassadors Of Morning’ und natürlich das immergrüne ‘Bullitts Dominæ’.
Pure Reason Revolution, 11.04.22, Köln, Kantine

Pure Reason Revolution, 11.04.22, Köln, Kantine

Pure Reason Revolution, 11.04.22, Köln, Kantine

Pure Reason Revolution, 11.04.22, Köln, Kantine


Bewertung: 10/15 (FF 10, KR 10)

PS: “Above Cirrus”, das neue Album von PRR, erscheint am 06. Mai auf InsideOut Music.

Gazpacho

Gazpacho, 11.04.22, Köln, Kantine
Für diesen Auftritt kann der faule Autor erfreulicherweise im Wesentlichen auf Flohs Ausführungen in seiner Rezension der letzten Gazpacho-Veröffentlung verweisen:

Denn wer jüngst der gemeinsamen Tournee mit Pure Reason Revolution beiwohnte, der wird festgestellt haben, dass Gazpacho, v.a. wegen Robert Risberget Johansens verändertem Schlagzeugsound, so heavy und druckvoll klingen wie niemals zu vor. Und auch Sänger Jan-Henrik Ohme hat zumindest auf der Bühne endlich so etwas wie seine extrovertierte Ader in sich entdeckt.

Gazpacho, 11.04.22, Köln, Kantine
Während die zutiefst sympathische Band live ja – auch aus eigener Sicht – traditionell eher statisch agiert, wurde hier mal für ihre Verhältnisse entfesselt gerockt! Jan-Henrik hat andeutungsweise so etwas wie getanzt. Und um ein Haar wäre der so gern aus dem Unsichtbaren agierende Häuptling der Gazpachen, Thomas Andersen, im funzligen Bühnenlicht sogar ein wenig sichtbar geworden. Hell freezes over!

Gazpacho, 11.04.22, Köln, Kantine

Gazpacho, 11.04.22, Köln, Kantine

Gazpacho, 11.04.22, Köln, Kantine

Gazpacho, 11.04.22, Köln, Kantine

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‘Fireworker’war schon sehr atmosphärisch, beinahe magisch. Und beim Favoriten ‘Golem’ ging geradezu die Post ab.

Herz, was willste mehr? Na, ‘I’ve been Walking’ natürlich. Und ‘Tick Tock’ (es gab Part 3). Und ‘Winter is Never’. Innige Zugabe.
Habe die Norweger echt oft gesehen. Aber dies war ihr bislang intensivster erlebter Auftritt.
Gazpacho, 11.04.22, Köln, Kantine

Gazpacho, 11.04.22, Köln, Kantine

Gazpacho, 11.04.22, Köln, Kantine
Bewertung: 13/15 (FF 13, KR 13)

Fotos: Inga Fischer Photography

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Rezension: “Fireworking At St.Croix” (2022)
Konzertbericht: 25.10.20, St. Croix, Oslo (NO) – Fireworking at St. Croix (Live Stream)
Rezension: “Fireworker” (2020)
Festivalbericht: VIII. Prog Dreams Festival, 21.09.2019, Zoetermeer (NL), De Boerderij
Konzertbericht: 01.06.18, Köln, Kantine
Rezension: “Soyuz” (2018)
Festivalbericht: Midsummer Prog 2017, 24.06.17, Valkenburg aan de Geul (NL), Openluchttheater
Festivalbericht: iO Pages Festival 2016, 12.11.16, Ulft (NL), Dru Cultuurfabriek
Interview: Dezember 2015
Fotostrecke: 28.10.15, Essen, Zeche Carl
Interview: Thomas Andersen, Gazpacho, zu “Night Of The Demon”

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Rezension “Eupnea” (2020)
Rezension: “Hammer and Anvil” (2010)
Rezension: “Armor Vincit Omnia” (2009)
Rezension: “Live at Nearfest” (2007)
Rezension: “The Dark Third” (2007)