(34:41, 34:03 ; Vinyl, CD, Digital; Apollon Records, 2022)
Wenn man mit seinem Musikgeschmack breit aufgestellt ist und sich partout nicht entscheiden kann, in welchem Genre man sich musikalisch austoben will, dann packt man einfach alles in einen Sack und macht das Beste draus. Dazu gesellt sich noch ein Bandname bei dem garantiert jeder beim ersten Mal zweimal lesen muss.
Ungefähr so könnte es sich bei den Norwegern von The Tronosonic Experience abgespielt haben. Die Jungs lassen ihr zweites Werk “The Shadow” gleich in zwei Parts erscheinen. Am 11. März erschien “Vol.1” und am 25. März nun der zweite Part “Vol.2”.
Das Quartett, bestehend aus Saxofon, Gitarre, Keyboard, Bass und Schlagzeug, betitelt sich selber als Punk-Jazz-Band, wobei das “Punk” hier wohl eher im Sinne von Nonkonformität gegenüber Genregrenzen steht als für einen erkennbaren musikalischen Stil. Denn die Skandinavier passen sich erfreulicherweise an keinen festen Stil an, so packen sie Jazz, Fusion, Prog Rock, Psych Rock, Stoner Rock, Avantgarde und eine Prise Post Rock auf ihr Album. Mal gemischt, mal im Kontrast zueinander.
Vorzüglich könnte man es vor allem nennen, wie The Tronosonic Experience hier improvisierten Jazz in einer luftig leichten Eingängigkeit präsentieren und das ganze ins progressiv rockigen Gewand setzten. Das Zusammenspiel von Jazz und Prog ist natürlich keineswegs neu, so wird man auch hier erst mal direkt zu den Anfängen von King Crimson oder zu den Canterbury-Rockern von Soft Machine katapultiert. Die Rhythmusgruppe, bestehend aus Bass und Drums, spielt einerseits herkömmliche, solide Rockbeats und lässt der Gitarre und der Trompete freie Bühne für die Improvisation, andererseits können sie auch ordentlich mitmischen. Wie im Falle vom zweiteiligen Opener ‘The Sheik’, wo sie zeigen wie man zehn Minuten Vollgas ganz im Sinne von Modern Jazz gibt.
Die Synapsen lassen einen schon zu Beginn sofort an Frank Zappas Jazz-Phase denken. Vor allem an “Hot Rats“, denn die antreibende Heiterkeit dieses Meisterwerks lässt sich auch hier leicht vernehmen. Weitere Einflüsse dürften zudem mit ziemlicher Sicherheit Miles Davis’ zweiter Frühling sein. Seine Free-Jazz Phase um das Album “Bitches Brew” und das an Progressive Rock anbandelnde “In A Silent Way” sind ebenso spürbar, wie die Spielweise des Saxofonisten, der scheinbar stark von John Coltrane beeinflusst wurde (“Olé“, “Ascension“).
Neben den genannten Genres schwimmen aber auch noch weitere Musikrichtungen im Kochtopf der Band, so finden sich zwischen den jazz-rockigen Ausbrüchen immer mal wieder langsam aufbauende, minimalistische Momente, die gerne dem Ambient, Avantgarde oder sogar dem Post-Rock zugeschrieben werden könnten (‘Totrak’, ‘Supernova’, ‘Dune’). So beenden The Tronosonic Expierience “The Shadow Vol.1” mit dem atmosphärischen, entspannenden Avantgarde-Song ‘Undertow’ und starten “The Shadow Vol.2” als Übergang mit demselben Titel.
Auf dem zweiten Teil von “The Shadow” wandelt sich die Band dann stilistisch, verliert die Happiness, die noch auf dem ersten Teil vorherrschte und bekommt einen starken Stoner- und Psych-Rock Charakter. So haben mit ‘The Shadow of the New Praetorian’ und ‘Beehive’ zwei weitere Longracks in der Titelliste Platz gefunden und liegen musikalisch im Bereich von King Buffalo und The Spacelords. Ersterer von den zwei Songs hat eine verdammt gute, dominante Bass-Line, die weit im Vordergrund steht und den Song breitschultrig durch seine dreizehn Minuten trägt. Die restlichen Tracks auf “The Shadow Vol.2” sind melancholisch entspannte Slow-Temponummern, wie das hervorragend beruhigende ‘Chiaroscuro’.
Durch den Wechsel zwischen den verschiedenen Genres wirkt “The Shadow” im gesamten wie ein farbenfrohes Spektakulum. Jedes Instrument bekommt mal seinen Moment, indem es den Ton angibt. Die Abwechslung zwischen Retrospektive und modernen Klängen, die im Avantgarde, Psych und Stoner Rock beheimatet sind, ist interessant und macht wirklich großen Spaß. Über allem schwebt dann noch der progressive Charme. Durch diese Wandelbarkeit bleiben letztendlich auch Eintönigkeit und Längen fast gänzlich aus.
The Tronosonic Experience bringen mit “The Shadow Vol.1” und “The Shadow Vol.2” proggige Rock Beats, abgedrehte Jazz Improvisationen und entspannte Chill Out-Klänge wunderbar harmonisch zusammen.
Bewertung: 12/15 Punkten
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Tracklist:
The Shadow Vol.1:
1. ‘Sheik Part.1
2. ‘Sheik Part.2
3. ‘The Last Stand’
4. ‘The Sunwatcher’
5. ‘Golden Comet’
6. ‘Totak’
7. ‘Undertow’
The Shadow Vol.2:
1. ‘Undertow (Slight Return)’
2. ‘The Shadow of the New Praetorian’
3. ‘Supernova’
4. ‘Beehive’
5. ‘Chiaroscuro’
6. ‘Dunes’
Besetzung:
Ole Jørgen Bardal (Saxofon)
Øyvind Nypan (Gitarre und Keyboards)
Per Harald Ottesen (Bass)
Jan Inge Nilsen (Schlagzeug)
Diskografie (Studioalben):
The Tronosonic Experience (2017)
II: The Big Blow (2019)
The Shadow Vol1.+Vol.2 (2022)
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Abbildungen: Alle Abbildungen wurden uns freundlicherweise von Apollon Records zur Verfügung gestellt.