gong wah – a second

Abbildung: Thorsten Dohle

(38:13, Vinyl/CD/Digital, Tonzonen/Soulfood, 2022)
Ende 2020 überzeugten gong wah aus dem sonnigen Köln am Rhein mit ihrem selbstbetitelten Debütalbum. Keine eineinhalb Jahre später setzt das Fuzzwave-Quintett seine musikalische Reise fort und präsentiert Album Nummer zwei mit dem Titel “a second”. Die erste Freude bereitet die Vinyl-Version bereits in der Haptik: Auf der Vorderseite hat das Cover ein rundes Loch, genau dort wo im Artwork von Gitarrist Thorsten Dohle Iris und Pupille des abgebildeten Auges wären. Im zugeklappten Zustand werden diese Teile des Auges durch ein schwarzes Loch und umliegende Sterne von der Fotografie von André Kempff auf dem Inlay komplettiert. Klappt man die Hülle auf, erstreckt sich ein faszinierender Nachthimmel vor den Betrachtenden. Das geschlossene Auge, das auf der Rückseite zu sehen ist, bildet mit der Vorderseite zusammen eine obere Gesichtspartie. Alleine der nicht-musikalische Teil dieser Veröffentlichung bringt also schon viel Freude mit sich.

Abbildung: Tonzonen Records

Die erste Single vom Album war der Titel ‘this life’, der Anfang März präsentiert wurde. Nicht nur aufgrund der Refrainzeile “this life could be so much better” ist dies das bisher melancholischste Stück der Kölner Band. Eine Tendenz zu bittersüßer und samtweich dunkler Schwere ist auf “a second” generell zu spüren, obgleich gong wah in Sachen Stimmung, Atmosphäre und Tempo wieder für viel Abwechslung gesorgt haben. So gibt es im eröffnenden Titel ‘heartache jean’ gefühlsbetonten aber Noise-geladenen Indie Rock, der an die Cranberries erinnern mag. Während ‘the well’ dann vor allem das Tanzbein anspricht, bewegen sich gong wah bei ‘consolation’ gemäß des Schallplatten-Inlays in Richtung Space Rock. Diese Stimmung setzt sich in ‘baby, you won’t come along’ fort, welches von Gänsehaut bringenden Chören unterstützt wird.

a second by gong wah

Abbildung: Thorsten Dohle

Kurz vor Ende der A-Seite fügt sich dem dominanten Fuzz-Sound im Titel ‘paint my soul’ ein mächtiger Phaser bei. Hieraus entwickelt sich eine tief emotionale Indie-Rock-Hymne über eine Person, die ihre Unsicherheiten und Ängste hinter Schmuck und Make-Up zu verstecken sucht. Mit seinem berührenden Inhalt und seinem großartigen Aufbau stellt der Titel den ersten Höhepunkt der Platte dar. Auf der zweiten Seite wird dann mit ‘one fine day’ das Space Rock Thema wieder aufgegriffen, das sich konsequent in die Höhe schraubt und an der Klimax seiner Spannung in den dynamischen Titel ‘the violet room’ mündet. In dieser intergalaktischen Odyssee mit Hochgeschwindigkeit markieren gong wah den zweiten Höhepunkt des Albums, bevor ‘this life’ in seiner emotionalen Schwere auf den Boden der Tatsachen zurück kehrt. Die abschließende Ballade ‘a head is not a home’ bewegt sich zwischen samtenem Indie Pop und Soul mit gelegentlichen Ausflügen in Richtung Noise und lässt damit die abwechslungsreiche Stimmung des Albums geschickt ausklingen.

Mit ihrem zweiten Album “a second” präsentieren gong wah ein musikalisches Wechselbad der Gefühle. Bewegte Heiterkeit, hoffnungsvolle Griffe nach den Sternen und das Abrutschen in tief melancholische oder gar depressive Phasen können nur wenige Takte voneinander entfernt sein. Das macht “a second” zu einem empathischen, spannenden und mitreißenden Album. Gelegentliche Längen stören nicht im Gesamtbild dieser in sich kohärenten Veröffentlichung.
Bewertung: 12/15 Punkten (RG 12, KR 11)

Surftipps zu gong wah:
Facebook
Instagram
Bandcamp
YouTube
Spotify
Rezension zu “gong wah” (2020)