(47:59, CD/LP/Digital, Century Media/Sony Music, 2022)
Voivod sind definitiv in ihrem zweiten Frühling angekommen. Zwar haben die Kanadier in den letzten zehn Jahren gerade mal drei Studioalben veröffentlicht, die waren aber allesamt das Warten wert. Schon das letzte Album “The Wake” (2018) musste den Vergleich mit dem Material von “Killing Technology” (1987) bis “The Outer Limits” (1993) nicht scheuen, mit dem aktuellen Album “Synchro Anarchy” legen die Kanadier aber qualitativ noch einmal eine gute Schippe drauf.
Das hat vor allem mit zwei Dingen zu tun – zum Einen legt die Band bei “Synchro Anarchy” sehr viel Wert auf die Gesangsmelodien. Und das führt zu “Snake” Denis Bélangers bester Gesangsleistung seit dem erwähnten “The Outer Limits”. In einigen Songs (‘Mind Clock’) kommen sogar Erinnerungen an die schrägeren Performances von David Bowie (beispielsweise “Baal”) oder Peter Hammill auf, wenn auch Snakes punkige Schnoddrigkeit gottlob immer spürbar bleibt. Ein ebenfalls sehr angenehmer Nebeneffekt der überraschend abwechslungsreichen Gesangsperformance ist die für Voivod-Verhältnisse recht hohe Eingängigkeit des Materials. Wo auf den Vorgängern gelegentlich noch gewisse Stoner-Rock-Elemente zu hören war, ist die Grundausrichtung diesmal ganz klar im melodisch-progressiven Bereich zu verorten, und das steht der Band einfach insgesamt am Besten zu Gesicht.
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Das zweite Merkmal, das “Synchro Anarchy” deutlich hervorhebt, ist die diesmal weit eigenständigere Gitarrenarbeit von Dan Mongrain. Die klingt natürlich immer noch fraglos hundertprozentig nach Voivod, allerdings nicht mehr unbedingt nach Piggy. Natürlich, der grundsätzliche Stil der beiden ist nach wie vor sehr ähnlich. Ware er das nicht, klänge es auch einfach nicht mehr nach Voivod. 2022 kommen aber einerseits auch wieder ein paar überraschend traditionelle Metal- und gar Thrash-Riffs zum Einsatz, gleichermaßen gibt’s aber auch Erinnerungen an die “The Power To Believe”-Ära von King Crimson oder die frühen PIL – und sogar ein paar reinrassige Fusion-Licks im Stil des jungen Allan Holdsworth. “Chewie” geht mehr als je zuvor seinen eigenen Weg, der wohl die Historie der Band honoriert, aber ohne Frage mittlerweile komplett auf eigenen Füßen steht.
Auch stilistisch entwickeln sich Voivod immer noch weiter, auch wenn man diverse Stilmittel aus der Vergangenheit wieder aufleben lässt. Den Metalhead wird beispielsweise freuen, dass wieder mehr aufs Gaspedal getreten wird und es in einer ganzen Menge Songs richtige Double-Bass-Passagen gibt. Der Prog-Fan freut sich über die vielen jazzrockigen Grooves sowie die nicht-linearen Songstrukturen. Der Alternative-Rocker hingegen geht steil ob der großartigen Gesangslinien. Dem Verzicht auf die Stoner-Rock-Elemente stellt die Band auch eine dazu passend klare, lineare und homogene Produktion zur Seite. Diese Durchsichtigkeit beschert “Synchro Anarchy” einen Hammer-Basssound, der ebenfalls erfreulich viele Erinnerungen an die klassische Phase der Band hervorruft. Das Ganze geht erfeulicherweise dennoch nicht auf Kosten der Spacigkeit – Voivod schweben immer noch in komplett anderen Sphären als wir Sterblichen, Dave Brock eventuell ausgenommen.
Kurz und knackig: viel besser als auf “Synchro Anarchy” kann man den Spagat zwischen dem Erhalten der klassischen Elemente und einer deutlichen Weiterentwicklung eientlich gar nicht mehr zelebrieren. Dass die Band dabei auch noch ihr bestes Album seit “The Outer Limits” abgeliefert hat, sei nur noch der Vollständigkeit erwähnt. Voivod sind 2022 erfreulicherweise wieder genauso relevant wie 1990 – leider wird’s wohl erneut wieder niemand mitkommen. Aber, Durchhalten, Jungs: selbst King Crimson haben erst in den letzten Jahren endlich die ihnen zustehende Anerkennung erhalten. Vielleicht holt die Menschheit ja irgendwann mal zu Euch auf…
Bewertung: 13/15 Punkten (FF 12, SG 13, MK 12, KR 12)
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