(48:09; Vinyl (2LP), CD, Digital; MNRK heavy, 2022)
Rolo Tomassi veröffentlichen mit “Where Myth Becomes Memory”, nach “Grievances” (2015) und mit “Time Will Die And Love Will Bury It” (2018), den dritten Teil einer unbeabsichtigten Trilogie von Studioalben. Dabei folgt der Fünfer aus Sheffield ein weiteres Mal der Vison, die wildesten und ungestümsten Stile nicht einfach nur kontrastreich auf feinfühlige Eleganz und Grazie prallen zu lassen, sondern schier unvereinbare Klänge in harmonische Eintracht zu bringen. Rolo Tomassi strotzen dabei ein weiteres Mal vor Kreativität und erzeugen einen vielschichtigen Klangkosmos zwischen Dream Pop, Shoegaze und Post Rock auf der einen sowie Black Metal, Post Hardcore und Mathcore auf der anderen Seite. Doch ganz so einfach ist es eigentlich gar nicht. Denn zwei wirklich unterschiedliche Seiten sind auf “Time Will Die And Love Will Bury It” nicht vorhanden. So gestalten sich die Übergänge zwischen den verschiedenen Stilen nur selten scharf und klar definiert, sondern verschwimmen in den allermeisten Fällen.
Dies zeigt sich bereits bei ‘Almost Always’, dem Auftaktstück der Aufnahme. Einer luftigen Shoegaze-Nummer mit deftigen Drones, über welchen engelsgleich die Stimme von Eva Korman schwebt und die im Mittelteil von einer verträumten Piano-Melodie mit Pop-Appeal dominiert wird. Bis das Stück, in seinem letzten Drittel, in bester Post-Rock-Manier, immer weiter anschwillt, um dann zu explodieren… Nein, genau zu jenem Zeitpunkt, als man eigentlich mit dem Einsatz von Black-Metal-Gekeife rechnet, setzen plötzlich wieder Piano und Kormans leichtfüßiger Klargesang ein, so dass sich ein ähnliches Gefühl einstellt, wie nach dem Hören von Deafheavens letztjährigen “Infinite Granite”. Es ist ein Effekt, der sich an vielen Stellen des Albums wiederholt, denn Rolo Tomassi spielen mit den Erwartungen ihrer Hörer. So gibt es auf “Where Myth Becomes Memory” nämlich auch immer wieder den umgekehrten Effekt zu beobachten. Nämlich, dass Black-Metal-Vocals auch dann noch anhalten, wenn die brachialen Momente vorbei sind, und die Band sich musikalisch eigentlich schon wieder beruhigt hat.
Ein Album also, dass nicht einfach von seinem Licht-Und-Schatten-Spiel lebt, sondern von seinen konstruktiven und destruktiven Interferenzen. Doch Rolo Tomassi überzeugen nicht nur durch diese Überlagerung von Intimität und Brutalität, sie überraschen vor allem auch stilistisch immer wieder. So schlägt bereits das zweite Stück der Platte eine ganz andere Richtung ein als der Opener, denn das fett groovende “Cloaked” bewegt sich mit seinen Djent-Riffs und Electronics sowie dem Wechselspiel zwischen Zuckerbrot und Peitsche auf Territorium, das eigentlich TesseracT beanspruchen.
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Die größte Überraschung jedoch stellt die Ballade ‘Closer’ dar, da Rolo Tomassi dem Mainstream hier näher stehen als jemals zuvor in ihrer 17-jährigen Bandgeschichte. Die Piano-Ballade lebt dabei vom Wechselspiel der Stimmen von Eva Korman und ihrem Bruder James Spence. Und das hätte so auch von Coldplay stammen können, wenn die sich – nach ihren ersten Alben – nicht von der dunklen Seite der Macht hätten verleiten lassen.
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Doch wirklich überragend wird es bei den Engländern noch immer erst dann, wenn sie, wie bei der Single ‘Drip’ oder dem Hardcore-lastigen ‘To Resist Forgetting’, mit der ganzen Bandbreite ihrer Klangfarben und Härtegrade spielen und hierdurch ein Wechselbad der Gefühle auslösen. Denn tief in ihrem Inneren sind Rolo Tomassi noch immer eine Mathcore-Band mit einem Sinn für tiefe Emotionen. Beides miteinander zu verbinden steht ihnen daher noch immer am besten.
Bewertung: 12/15 Punkte (FF 12, MK 12, KR 12, MBü 12)
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Tracklist:
1. ‘Almost Always’ (6:30)
2. ‘Cloaked’ (3:54)
3. ‘Mutual Ruin’ (5:14)
4. ‘Labyrinthine’ (3:26)
5. ‘Closer’ (5:15)
6. ‘Drip’ (5:50)
7. ‘Prescience’ (4:54)
8. ‘Stumbling’ (2:50)
9. ‘To Resist Forgetting’ (4:04)
10. ‘The End of Eternity’ (6:12)
Besetzung:
Eva Korman (vocals)
James Spence (keyboards, piano, vocals)
Chris Cayford (guitars)
Nathan Fairweather (bass)
Al Potts (drums)
Diskografie (Studioalben):
‘Hysterics’ (2008)
‘Cosmology’ (2010)
‘Astraea’ (2012)
‘Grievances’ (2015)
‘Time Will Die and Love Will Bury It’ (2018)
‘Where Myth Becomes Memory’ (2022)
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