(42:45; CD, Digital; Eigenveröffentlichung/Uncle M Music, 2021)
Ein Album einem übergeordneten Konzept zu unterstellen, ist eines der Mittel, die besonders typisch für den Progressive Rock ist. Viel seltener dagegen kommen Konzeptalben in anderen musikalischen Genres vor. Ein solches Format bei einer Gruppe vorzufinden, die sich dem Metalcore und Post Hardcore verschrieben hat, ist da schon besonders außergewöhnlich. Und so stechen die Würzburger Devil May Care schon alleine durch ihren konzeptuellen Ansatz aus der Masse der vielen angesagten Core-Bands heraus. Dante Alighieris “Inferno”, den ersten Teil der Göttlichen Komödie, dabei als Thema zu wählen, ist dabei nichts neues. Diesen Stoff jedoch mit Themen des aktuellen Zeitgeschehens zu verbinden, macht die Angelegenheit schon interessanter. So beschäftigt sich das fränkische Quartett auf seinem dritten Studioalbum “Divine Tragedy” mit verschiedenen Akten der menschlichen Selbstzerstörung. Der Zyklus von elf Stücken orientiert sich dabei an dem großen Vorbild aus dem 14. Jahrhundert und zeichnet den Abstieg der Menschheit in die Hölle nach (Oder vor?). Behandelt werden dabei die immer unerträglicher werdenden Themen unserer Zeit, wie Klimawandel, Umweltzerstörung, Corona-Pandemie oder auch die wieder ansteigende Anzahl der Drogen-Toten.
Im Zentrum steht dabei die traurige Tatsache, dass die Menschheit nur selten aus ihren eigenen Fehlern lernt.
Sänger Tim Heberlein dazu:
Wir neigen dazu, die selben Fehler immer und immer wieder zu machen. Ob es um eine toxische Liebe geht, von der man nicht wegkommt oder ob wir nach fremden Sternen greifen, die wir auf die gleiche Weise wieder befallen und zerstören wie unsere Heimat. Alles wiederholt sich.
Was textlich und thematisch als starke Einheit durchgeht, gibt auch klanglich ein kohärentes Bild ab. Trotzdem ist “Divine Tragedy” weit davon entfernt, als klassisches Konzeptalbum durchgehen zu können. Zu unabhängig sind die einzelnen Stücke voneinander. Diese werden nämlich weder durch musikalische Übergänge miteinander verbunden, noch greifen Devil May Care im Laufe des Albums irgendwelche Melodien wieder auf, um einen größeren Bogen zu spannen.
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Gleichwohl ist “Divine Tragedy” alles andere als eine Enttäuschung, sondern solide Handwerkskunst, die den Vergleich mit internationalem Szene-Größen nicht zu scheuen braucht. Die Hooklines sitzen und die melodischen Refrains laden zum Mitsingen ein. Zwischendurch gibt es immer wieder tüchtig auf die Zwölf und die kontrastreichen Shouts gehen durch Mark und Gebein. Durch geschickte Verwebung dieser Stilelemente, überzeugt ein Großteil der elf Stücke durch eine enorme Dynamik, die vor allem in den unterschiedlichen Gestaltungen von Strophe und Chorus zum Vorschein kommt. Eine Dynamik, die den emotionalen Tiefgang der Stücke verstärkt und deren ernsthafte Thematiken unterstreicht. Besonders deutlich wird dies bereits beim Auftaktstück ‘Outcry’, einem wahren musikalischen Weckruf zum Thema Umweltzerstörung und nebenbei auch einem Lied mit Ohrwurmcharakter. Ein Label, das man auch ‘Painter’ nicht aberkennen kann, denn die Kooperation mit Rising-Insane-Frontmann Aaron Steinecker vereint brachiale Shouts und eingängige Melodien zu einem Stück mit Hit-Potential für die Metalcore-Gemeinde.
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Es ist nicht die einzige Zusammenarbeit mit Künstlern anderer Bands. Insgesamt vier der elf Stücke warten mit Gastbeiträgen befreundeter Künstler auf, darunter Musiker der Hunsrücker Formation Sperling, Venues aus der baden-württembergischen Hauptstadt und der kanadischen Band Like Pacific. Der Auftritt von Sperlings Johannes Gauch hinterlässt dabei den bleibensten Eindruck, denn sein kontrastreicher Sprechgesang verleiht dem Stück ‘Delirium’ eine Extra-Portion Tiefgang. Insbesondere deswegen, da dieser teilweise in deutscher Sprache vorgetragen wird. Da macht es auch gar nichts aus, dass dieser Track in erhöhtem Maße an Bring Me The Horizon erinnert.
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Auch weitere Stücke können Parallelen zu anderen Bands nicht von der Hand weisen. So vereint ‘Revelation’ beispielsweise Bullet-For-My-Valentine-Vibes mit einer Hookline, die an Chaosbays Konzeptwerk “Asylum” erinnert. Beim Vollgas-Kracher “Into The Abyss” schwingen dagegen immer wieder ältere Architects mit.
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Will heißen, dass Devil May Care, trotz großem Abwechslungsreichtum, nicht wirklich neue Akzente in Sachen Post Harcore und Metalcore setzen können. Doch gleichen sie dieses Defizit vor allem durch Authentizität und Begeisterungsfähigkeit aus. Denn “Divine Tragedy’ ist ein mitreißendes Album. Ein Werk, dem man förmlich anhört, dass seine Themen eine Herzensangelegenheit der Musiker sind.
Bewertung: 10/15 Punkte (FF 10, KR 10)
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Tracklist:
1. ‘Outcry’ (3:11
2. ‘Painter’ (feat. Rising Insane) (3:13
3. ‘Into The Abyss’ (2:52)
4. ‘Revelation’ (2:55)
5. ‘Delirium’ (feat. Sperling) (3:33)
6. ‘New Old Life’ (3:30)
7. ‘Tragedy’ (feat. Venues) (3:20)
8. ‘Veil Of Conspiracy’ (3:23)
9. ‘Calm Waters’ (3:07)
10. ‘Dayblind’ (feat. Like Pacific) (3:17)
11. ‘Dead In The Water’ (3:33)
Bonus Tracks:
12. ‘Prisoner’ (3:00) (only digital)
13. ‘Shutdown’ (3:46) (only digital)
Besetzung:
Tim Heberlein (Vocals, Guitars)
Lukas Esslinger (Guitars)
Moritz Hillenbrand (Bass)
Joachim Lindner (Drums)
Gastmusiker:
Aaron Steinecker (Track 2)
Johannes Gauch (Track 5)
Lela Gruber (Track 7)
Robin Baumann (Track 7)
Jordan Black (Track 10)
Diskografie (Studioalben):
“Echoes” (2019)
“Calm Waters” (2020)
“Divine Tragedy” (2021)
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