(47:39/53:37, 2-CD&DVD, Digital, TigerMoth Records/Just For Kicks, 2021)
Mit “Sanctuary III”, dem Cyan-Revival und vor allem dem eher elektronisch ausgerichteten “Cursus 123 340” schien es, als ob Robert Reed sich ein wenig von dem Image als “zweitbester Oldfield der Welt” entfernen wolle. Für all die, die diese Entwicklung eher kritisch sahen, gibt es mit “The Ringmaster – Part One” nun Entwarnung: hier regiert komplett wieder Meister Michael, ohne Ablenkung.
“The Ringmaster” präsentiert stilistisch gesehen erneut eine Mixtur aus den ersten vier Oldfield-Alben mit ein paar Grüßen in Richtung des folkigen “Voyager”. Die unumgänglichen “Ommadawn”-Gesänge der Synergy Vocals, Troy Donockley, Les Penning und seine Kinderlied-Flöten aller Art sind auch wieder am Start, und ja, “The Ringmaster” versteht sich als Konzeptalbum mit dem Schwerpunkt auf Kindlichem, weshalb man sich diesmal auf eine Extraportion Cheese einstellen muss. Nun muss das ja alles gar nichts Negatives sein: besagte Cheesiness kommt eben mit dem Terrain, auf dem Reed sich bewegt. Die komplette Begeisterung für’s Gehörte will sich aber diesmal irgendwie nicht so richtig einstellen. Vieles hinterlässt diesmal nämlich ein kräftiges Deja-Vu-Feeling, und das trübt dann bisweilen den Hörgenuß doch ein wenig. Vor allem, weil sich Reed eben diesmal nicht nur stilistisch bei Oldfield bedient: ‘The Defeated Army’ beispielsweise kupfert bei ‘Jungle Gardenia’ die Gitarrenlinie und bei ‘The Spectral Army’ das Arrangement ab. Das wird auch durch den wissenden Titel des Songs nicht besser. ‘Storytown’ besteht aus Elementen von ‘Taurus II’ und ‘The Wind Chimes Part II’ – und so zieht sich das Problem durch’s ganze Album. Mal glaubt man ‘Supernova’ zu hören, mal ‘Women Of Ireland’, mal ‘Mont St. Michel’ – natürlich bleiben Ähnlichkeiten nicht aus, wenn man sich derart nah am Stil des Originals bewegt, diesmal klingt aber zuviel nach bewusstem Abkupfern. Eher Airbourne als Krokus, sozusagen.
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Reed gibt ja gerne zu Protokoll, Oldfield nicht kopieren zu wollen, sondern dessen Stil einfach als Genre zu betrachten. Inwieweit das bisher zutraf, ist sicher Subjekt vieler unterhaltsamer Diskussionen, doch mit “The Ringmaster – Part One” schießt der Magenta-Boss doch etwas übers Ziel hinaus. Natürlich läßt sich Reed quantitativ nicht lumpen, auf einer Bonus-CD gibt’s wieder den Tom-Newman-Mix des Albums und zwei Extratracks – ‘Glamarocko’ (wie damals ‘Punkadiddle’, nur mit Glamrock und ‘Amarok’ im Titel, get it?) und ‘Glencoe’, das erneut kräftig an die ‘Taurus’-Trilogie angelehnt ist. Dazu kommt ein Surround-Mix in Dolby Digital und DTS auf DVD, zusätzlich noch Interviews und Musikvideos.
Da vom Original wohl so bald nichts mehr zu erwarten ist, wird auch “The Ringmaster – Part One” problemlos seine Fans finden – und viele eher nostalgisch ausgerichtete Hörer wird auch das Recyceln weniger stören als den nörgeligen Rezensenten. Und natürlich ist das Album auch objektiv (ja, ja, ich weiß…) betrachtet wirklich kein Rohrkrepierer – deshalb auch dennoch die entsprechende Benotung. Sein Potenzial schöpft Reed aber mit diesem Album nicht einmal ansatzweise aus. Es scheint, als habe sich das ganze Oldfield-Konzept einfach ein wenig abgenutzt – es wird schon einen Grund geben, warum das Original sich nach den ersten vier Alben in deutlich anderen musikalischen Gefilden umgeschaut hat. Vielleicht sollte sich Reed aber auch ein paar Jahre wieder darauf konzentrieren, mit Cyan und Magenta einfach nur er selbst zu sein? Denn bei besagten Bands/Projekten liefert er nach wie vor all die großen musikalischen Momente, die uns “The Ringmaster – Part One” diesmal enttäuschend oft schuldig bleibt. Eventuell hat er sich aber auch die echten Highlights für den bald erscheinenden zweiten Teil aufgespart?
Bewertung: 10/15 Punkte (WE 11, SG 10)
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