Deeper Graves – The Colossal Sleep

Deeper Graves – The Colossal Sleep (Disorder Recordings, 28.01.22)
Credit: Awo Prosatega

(35:06; CD, Digital; Disorder Recordings, 2022)
“The Colossal Sleep” ist, nach “The Rain Will Cleanse” und “Brahmastra”, mittlerweile die dritte Platte unter Mitwirkung Jeff Wilsons, die binnen eines Jahres auf BetreutesProggen.de besprochen wird. Das Album firmiert dabei, genau wie das 2020er Werk “Open Roads”, unter dem Banner Deeper Graves, da es sich hierbei weder um einen Output seiner aktuellen Stammformation Chrome Waves, noch um eine Veröffentlichung seines Seitenprojektes Altars Of The Moon handelt, sondern um eine (fast) lupenreine Solo-Aufnahme. Denn bis auf wenige Ausnahmen wurde das Album in kompletter Eigenregie eingespielt, aufgenommen und weiterbearbeitet. So lagen nicht nur sämtliche Instrumente in Wilsons Verantwortung, auch das Engineering, die Abmischung und das Mastering lagen in den Händen des Künstlers. Einzig und alleine Heath Raves, seines Zeichens Frontmann von Lotus Thrones, tritt in den Credits als weiter Name auf, da dieser sich für zwei gesangliche Gastbeiträge verantwortlich zeigt. Es ist auch keinesfalls die erste Zusammenarbeit der beiden, da beide Mitglieder bei Altars Of The Moon sind.

Dass Wilsons Solo-Projekt eine andere musikalische Ausrichtung hat als seine übrigen Bands ist dabei fast schon selbsredend. So übernimmt “The Colossal Sleep” von Chroma Waves die starke Shoegaze-Ausrichtung und paart diese mit den finsteren Gothic-Klängen von Altars Of The Moon, so dass am Ende ein Album steht, dass klanglich auch in die späten 80er bzw. frühen 90er Jahre gepasst hätte. Denn auch Post Punk- und Alternative-Sounds sind an Depper Graves nicht vorüber gegangen. Es ist eine musikalische Mischung, die sich auf dem Bildschirm spannender liest als sie letztendlich klingt. Größter Pluspunkt des Albums sind die düsteren, fast schwelgerischen Synthies der Scheibe, welche “The Colossal Sleep” eine sphärisch-ätherische Grundstimmung geben. Sie dominieren den instrumentalen Dreamgaze des Openers ‘Feverish Deams’ und bereiten die Spannung für die weiteren fünf Stücke. Doch schon mit ‘Escape Velocity’ verändert das Album seine musikalische Ausrichtung, denn spätestens als der Gesang von Heath Raves einsetzt, befindet man sich auf Territorium zwischen The Cure, The Mission, The Sisters Of Mercy und Bauhaus. Es ist ein Stück, das grundsätzlich gut funktioniert. Doch leider strahlen die Vocals im Mix nicht so, wie sie könnten, so dass die Hookline des Liedes irgendwie hängengeblieben scheint. Bei ‘In Cold Blood’ hingegen setzt der Musiker vermehrt auf Industrial-Klänge, die durch Wilsons verzerrten Sprechgesang auf die Spitze getrieben werden und eine schaurige Wirkung entfalten. Spätestens beim anschließenden, sehr verträumten und etwas vor sich hinplätschernden Instrumental namens ‘15000 Lives’ wird dann klar, dass jedes der fünf Stücke seinen ganz eigenen Character hat. “Corridors”, mit seiner Mischung aus Synthie-Teppichen, stampfenden Rhythmen und eingängigem Chorus geht dabei ähnliche Wege wie Tiamat mit “A Deeper Kind Of Slumber” und Paradise Lost mit ihren Alben der Jahrtausenwende. Während das abschließende ‘Distant Fires’ mit seinen üppigen, melancholischen Klanglandschaften zu epischen Schwelgereien einlädt.

Es ist der versöhnliche Abschluss und das beste Stück eines Albums, dass mit seinen Sounds tief in den 80er Jahren verwurzelt ist und aufgrund der unterschiedlichen Prägung seiner fünf Stücke stellenweise etwas zusammenhanglos wirkt. Leider lassen die Stücke das letzte Quäntchen Durchschlagskraft vermissen, so dass “The Colossal Sleep” zwar eine kurzweilige Angelegenheit, jedoch keinen wirklichen Mehrwert für Fans düsterer Klänge der 80er Jahre darstellt.
Bewertung: 8/15 Punkte (FF 8, KR 7)

The Colossal Sleep by deeper graves

Deeper Graves – The Colossal Sleep (Disorder Recordings, 28.01.22)
Tracklist:
1. ‘Feverish Dreams’ (3:22)
2. ‘Escape Velocity’ (5:10)
3. ‘In Cold Blood’ (6:38)
4. ‘15000 Lives’ (5:11)
5. ‘Corridors’ (6:25)
6. ‘Distant Fires’ (8:20)

Besetzung:
Jeff Wilson (All Instruments, Vocals)

Gastmusiker:
Heath Raves (Vocals – Tracks 2 & 5)

Diskografie (Studioalben)
“Open Roads” (2020)
“The Colossal Sleep” (2022)

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Abbildungen: Alle Abbildungen wurden uns freundlicherweise von Earsplit PR zur Verfügung gestellt.