Shamblemaths – Shamblemaths 2
(47:14, CD, digital, Vinyl, Apollon Records, 2021)
Es ist doch schon tatsächlich mehr als fünf Jahre her, dass der Rezensent über ein Debütalbum ins Schwärmen geriet, das aus der Feder eines Quantenphysikers namens Simen Ådnoy Ellingsen stammte, der zusammen mit dem Bassisten Eirik Mathias Husum die Formation Shamblemaths ins Leben rief. Nun also der Nachfolger mit dem wenig einfallsreichen Titel „Shamblemaths 2“. Ganz anders aber der musikalische Gehalt, denn diesbezüglich lässt sich der Norweger eine ganze Menge einfallen. Insofern also diesbezüglich nichts Neues bei Shamblemaths, war doch schon das Debütalbum voller überraschender und toller Ideen. Auch sonst bleibt einiges beim Alten, sie sind nach wie vor ein Duo, allerdings ist eben nicht der oben genannte Bassist die zweite Hälfte dieser Formation, sondern diesmal der Schlagzeuger Ingvald A. Vassbø . Mastermind Ellingsen ist erneut ausgesprochen vielseitig unterwegs und hat auch diesmal wieder einige Gäste mit an Bord.
Simen Å. Ellingsen – soprano sax / baritone sax / tenor sax / alto sax / sax samples / soprano recorder / tin whistles / electric and acoustic guitars / seraphim chant / vocals / keyboards / whispers
Ingvald A. Vassbø – drums / xylophone
Morten A. Nome – double bass
Paolo “Ske” Botta – keyboards
Eskild Myrvoll – bass guitar
Anna Gaustad Nistad – vocals
Eivor Å. Ellingsen – vocals
Michael Francis Duch – bass guitar / double bass
Pia M. Samset – vocals
Leon Li – bassoon
Ask Vatn Strøm – guitar cameo
Eirik Øverland Dischler – keyboards
Marianne Lønstad – vocals
Nach einem kurzen Intro, nur von Saxophon und Bass vorgetragen, geht es auf ‚Knucklecog‘ gleich richtig in die Vollen. Angesichts dieses frickeligen, wuchtigen Tracks mit fetter Mellotrondröhnung, polterndem Bass und wuseligem Drumming kommen gleich Änglagård oder Anekdoten in den Sinn. Der düstere Gesang von Mastermind Ellingsen wird dabei in der zweiten Hälfte von der charmanten Stimme von Marianne Lønstad begleitet. Kein Zufall, denn das Album lebt von Kontrasten, auf wütende Ausbrüche folgen wunderschöne fragile Parts. Langeweile kommt hier nie auf. Und auch frühe King Crimson schimmern mal durch.
Im dritten Song, dem sechs-minütigen ‚D.S.C.H.‘ wagt man sich an eine Komposition eines sehr interessanten klassischen Musikers, nämlich – wie der Titel eigentlich schon verrät – Dmitri Schostakowitsch, und zwar an das achte Streichquartett in c-moll, opus 110, 1. und 2. Satz, um genau zu sein. Und was die Norweger daraus machen, ist in der Tat ein hochinteressantes Stück Prog-Musik.
Es schließt sich der Longtrack des Albums an, das in neun Parts (allerdings nur vier separat anwählbare Tracks) aufgeteilte 18-minütige ‚Last Kvar Jordisk Skapning Teia‘. Auch dies wieder keine leichte Kost, denn der Symphonic Prog der Norweger ist nicht auf reinen Wohlklang ausgelegt, sondern beschreitet gerne auch mal avantgardistische Pfade und ist oft mit einer unheimlichen Wucht ausgelegt, dass man fast vom Hocker gehauen wird. Es fängt sehr ruhig mit Engelsgesang an, doch mittlerweile weiß der Hörer schon, dass diese Ruhe schnell vorbei ist.
Es gibt auf diesem Album mal wieder so viel zu entdecken, dass jeder Hördurchgang zu einem wahren Erlebnis wird. Allein die Art und Weise, wie vielfältig hier das Saxophon eingesetzt wird, ist beeindruckend. Der Mellotronfan kommt – wie schon beim Erstling – erneut voll auf seine Kosten. Ebenso der Fan von ideen- und abwechslungsreichem Mix aus Symphonic Prog, Psychedelic, Avantgarde und Neo-Klassik. Warnung: Wer es eher gemütlich und möglichst ohne Ecken und Kanten mag, dürfte bei diesem Album so seine/ihre Schwierigkeiten haben! Für den Rezensenten ein definitives Highlight des Jahres 2021!
Bewertung: 14/15 Punkten
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Abbildungen: Shamblemaths