Legacy Pilots – The Penrose Triangle

Legacy Pilots - The Penrose Triangle (unsigned/JFK, 22.10.21)(58:51, CD, Digital, Eigenveröffentlichung/Just for Kicks, 2021) Die Legacy Pilots sind wieder sicher gelandet, um ihre musikalische Fracht erneut auf Freunde des progressiven Rocks loszulassen. Showrunner und Multiinstrumentalist Frank Us scheute sich nicht, wieder das bewährte Team aus Top-Musikern um sich zu scharen, damit seine Kompositionen optimalerweise auf höchstem Niveau für die Ewigkeit festgehalten werden. Mit dem aktuellen Album „The Penrose Triangle“ ist ihm das durchaus gelungen. Hören wir doch mal genauer hin.

1. ‘Better Days’
Als Opener definitiv eine gute Wahl, denn gleich mit den ersten Klängen geht es groovy zur Sache. Mit dem Einsetzen des Gesangs hört man auch die unverkennbare Stimme von keinem geringeren als John Mitchell. Der Mann ist wirklich überall anzutreffen. Ich hab das Gefühl, bei der Hälfte aller Neuerscheinungen in diesem Genre mischt Mr. Mitchell irgendwie mit. Das ist fast schon vergleichbar mit dem Phil Collins-Syndrom in den 80ern. Aber sei es drum, ich schweife ab.

Gefällig zieht sich das Synthesizer-Arpeggio durch den schon fast popmäßig anmutenden Song. Schöne langanhaltende Gesangslinien, toll effektierte und dezent eingesetzte Gitarren runden den musikalischen Gesamteindruck von ‘Better Days’ ab. Eine tolle Eröffnung für ein vielversprechendes Album. Aber überzeugen auch die restlichen Tracks?

2. ‘Ghosts of the Ocean’
Mit einer schönen Einleitung von Akustikgitarren wird man an den vermeintlich ruhigen Song herangeführt. Doch obwohl das Tempo gleich bleibt, wird der Zuhörer immer wieder von den epischen Dynamiken des Refrains erfasst. Die perfekt abgestimmte Instrumentierung und das Zusammenspiel von Frank Us, Steve Rothery, Marco Minnemann und John Mitchell erschaffen einen Sound der emotional berührt.

3. ‘Heaven Must Know’
Was könnte nach den zwei vorhergehenden Steilvorlagen noch kommen? Während der Vorgänger ‘Ghosts of the Ocean’ bereits für die richtige Stimmung gesorgt hat, fällt es einem verblüffend leicht, in das schöne und teils melanchloische Mindset des Songs einzutauchen. Hier übernimmt Frank Us selbst den Gesang. Die seichte Stimme des Multi-Musikers passt perfekt in die aufgebaute Soundlandschaft hinein. Zwischendurch erfreut man sich an einem schönen Keyboard-Solo, das zusammen mit dem Schlagzeug eine kurzweilige Dramatik aufkommen lässt. Ein Abschlusssolo der Saitenfraktion lassen den 5:50 Minuten Zauber schlüssig enden.

4. ‘Mad Kings’
Deutlich rockiger kommt dieser Song ‘rüber, zumindest was die ersten zweieinhalb Minuten angeht. Manchmal erinnern diese ersten Momente an einen modernen Deep Purple-Style. Danach geht’s aber erstmal zur Sache. Ein Rhythmuswechsel leitet den Übergang in ein zackiges Gitarrensolo ein, bevor das vorhergehende Thema wieder aufgenommen wird. Da kann man nur sagen: „It’s Only Rock ’n’ Roll (but I Like It)“.

5. ‘As Dominos Fall’
Auch wenn es rein von der Laufzeit knapp ist, ist ‘As Dominos Fall’ doch quasi der erste instrumentale Longtrack des Albums. Die etwas längere Spielzeit wird allerdings auch hervorragend genutzt, um das spielerische Können der Sound-Protagonisten dieses Songs hervorzuheben. Die Legacy Pilots führen uns hier durch gut arrangierte Teile des Musikwerkes und reißen ungeniert diverse Genres an. Hier findet eine Ballung von Prog, Fusion und Jazz statt, ohne dass es je langweilig oder langatmig wirkt. Am Ende denkt man nur: „Oh, schon fertig?“.

6. ‘Cost Cards’
Gleich zum Anfang erfreuen die bestens ausgesuchten Keyboardsounds, welche die Stimmung der folgenden 5:52 Minuten festlegen. Nicht minder angenehm kommt Vokalistin Liza daher, die für den Hauptgesang dieses Stückes verantwortlich zeichnet. Schöne Keyboardflächen und Akustikgitarren führen uns durch die Strophen und die fragil wirkenden Refrains. Auch hier begegnet uns ein schöner Mittelpart mit hervorgehobenen Keyboard-Einsatz, ohne dass eine Unterbrechung des Flusses stattfindet. Eine zarte Nummer, aber zu “busy”, um eine reine Ballade zu sein.

7. ‘Shadowplay’
Die ersten Gedanken bei diesem Stück sind: „Oh, Tony Banks lässt grüßen!“ und das Genesis-Feeling möchte auch beim längeren Hören nicht enden. Trotzdem wird bald klar, dass es sich hierbei um die Legacy Pilots handelt, denn ihr Stil ist unverkennbar. Die kleinen – selbstverständlich meinerseits subjektiv wahrgenommenen – Anleihen an die Legenden des Progrocks zeigen allerdings auch das Potenzial, was in den Kompositionen von Frank Us steckt. Dieser Instrumentalsong offeriert dem Zuhörer ein episches Finale, in dem Frank und Schlagzeuger Marco Minnemann es so richtig krachen lassen.

 

8. ‘A Change Of Mind (Part 1 – 3)’
In Sachen musikalische Höhepunkte lassen sich die Piloten auch nicht lumpen. Bei den bisherigen Vorlagen noch einen, oder gar zwei, drauf zu setzen fällt Frank Us mit seinem musikalischen Ensemble offensichtlich nicht schwer. Der Song ‘A Change Of Mind’ eröffnet mit schönem Einsatz der Tasteninstrumente, kombiniert mit einer passenden Synthesizer-Sequenz, und sorgt so schnell für die richtige Stimmung. Diese baut sich weiter aus, während sich dynamisch und voller Wohlgefallen weitere Instrumentenparts hinzugesellen und der Zuhörer durch die sphärische Soundlandschaft geführt wird. Der einsetzende Gesang von Finally George passt perfekt ins emotionale Bild, obwohl auch Mastermind Frank Us den Part hätte gut selbst übernehmen können, da seine sanfte und angenehme Stimme das Ganze genauso gut abgerundet hätte.

Übergangslos landet man im kurzweiligen zweiten Teil dieser Trilogie, der sich kaum vom bisherigen musikalischen Thema abhebt und eher als Zubringer zum dritten und letzten Stück dieses Epos dient. Dieser greift dann Elemente aus den ersten beiden auf, ohne dass Langatmigkeit aufkommt. Denn hier findet eine kleine orchestrale Aufbereitung statt, die einem zum unweigerlich zu einem ausgecheckten Gitarrensolo bringen. Rhythmisch ist wie immer alles gut in Szene gesetzt und man ist schneller am Ende des Songs angekommen, als einem lieb ist.

9. ‘A Compendium of Life’
Der letzte Song des Albums ist alles andere als ein Rausschmeißer, denn ‘A Compendium of Life’ zählt definitiv zu den Highlights dieses Longplayers. Weniger sphärisch als der dreiköpfige Vorgänger, dafür facettenreicher durch-arrangiert fügen sich die Performances der Musiker hier wie Puzzleteile passend aneinander. Das Trio bestehend aus Frank Us, Lars Slowak und Todd Sucherman proggt den Track bis sich die Balken biegen. Ein festellbarer, aber kontrollierter Hang zum Free-Jazz kommt hinzu, wird aber von den bombastischen Parts immer wieder eingeholt. Es kommen hier auch keine Gesänge zum Einsatz, denn komplett instrumental wird aufgezeigt, dass manche Magie keiner weiteren Worte bedarf. Ein würdiger Abschluss für ein grandioses Album.

Wer hier wilden Neo- oder Prog-Metal suchen sollte, der wird bei den Legacy Pilots natürlich nicht fündig werden. Das liegt nicht nur an der Abwesenheit der typisch schweren Brat-Gitarren, sondern auch am allgemeinen Sounddesign der Band. Hier wird die hohe Kunst des Spielens und des Songwritings subtil und stilvoll zelebriert. Das vermeintliche Understatement löst sich beim Zuhören schnell in tiefe Begeisterung auf. Denn eins steht fest, dieser Band muss man zuhören, um die Vision dahinter zu verstehen. Frank Us ist ein Meister seines Faches, genau wie seine Mitstreiter, die wir gleich nochmal gesondert auflisten.

Obendrauf: Das Album klingt schön transparent und differenziert, was das Resultat einer guten Mix- & Mastering-Arbeit ist.
Bewertung: 13/15 Punkten

Line-up / Musiker:

Frank Us (Songwriter, Produzent, Musiker)
Keyboards und Gitarren alle Tracks, Gesang Track 3 & 8, Hintergrundgesang Track 1,3,4 und Bass Track 7

Todd Suchermann (Styx)
Schlagzeug Tracks 4, 6, 9

Marco Minnemann (Steven Wilson, The Aristocrats, Mike Keneally)
Schlagzeug Tracks 1, 2, 5, 7, 8

Lars Slowak
Bass Tracks 1, 2, 3, 4, 6, 9

John Mitchell (Arena, Frost*, It Bites, Kino, Lonely Robot)
Gesang Tracks 1 & 2

Pete Trewavas (Marillion, Transatlantic, Kino, Edison’s Children)
Bass on 5 & 8

Steven Rothery (Marillion)
Solo-Gitarre Tracks 2 & 3

Finally George
Gesang Track 8, Hintergrundgesang Track 3, zusätzliche Gitarren Track 6

Jake Livgren (Proto-Kaw, Kerry Livgren)
Gesang Track 4

Ricky Garcia
E-Gitarre Track 5

Eric Gillette
Gitarren Track 4

Liza
Gesang Track 6

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