Edredon Sensible – Vloute Panthère

Edredon Sensible – Vloute Panthère(51:20, CD, LP, digital, Les Productions du Vendredi, 2021)
Free-Jazz ist das neue Cool. Das dachte ich auch mal, als ich in trüben 80er Jahre Wintertagen durch Dresden stapfte, um im Jazzclub meines Vertrauens (damals „Die Tonne“) den beschaulichen Weisen von begnadeten Musikern wie Günther ‚Baby‘ Sommer und Dietmar Diesner zu lauschen, die im Erbsenregen auf Sommers Snare gipfelten, während Diesners Saxophonstakkato versuchte, die Mauern von Jericho noch einmal zum Einsturz zu bringen. Was uns nun übergangslos zu Edredon Sensible bringt, einem Quartett aus dem beschaulichen Toulouse, was nicht im Entfernesten daran denkt, sich den Vorgaben im Bandnamen irgendwie anzunähern. Mittels Bariton- und Tenorsaxophon sowie gleich zweier (!) Schlagzeuge ist die Basis gegeben, sich gegenseitig anzuspornen, hochzupeitschen und letztendlich im Sprint zu verharren, weshalb man schon davon ausgehen kann, dass hier einige Rekorde aufgestellt werden könnten. Man versucht noch nicht einmal, einen Konsens mit dem Hörer zu finden – wer nicht mithalten kann, der wird zurückgelassen. Zwar schaffen die etwas dezenteren Momente schon auf Grund des Bariton-Saxophones ein gewisses Moondog-Ambiente, dem man dann aber nicht zu sehr vertrauen sollte, da mittels Tenorsax eventuell aufkommende Glücksmomente sofort niedergemäht und zerfetzt werden. Letztendlich wirkt ‚Roli Poli Oli, Mini Malin Tout Rond‘ bezüglich seiner tribalistischen Aura und Saxophonen, die klingen, wie Didgeridoos, wie eine Jazzsession im australischen Dschungel.
Bewertung: 11/15 Punkten

Und noch eine Kurzkritik, weil Carsten und Klaus unabgesprochen parallel zugange waren:
Zu dieser wirklich speziellen Musik versuchen wir mal, weniger Worte zu machen. Nicht, weil sie weniger verdient hätte. Aber einerseits wird sie wie leider absehbar nicht für viele aus unserer Kernleserschaft auch nur erträglich, geschweige denn erbaulich sein. Und außerdem kann sie hoffentlich für sich sprechen. Beziehungsweise für sich tröten.

Ein Bestandteil von “Vloute Panthère” – die sich durchziehende, im weitesten Sinne Samba-artige Rhythmik – erinnert den Autor an den ersten Geisterzug von 1991 zu Köln. Selbst erklärtermaßen mit organisiertem Frohsinn normalerweise heftig fremdelnde Menschen sind damals wie Ratten dem flötenspielenden Verführer den Samba-Trommlern hinterher gezogen. Und fanden es – trotz bzw. wegen des Protest-aufrufenden Anlasses Golfkrieg für Öl – großartig.

Das zweite wichtige Element ist – es muss leider konstatiert werden – der Wahnsinn. Wer musikalische Unruhestifter wie PoiL, Piniol, Ni oder auch Le Grand Sbam gut findet, wer womöglich auch den Klang von beinahe zu Tode geliebten Blasinstrumenten goutiert, der könnte auch an Tracks wie ‘FRCX Prout’ Gefallen finden. Im Video dazu spielt immerhin ein Einhorn eine (ge)tragen (werden)de Rolle!

Aber wir haben Euch gewarnt.
Bewertung: 11/15 Punkten

Surftipps zu Edredon Sensible:
Facebook
Instagram
YouTube
Bandcamp
Spotify
Apple Music

Abbildungen: Edredon Sensible