(26:26, Vinyl, Digital, Sensory, 2020/2021)
“A Darkened Sun” als einen Soundtrack zu bezeichnen, wird der aktuellen EP der schwedischen Band Wolverine wohl nicht gerecht. Denn beim Kurzfilm gleichen Namens, der schon im letzten Jahr, u.a. über die Homepage der Skandinavier, veröffentlicht worden war, handelt es sich nicht um Filmkunst im herkömmlichen Sinne, sondern um eine audio-visuelle Erzählung. Denn die Musik des Quintetts aus Sonderhamm und das cineastische Werk ihres Bassisten Thomas Jansson waren perfekt aufeinander abgestimmt und benötigten weder Sprecher noch Erzähler.
“A Darkened Sun” erzählt die Geschichte einer jungen und scheinbar einsamen Frau in Not. Über ihre Existenz sinnierend, erkennt sie, dass sie einen Teil ihrer selbst verloren hat, während sie den Erwartungen der modernen Gesellschaft erlag. Unsere Protagonistin begibt sich auf eine Art existenzielle Reise, und während sich die Erzählung über die vier Kapitel der Geschichte entfaltet, ist sie gezwungen, sich ihrem inneren Selbst zu stellen. Das Storytelling beruht dabei stark auf metaphorischem Ausdruck, mit einigen Fällen von Intertextualität, die anderen Werken huldigt.
Zusammen ergaben Film und Musik eine starke Einheit, die in ihrer düster-melancholischen Ausstrahlung so überzeugend war, dass sie Preise auf diversen Filmfestivals einstreichen konnte. Von daher war es auch nicht mehr als konsequent, den Soundtrack weder digital noch physisch zum Verkauf anzubieten, sondern ihn lediglich in Kombination mit den bewegten Bildern der breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
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Es bleibt unklar, ob eine spätere Veröffentlichung von vorn herein geplant war oder ob man sich dem Wunsch der Fans nach einem Download bzw. einer physischen Veröffnetlichung gebeugt hat. Sicher ist jedoch, dass “A Darkened Sun” seit Mai 2021 digital erwerblich ist und, dass eine auf 300 Einheiten limitierte Vinyl-Deluxe-Ausgabe des Werkes im kommenden Winter nachgeschoben werden soll.
Um es vorwegzunehmen, auch ohne cineastische Begleitung ist “A Darkened Sun” ein starkes Werk, doch auf sich alleine gestellt hat die Musik der Schweden nicht mehr ganz die gleiche Überzeugungskraft wie noch als audio-visuelles Gesamtkunstwerk, da sich Texte, Musik und Bilder perfekt ergänzt hatten. Denn kennt man schon den dazugehörigen Film, so scheint der rein musikalische Version von “A Darkened Sun” eine ganz entscheidende Dimension zu fehlen. Und genau diese visuelle Dimension ist es, welche die Musik der Skandinavier zugänglicher macht. Denn erst durch die dystopischen Bilder Thomas Janssons relativiert sich die scheinbar übertrieben deprimierende Grundstimmung der Musik.
Schon ‘Phoenix Slain’, der erste der vier Akte, fordert dem Hörer so einiges ab, denn heavy ist hier nicht etwa die Musik der Schweden, sondern vielmehr das von ihnen erzeugte Ambiente, da hier Elektronische Bass-Sounds mit Weltuntergangsstimmung auf packende wie bittersüße Melodien und den emotionsgeladenen Gesang von Stefan Zell treffen.
Auch in seinem weiteren Verlauf heitert sich die Grundstimmung des Albums nicht wirklich auf, doch beim nun folgende ‘The Breach’ werden die teilweise dystopischen Klanggemälde zumindest von so etwas wie sehnsüchtigem Verlangen abgelöst, was durch den ergreifenden Chorus des Stückes und das gefühlvolle Gitarrensolo Jonas Jonssons unterstrichen wird.
‘Dead As The Moon’, der dritte Akt des Werkes, hingegen ist an Trostlosigkeit kaum mehr zu überbieten und strahlt gerade deswegen eine Art morbider Schönheit aus, die einen kaum mehr loslässt. Fans von Katatonia und Anathema werden hier ihre Freude haben.
Wolverine beenden ihr Album jedoch nicht mit diesem emotionalen Tränentreiber sondern mit ‘Hibernator’, einem zwar immer noch düsteren, doch um Strecken leichter zu verdauenden Stück. Es beginnt mit atmosphärischen Synthie-Sounds und hebt sich dann zu hoffnungsvolleren Klängen empor, die von einem wabernden Keyboard-Solo Per Henrikssons gekrönt werden. Gottlob, muss man sagen, denn so beendet man sein Hörerlebnis zumindest halbwegs guten Mutes und nicht vollkommen von Schweremut erschlagen.
Fazit:
Wer sich von melancholischer Musik und emotional-düsterem Gesang nicht abschrecken lässt, für den könnte “A Darkened Sun” ein echter Leckerbissen sein, denn es ist vielleicht das Stück Musik in der Geschichte Wolverines, das am meisten unter die Haut geht. Trotzdem bleibt zu empfehlen, das Werk als audio-visuelle Gesamtheit zu erleben, was hier gegen eine freiwillige Spende möglich ist.
Bewertung: 11/15 Punkte (FF 11, KR 11)
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Tracklist:
1. ‘Phoenix Slain’ (9:16)
2. ‘The Breach’ (5:22)
3. ‘Dead As The Moon’ (6:40)
4. ‘Hibernator’ (5:08)
Besetzung:
Stefan Zell (Gesang)
Jonas Jonsson (Gitarre)
Thomas Jansson (Bass)
Marcus Losbjer (Schlagzeug, Geasang)
Per Henriksson (Keyboards)
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Konzertbericht: 02.10.16, Baarlo, Sjiwa (ProgPower Europe 2016)
Festivalbericht PPE 2013
Rezension “The Window Purpose” (2002)
Abbildungen: Alle Abbildungen wurden uns freundlicherweise von Earsplit PR zur Verfügung gestellt.
2 Kommentare
Many thanks for your kind review! /Thomas, bassplayer Wolverine
You are welcome, Thomas! Any news yet, when the vinyl will be released?