(70:51, CD, digital, Mellowjet Records, 2021)
Da hat Rainer Klein, den man in der EM-Szene – und mittlerweile vielleicht auch im Kreise mancher Post Rock-Fans – als Otarion kennt, wahrlich nicht viel Zeit verloren, was die Produktion eines neuen Albums betrifft. Der Vorgänger ”Prayer From The Deep” ist gerade mal ein paar Monate alt, und schon liegt ein neues Werk vor. Doch vollkommen überraschend kommt dies nicht, denn der Künstler hatte dies bereits angekündigt und so ist es als eine Art Doppelpack zu sehen. Schon die sehr ähnliche farbliche Gestaltung legt nahe, dass dies irgendwie zusammengehört, und das wird durch die gebotene Form der Musik auch bestätigt, denn der Siegener Multiinstrumentalist setzt seinen Weg konsequent fort. Und aus dieser Vermutung wird Gewissheit, wenn man auf den entsprechenden Seiten recherchiert, denn die beiden Alben beziehen sich auf die Bibel, die Geschichte von Jonah, um genauer zu sein. Er hat in seinem Leben gewisse Parallelen erfahren und setzt dies musikalisch auf diesen beiden Werken um.
Auch hier handelt es sich um ein reines Soloalbum, denn der Protagonist hat wieder alles komplett im Alleingang eingespielt. Da braucht es keine riesige Gästeliste, nein, der Siegener setzt all seine Ideen, und das sind nicht wenige, selbst um. Zehn Titel verteilen sich auf über 70 Minuten – meist mittellang, lediglich der 13-Minüter ‚Call To Repentance‘ überschreitet die 10-Minuten Marke. Schon der sechs-minütige Opener ‚The Shore of Japho‘ verbreitet eine ganz eigene Atmosphäre, bisweilen fast schon sakral, und auch die nachfolgenden Tracks fallen keineswegs ab. Bedächtiger Start und sich immer mehr steigernd im Zusammenspiel aus Gitarre und Tasteninstrumenten, das ist ein typisches Element in der Musik des Siegeners.
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Der oben genannte Hintergrund mag eine wesentliche Ursache sein, dass beide Alben ausgesprochene emotionale Tiefe besitzen und den Hörer in seinen Bann ziehen können. Auf die Gefahr hin, sich zu wiederholen, der Schreiberling ist ein ausgesprochener Prog-Fan, der bedingt durch frühes Eintauchen in die EM-Szene sich auch in diesem Genre heimisch fühlt. Und so kam es, dass der Kontakt zu Otarion schon sehr früh da war, da seine reinen EM-Alben aus seiner Frühzeit, die noch bei AD Music erschienen sind, schon sehr ansprechend waren und von daher der weitere Werdegang des Künstlers genau weiter verfolgt wurde. Es gab dann eine Art Übergangsphase, in der die Gitarre ein bisschen mehr als nur Farbtupfer wurde, sondern gewisse floydige Elemente einbrachte. Man könnte das 2018er Album „Under The Surface“ als Wendepunkt bezeichnen, denn nun kommt die Gitarre als ein Hauptmerkmal ins Spiel und er bewegt sich von nun an auch Richtung Post Rock. Nicht unbedingt die favorisierte musikalische Ausrichtung des Schreiberlings, aber wenn es so gut und gefühlvoll gemacht wird, überzeugt auch dieser Schritt. Und so könnte man ab dieser Zeit alles Nachfolgende, wenn man so will, auch als Otarion 2.0 bezeichnen.
„No Time Was Lost“ ist erneut ein sehr intensives, atmosphärisch dichtes Werk geworden, das zu faszinieren weiß. Ein stetiger Fluss an emotionaler Musik, in die man gerne eintauchen mag.
Bewertung: 12/15 Punkten
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Abbildungen: MellowJet Records, Rainer Klein