(2h 31m 14s, CD, Vinyl, Digital, BMG/Universal, 1975/2021)
Na, das ging aber fix!
Nur knapp vier Monate nach der Luxus-Ausgabe von “Volume 4” (und dem Re-Release der “Paranoid”-Box) steht schon eine Sonderedition von “Sabotage” in den Regalen. Die Aufbereitung von “Volume 4” präsentierte sich zwar recht teuer, aber voller lohnenswerter Schätze für Die-Hard-Fans: zum regulären Album gab’s zwei Discs mit von Steven Wilson höchstselbst gemixten Session-Outtakes und eine ebenfalls neu abgemischte und erstmals ungekürzte Fassung der “Live At Last”-Bänder, die alle bisherigen Versionen klar in den Schatten stellte.
Im Vergleich dazu kann die “Sabotage”-Neufassung offen gesagt nicht mithalten. Das Format bleibt grundsätzlich gleich: vier CDs, Buch und Poster, das Original-Album neu gemastert, als Dreingabe gibt’s hier noch eine Mini-Replika des US-Tourprogrammes von 1975. Soweit, so gut. Das Studiowerk ist natürlich – wie alle Sabbath-Scheiben vor “Technical Ecstasy” – frei von jeglicher Kritik. Nach dem experimentellen “Sabbath Bloody Sabbath” wollte die Band bewusst zu einem härteren Sound zurückgehen, was ihnen auch fraglos gelang: ‘Symptom Of The Universe’ hat das wohl derbste Riff, das sich Iommi je aus der Plastikfingerkuppe gesaugt hat. Gleichwohl endet der Song in einer entspannten Akustik-Jam, die andeutet, dass es den Weg zurück zum puren Proto-Metal auch nicht geben würde. Zusammen mit der auf “Volume 4” entdeckten Melodieverliebtheit konnte man hier zum ersten Mal die Richtung erahnen, die Black Sabbath in den Achtzigern einschlagen würden. Songs wie ‘Thrill Of It All’ (einer der unterbewertetsten Sabbath-Knaller überhaupt), ‘Megalomania’ oder das hypnotisch wie das alte “Vertigo-Swirl” drauflos shuffelnde Riffmonster ‘Hole In The Sky’ zeigen ein vorerst letztes Mal Ozzy von seiner besten Seite: so gut wie hier sollte er erst wieder auf “Blizzard Of Oz” singen. Das ist aber eine andere Geschichte und soll ein anderes Mal erzählt werden… Mit dem psychedelischen, von Ozzy Moog-Spiel (!) getragenen Popsong ‘Am I Going Insane (Radio)’ und dem von einem Chor verstärkten Instrumental ‘Supertzar’ gibt’s aber auch wieder Futter für die, die den experimentierfreudigen Vorgänger mochten. Und mit dem Rausschmeisser ‘The Writ’ ein episches Stück Doom Metal, in dem sich Ozzy (nicht Geezer!) textlich über das Musikbusiness im Allgemeinen und über Sabbath-Manager Patrick Meehan im Speziellen auskotzte. Das neue Mastering bringt erwartungsgemäß keine neuen Erkenntnisse, ist vielleicht ein wenig höhenlastig ausgefallen, letztlich aber bleibt “Sabotage” das, was es schon immer war: auch ohne ganz große Hits das letzte wirklich großartige Black-Sabbath-Album mit Ozzy.
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Aber, bei solch einer Sammleredition kommt es schlussendlich ja doch meist auf das “added value material” an – sprich, den Inhalt der restlichen drei Discs. Da gibt’s erstmals auf zwei CDs den kompletten, von der King Biscuit Flower Hour ausgestrahlten und konsequnterweise tausendfach gebootleggten Gig aus der Covention Hall in Asbury Park 1975 hochoffiziell zu kaufen. Der Haken hierbei: im Gegensatz zu den beiden Sets der “Paranoid”-Box oder dem signifikanten Upgrade von “Live At Last” in “Volume 4” ist die Qualität kein Stück besser als auf den bekannten, soundtechnisch ebenfalls erstklassigen (weil von geleakten Masterbändern stammenden) Bootleg-Ausgaben. Und weil diese als Grauzonen-Fassungen in den letzten paar Jahren auch ganz legal für Spottpreise zu erwerben waren, werden die harten Sabbath-Fans, an die dieses Box-Set fraglos gerichtet ist, mit Sicherheit schon mindestens eine Version der Show im Regal stehen haben. Der Überraschungs- respektive Mussichhaben-Effekt bleibt hier also eher klein.
Schlicht ärgerlich ist aber der Inhalt von CD 4. Die enthält nämlich mit den Japan-Single-Versionen von ‘Am I Going Insane’ und ‘Hole In The Sky’ gerade einmal siebeneinhalb Minuten Musik. Keine der beiden Versionen bietet einen alternativen Mix oder Ähnliches – ‘Am I Going Insane’ ist um 30 Sekunden gekürzt, und ‘Hole In The Sky’ hat ein Fade-Out, wo die Albumfassung abrupt abbricht. Hiermit wird das Set ganz schlicht, zynisch und abgebrüht auf vier Discs gestreckt, damit man die Box zum gleichen Preis wie die beiden Vorgänger verkaufen kann. Denn natürlich hätte man die beiden Edits ganz wunderbar noch mit auf die auch gerade mal 29 Minuten lange zweite Live-Disc mitpacken können – oder hinter’s Originalalbum hängen. Oder, noch mehr: da die Gesamtspielzeit der Box gerade mal zweieinhalb Stunden beträgt, hätte das alles auch problemlos auf zwei CDs gepasst. Da die Box erneut zu einem – schon bei den beiden Vorgängern generell meist als zu hoch eingeschätzten – Preis zwischen 85 und 100€ verkauft wird (die Vinyl-Fassung wieder um die 120€), muss man hier ganz klar von einer großen Enttäuschung für den Fan sprechen.
Die “Sabotage”-Luxusfassung bestätigt also im Prinzip alle Kritik, die gerne am Box-Set-Trend geübt wird: für eine Zusammenstellung von bereits sattsam bekanntem Material wird dem betuchten, auf Nostalgiegefühle hoffenden Altfan respektive dem sammelwütigen Hipster unverhältnissmäßig viel Kohle aus der Tasche gezogen. Und leider fällt es trotz des an sich untadeligen Materials schwer zu widersprechen: zu diesem Preis hätte mehr drin sein müssen. Man sollte sich vielleicht zukünftig eher an den für die Hälfte des Preises mehr als doppelt value for money bietenden Kollegen von Jethro Tull, Marillion oder Ultravox orientieren, wenn man die Black-Sabbath-Deluxe-Serie nicht an die Wand fahren will.
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Bewertung: keine (Wiederveröffentlichung)
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