Psychonaut / Sâver – Emerald (Split Release)

Psychonaut / Sâver – Emerald (Split Release) (Pelagic Records, 14.05.21)(35:37, CD, Vinyl, Digital, Pelagic Records, 2021)
Split Releases sind eigentlich nichts anderes als Mini-Sampler, bei denen Fans der einen Band, die Musik der jeweils anderen Band ein Stückchen näher gebracht werden soll. So dass es einen Anreiz gibt, sich diesen auch zu kaufen, werden i.d.R. möglichst unveröffentlichte Stücke auf die Scheibe gepackt. Hat man Glück, so gefällt einem die B-Seite genauso gut wie das Stück, wegen dem man sich die Veröffentlichung eigentlich gekauft hat. Hat man Pech, so gibt einem die fremde Musik so rein gar nichts, so dass man den Song eigentlich gleich in die Tonne treten könnte. Würde er sich nicht auf der Rückseite des Tonträgers befinden, den man ja eigentlich behalten will.

Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass Fans einer der beiden hier vertretenen Gruppierungen in die Verlegenheit kommen könnten, die Musik der anderen Kapelle gänzlich zu verschmähen, ist im Falle von “Emerald” allerdings relativ gering. Denn Pelagic Records haben auf ihrer jüngsten Veröffentlichung mit Psychonaut und Sâver zwei junge Bands miteinander vereint, die sich musikalisch recht nahe stehen. Denn sowohl die Belgier von Psychonaut als auch die Norweger von Sâver können im weitesten Sinne, wie es für Pelagic ja auch typisch ist, dem Post Metal zugerechnet werden.

Und doch unterscheiden sich die beiden Gruppen nicht unwesentlich voneinander, denn während Psychonauts Sound stark im Progressive Rock der 70ern verwurzelt ist und gleichzeitig mit modernen Bands wie Tool und Amenra in Verbindung gebracht werden kann, verbinden die Skandinavier eher sludgige bis doomige Sounds mit Moog-Synthesizern, fetten Bässen und Minimalismus.

Aber das ist auch gut so, denn wären sich die beiden Power-Trios musikalisch zu ähnlich, dann hätte es auf dieser Scheibe schnell langweilig werden können. Schließlich besteht “Emerald” nur aus zwei Tracks, die beide jenseits von 15 Minuten Spielzeit liegen.

Den Auftakt machen dabei Psychonaut in Form von ‘The Great Realisation’, einer psychedelischen Geschichte , die den Beginn, sowohl des individuellen als auch des kollektiven Erwachens darstellt und dort ansetzt, wo das 2020er Debütalbum “Unfold The God Man” den Hörer thematisch zurückgelassen hat.

Musikalisch dagegen vereint das Stück so ziemlich alles, was an musikalischer Vielfalt auf ihrem Longplayer zu hören war. So bewegt sich ‘The Great Realisation’ geschickt zwischen Progressive Rock und Post Metal und integriert dabei so unterschiedliche Instrumente und Stilmittel wie ein zwölfsaitige Akustikgitarre, Geigen, Digeridoos, Pauken, sowie Kehlkopfgesang und Chöre. Unterteilt in fünf Kapitel ist ‘The Great Realisation’ nicht nur textlich gegliedert, sondern auch musikalisch in verschiedene Abschnitte einteilbar. Es ist eine atmosphärisch dichte Reise, die vor allem im Mittelteil extrem kreativ und psychedelisch daherkommt und wunderbar vermittelt, wie der Protagonist der Geschichte einer Entitität begegnet (vermutlich Mutter Erde) und von dieser auf eine bewußtseinserweiternde Reise geschickt wird, an dessen Ende er nur noch Leere empfindet, für die er die Gottheit verantwortlich macht.

Bei ‘Dimensions Lost, Obscured By Aeons’, dem Beitrag der Skandinavier, handelt es sich dagegen um einen Longtrack, der eigentlich aus zwei recht unabhängigen Einzelteilen besteht. Die ersten gut sieben Minuten gehören dabei fast ausschließlich dem Frontmann Ole Rokseth, denn ‘Dimensions Lost’ ist eine Expedition in die psychedelischen Klangwelten des Moog-Synthesizers, die gerade durch ihren Minimalismus besondere Intensität erfährt. Das Teil dient als atmosphärischer Wegbereiter für ‘Obscured By Aeons’, die zweite Hälfte des Stückes, während derer Sâver von einem Moment auf den anderen in die düstere Welt des Doom Metal vordringen. Tonnenschwere Gitarrenriffs treffen dabei auf tiefstgestimmte Bässe, welche die Membranen der besten Lautsprecher erschüttern lassen. Es sind musikgewordene Abgründe, die sich hier auftun und in starkem Kontrast zu der Leichtigkeit der elektronischen Klanglandschaften stehen, mit denen das Stück eröffnet worden war.

Sowohl Psychonaut als auch Sâver haben mit “Emerald” eine musikalischen Schritt nach vorne gemacht, denn beiden Gruppierungen ist es mit dieser Split EP gelungen, die Essenz ihrer bandeigenen DNA in jeweils einem Stück zu konzentrieren.
Bewertung: 11/15 Punkte (FF 11, KR 11)

Emerald Split EP by SÂVER

Tracklist:
1. Psychonaut – ‘The Great Realisation’ (16:31)
2. Sâver – ‘Dimensions Lost, Obscured By Aeons’ (19:06)

Psychonaut / Sâver – Emerald (Split Release) (Pelagic Records, 14.05.21)
Besetzung – Psychonaut:
Peter Le Page (Schalgzeug)
Stefan De Graef (Gitarren, Gesang)
Thomas Michiels (Bass, Gesang)

Psychonaut / Sâver – Emerald (Split Release) (Pelagic Records, 14.05.21)
Besetzung – Sâver:
Ole Christian Helstad (Bass, Gesang)
Ole Rokseth (Gitarre, Gesang, Synthesizer)
Markus Støle (Schlagzeug)

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Interview: “Im Gespräch mit Peter, Stefan und Thomas von Psychonaut zu “Unfold The God Man”” (2020)

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Rezension: “They Came With Sunlight” (2019)

Abbildungen: Alle Abbildungen wurden uns freundlicherweise von Pelagic Records zur Verfügung gestellt.