(41:29, Digital, Eigenveröffentlichung / Atypeek Music, 2021)
Die Lotusblume gilt als die einzige Wasserpflanze, die aus der Dunkelheit eines tiefen Gefäßes hervortreten kann, um zu gedeihen, um hoch aus dem Wasser herauszuragen und zu einer Blume großer Schönheit aufblühen. Sie besitzt in vielen Gesellschaften eine symbolische Bedeutung, im Sinne des Strebens nach höchster Reinheit, und ist oft mit Spiritualität verbunden.
“Odyssées” ist das Debütalbum der aus dem okzitanischen Toulouse stammenden Formation Lotus Titan. Entstanden ist die Gruppierung, als Komponist und Gitarrist Gérald Gimenez, 2017 und inspiriert von der symbolischen Bedeutung der Lotusblume damit begann, an einem Projekt zu arbeiten, bei dem er traditionelle Musik adaptierte und mit repetitiver Musik, Sounds, Texturen und Improvisationen vermischte. William Laudinat (Synthesizer, Trompete) und Schlagzeuger Dimitri Kogane traten dem Projekt kurze Zeit später bei und schmiedeten gemeinsam einen einzigartigen Bandsound, der auf ausgiebigen Experimenten beruhte. Als nach und nach offensichtlich wurde, dass ihre Musik nach Texten und einer Stimme verlangte, begrüßte das Trio im Oktober 2018 Julie Castel Jordy als neues Mitglied in ihrer Mitte.
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Beschäftigt man sich nun mit Lotus Titans Debütalbum “Odyssées”, so muss man feststellen, dass hier zwei Welten aufeinandertreffen, denn die Musik von Lotus Titan weckt sowohl Assoziationen mit den städtischen Subkulturen der französischen Banlieue als auch mit der intellektuellen Szene der französischen Avantgarde. Denn Lotus Titan verbinden tiefgründige französische Texte, in Form von Spoken Words-Passagen, wie sie auch von einem expressiven Poetry-Slam stammen könnten, mit explosivem, improvisiertem Progressive Rock, der sich in seiner Ausprägung zwischen King Crimson und Meshuggah bewegt. Dabei entführen die vier Franzosen den Hörer in die Welt von psychologischen Themen, denn in ihren Texte erkundet Frontfrau Julie “June” Castel Jordy, angesichts der Dunkelheit unseres Leben, die Ideen der Spiritualität durch Introspektion, des positiven Denken und der Resilienz. Musik und Texte verschmelzen dabei weniger miteinander als dass sie sich einander konfrontativ gegenüberstehen. Aufgrund von Junes Gesangstil, der am ehesten mit Irene Papas‘ Performance auf ‘∞’ von Aphrodite’s Child vergleichbar ist (exklusive der akustischen Extase), in seiner Attitüde aber eher Patti Smith ähnelt, aber auch wegen der oft überbordenden Energie ihrer musikalischen Mitstreiter, keimen zwar immer wieder Erinnerungen an die Innovationskraft und Frische des Debütalbums von Rage Against The Machine auf, doch wo die Raps und Spoken Words von Zack de la Rocha meist in aggressiven metallischen Refrains kulminieren, zieht sich Julie Castel Jordy am Höhepunkt eines Stückes meist zurück, so dass sie ihren Mitmusikern die ganze Bühne überlässt.
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“Odyssées” ist eine ungewöhnliche Kombination aus Spoken Word-Poesie, Progressive Rock und Progressive Metal, welche so eigenständig ist, dass ich sie in dieser Form bei noch keiner anderen Band gehört habe.
Bewertung: 11/15 Punkte
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Tracklist:
1. ‘Héroïne’ (3:08)
2. ‘Jeterrible’ (7:22)
3. ‘Rendez-Vous’ (4:20)
4. ‘Silence’ (3:22)
5. ‘Odyssées’ (12:15)
6. ‘Déjà-vu’ (5:57)
7. ‘Nelumbo Lutea’ (5:05)
Besetzung:
Julie “June” Castel Jordy (Texte, Gesang, Keyboard, Theremin)
Gérald Gimenez (Gitarre, Komposition)
Dimitri Kogane (Schlagzeug)
William Laudinat (Synthesizer, Trompete)
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Abbildungen: Alle Abbildungen wurden uns freundlicherweise von Lotus Titan zur Verfügung gestellt.