Karfagen – Principles And Theory Of Spektra

Karfagen - Principles And Theory Of Spektra (Caerllysi/JFK, 19.02.21)(54:16, CD, Digital, Caerllysi Music, Just for Kicks, 2020)
Der Ukrainer Antony Kalugin ist in der Zwischenzeit zu einer festen Größe in der progressiven Rockszene herangewachsen. Diesen Ruf hat er sich allerdings auch mit Hilfe seiner zahlreichen Projekte und einer großen Anzahl diverser Veröffentlichungen sehr hart erarbeitet. Oft werkelt Kalugin gleichzeitig an Alben seiner Projekte wie Hoggwash, Sunchild, Karfagen oder unter eigenem Namen. Dieser Umstand erklärt, dass man fast von einer ukrainischen Albenflut sprechen kann. Musiker mit einer solchen, selbstverständlich im positiven Sinne gemeinten kompositorischen Arbeitswut gibt es im Rockbusiness nur wenige, der Finne Kimmo Pörsti von Samurai of Prog gehört mit Abstrichen ebenfalls in diese Kategorie der Nimmermüden. Wobei auch nicht zu vergessen ist, dass viele Musiker die andauernde, langwährende Durststrecke der Pandemie für vorgezogene, neue und überarbeitete Veröffentlichungen genutzt haben.

Im Fall von Karfagens aktuellem Album „Principles And Theory Of Spektra“ sollte man sich aber davor hüten, dieses nur als Pandemielückenfüller zu werten, da es sich tatsächlich um kein wirklich neues Werk Kalugins handelt. Ursprünglich wurden die Songs zwischen 2015 und 2016 komponiert und aufgenommen, blieben bislang aber unveröffentlicht. Wie sich zeigt, handelt es sich hierbei aber dennoch nicht um einen Ladenhüter. Den letzten Schliff erhielten die sieben Titel dann im Jahr 2020. Die Einspielung geschah überwiegend mit dem altbewährten Team, als Gastmusiker wurde der u.a. von Flamborough Head bekannte niederländische Gitarrist Eddie Mulder gewonnen. Tatsächlich nicht unerwartet schafft Kalugin es erneut, atmosphärische, stimmungsvolle Klangbilder in rockigem Gewand zu zaubern. Kalugin bewegt sich wiederholt im Dunstkreis von Symphonic Prog, Art Rock, Neo Prog und Retro Prog, dabei geraten Elemente der Klassik, des Jazz oder des Pop Rocks glücklicherweise nicht in Vergessenheit. Allzu undurchsichtige bzw. schwer verdauliche Elemente weisen die Songs in der Regel nicht auf, so dass eher dem Wohlgefühl und der Harmonie viel Raum gegeben wird. Das heißt im Rückschluss nicht, dass die Titel belanglos oder noch schlimmer ins Kitschige abzudriften drohen. Karfagen bieten eine homogene Mischung aus den zuvor genannten Stilrichtungen.

Mit den Alben „7“, „Spektra“ und aktuell mit „Principles And Theory Of Spektra“ hat Antony Kalugin eine Art von Trilogie geschaffen. Die Werke verbindet nicht nur die zeitliche Nähe ihrer Entstehung, sondern was grundlegend ist, im wesentlichen die musikalische Ausrichtung. Beginnt das Album gerade noch stark an Genesis erinnernd, wechselt Kalugin schnell die Gangart. Immer noch melodiös, aber doch spürbar dynamisch komplex wird in der Folge agiert. Keyboards und Gitarrenriffs bestimmen nachhaltig das Tempo. Dennoch verbleiben vereinzelt Momente zur absoluten Erholung, dazu tragen vor allem die akustischen und atmosphärischen Passagen bei. Kalugin sprüht förmlich vor Ideenreichtum und so verwundert es nicht, dass das vorliegende nahezu instrumentale Album davon voll gefüllt ist.

Stilistisch unterstreicht Antony Kalugin mit Karfagen erneut die grundsätzlich symphonische Ausrichtung, Camel und Genesis standen hier eindeutig Pate. Der erfahrene Ukrainer weiß aber auch mit viel eigener Atmosphäre und einer angemessenen Komplexität seiner Kompositionen zu gefallen und verleiht ihnen damit eine eigene persönliche Note. Freunde des Multiinstrumentalisten werden bei diesem abwechslungsreichen Album bestimmt nicht lange zögern, andere Liebhaber des Genres sollten allerdings ebenfalls nicht enttäuscht werden.
Bewertung: 11/15 Punkten

Line-up:
Antony Kalugin: Keys, Vox, Arrangement
Ivan Goritski: Drums
Max Velychko: Acoustic & Electric Guitars
Oleg Prokhorov: Bass Guitar
Maria Baranovska: Violin (Track 1, 4, 6)
Elena Kushiy: Flute (Track 1, 4, 6)
Alexandr Pastuchov: Bassoon (Track 1, 4, 6)
Lesya Kofanova: Flute (Track 5)
Helen Bour: Oboe (Track 5)
Sergii Kovalov: Knob Accordion (Track 5)
Kostya Ionenko: Additional Bass Guitar (Track 5)

Special Guest:
Eddie Mulder (Leap Day / Trion/ Flamborough Head): El. & Ac. Guitars, Bass Guitar (Track 3)

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Abbildungen: Karfagen/ Antony Kalugin