(38:39, CD, Vinyl, Digital, Southern Lord Records/Cargo Records, 2021)
Respekt! Denn wer so kompromisslos sein Ding durchzieht, wie es BIG | BRAVE tun, dem gebührt ein gehöriges Maß an Anerkennung. Denn BIG | BRAVE entfernen sich mit ihrem aktuellen Album “Vital” so weit von althergebrachten Songstrukturen, dass selbst Stücke von Godspeed! You Black Emperor im direkten Vergleich wie eingängige Pop-Liedchen klingen. Denn wenn GSYBE mit ihren Werken immer wieder die Strukturen der Rockmusik aufbrechen und in Frage stellen, so bewerkstelligen BIG | BRAVE das Gleiche mit den etablierten Formeln des Postrock.
Die Kanadier haben mit “Vital” nämlich einen Songzyklus erschaffen, der für viele Hörer nur noch schwerlich als Musik wahrgenommen werden kann. Stattdessen experimentiert das Trioaus Montréal auf seinem aktuellen Album mit reduzierten Sounds, die eine Ästhetik ausstrahlen, die aufgrund ihres kalten Minimalismus’ an brutalistische Betonklötze erinnern: faszinierend, da künstlerisch anspruchsvoll und abstoßend zugleich. Hinzu gesellt sich die unvergleichliche Stimme von Sängerin Robin Wattie, die so einzigartig erscheint, da die Künstlerin sich in ihrer Darbietung weder Melodien unterwirft, noch irgendwelchen Gesangslinien zu folgen scheint. Es ist eine Stimme, die als pure Emotion beschrieben werden kann, und in ihrer manchmal schrägen Anmut wie ein verlorenes Kind wirkt, das verzweifelt nach Hilfe schreit.
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Schaut man sich die Texte der Band an, so hätte man kaum eine bessere musikalische Umsetzung wählen können können, denn in diesen geht es um Rasse, Gender und Identität. Themen, die so manchen Betroffenen in dieser ach so modernen Welt noch immer zur Verzweiflung bringen.
Dieses Album umfasst, was es bedeutet, die Außenwelt in einem rassifizierten Körper zu navigieren und was dies der Psyche als Ganzem antut, während es gleichzeitig den Wert des Individuellen in dieser Realität erforscht.
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This album involves what it means navigating the outside world in a racialized body and what it does to the psyche as a whole while exploring individual worth within this reality.
Die Kombination aus unterkühlten Klängen, die meist aus nicht mehr als endlosen Feedback-Eskapaden von Gitarrist Mathieu Bal und niederschmetternde Rhythmen aus tiefgestimmten Bässen Robin Watties und schepperndem Schlagzeug Tasy Hudsons bestehen, spiegelt so auf ausdrucksstarke Art und Weise die oft so feindliche Außenwelt wieder, während Sängerin Wattie das betroffene Individuum verkörpert.
“Vital” ist Musik, die vor allem aufgrund ihres künstlerischen Anspruches begeistern kann, nach unterhaltungsmusikalischen Gesichtspunkten jedoch mit einem großen Warnhinweis versehen werden müsste.
Bewertung: 11/15 Punkte (FF 11, KR 11)
Tracklist:
1. ‘Abating The Incarnation Of Matter’ (7:22)
2. ‘Half Breed ‘ (8:09)
3. ‘Wited. Still And All…’ (4:22)
4. ‘Of This Ilk’ (9:37)
5. ‘Vital’ (9:09)
Besetzung:
Robin Wattie (Gesang, Bass)
Mathieu Bal (Gitarre)
Tasy Hudson (Schlagzeug)
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