(58:29, CD, Digital, Vinyl, Monotreme Records/Cargo Records, 2021)
Ähnlich wie die spanische Post Rock-Formation Toundra im letzten Jahr den Stummfilm-Klassiker “Das Cabinet des Dr. Caligari” vertonte, komponierte die piemontinische Instrumental-Band Stearica im Jahre 2011, anlässlich des MITO-Festivals einen Live-Soundtrack für den expressionistischen Horror-Film “Der Golem, wie er in die Welt kam” der Regisseure Paul Wegener und Carl Boese aus dem Jahre 1920 (vgl. auch Gazpachos ebenfalls von diesem Jahrhunderte alten Topos inspierter Song ‘Golem’), d. Schlussred.). Nach Aufführungen und diversen Film-Festivals, u.a. dem oben genannten MITO-Festival, dem Ravenna Nightmare International Festival, sowie dem Rimusicazioni Film Festival in Bozen nahmen die Turiner im Folgejahr zum ersten Mal eine Live-Studio-Fassung ihrer Interpretation des Golems auf. Weitere fünf Jahre später fügten Stearica ihrem Werk noch weitere Nuancen hinzu, wobei das ursprüngliche Arrangement beibehalten wurden. Das finale Ergebnis ist nun im März 2021 zum einhundertsten Jubiläum der Erstvorführung von “Der Golem, wie er in die Welt kam” unter dem Namen “Golem 202020” als Album erschienen.
Stearica sind keine Neulinge in Sachen experimenteller Instrumentalmusik, sondern existieren bereits seit dem Jahre 1997, wobei ihr Debütalbum “Oltre” lediglich im Jahre 2007 erschienen ist. Und bis heute besteht die italienische Avantgarde-Band noch immer aus den gleichen drei Mitgliedern wie in ihren Anfangstagen: Francesco Carlucci (Gitarren, Synthesizer, Handpans, Sounds), Davide Compagnoni (Schlagzeug, Holz- und Metall-Perkussion, Loops) sowie Luca Paiardi (Bass, Synthesizer, Kalimba). Dass die drei Musiker perfekt miteinander harmonieren und mit “Golem 202020” einem höheren künstlerischen Anspruch folgen, merkt man dem Werk an allen Ecken und Enden an. Vor allem die weitreichende Bandbreite an Perkussionsinstrumenten geben “Golem 202020” einen einzigartigen Klang. Und trotzdem können mich die Italiener mit ihrer Interpretation des antiken Films nicht wirklich überzeugen.
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Zum einen liegt dies daran, dass “Golem 202020” ohne bewegte Bilder über weite Strecken einfach zu langweilig ist. Zwar gibt es spannende Passagen, wie die beiden Lieder ‘Rejoyce Ye, Ye!’ und ‘In Flames’, doch die meisten Stücke können ohne cinematographische Begleitung genauso wenig überzeugen, wie viele der zeitgenössischen Film-Soundracks. Denn die Musik auf “Golem 202020” ist leider kein Film ohne Bilder. Zum anderen ist “Golem 202020” auch als Soundtrack nur bedingt geeignet, da die Spiellänge der zehn Stücke viel kürzer als jene des Filmes ist. “Golem 202020” ist auch kein wirklicher Score, sondern, wie der Untertitel des Albums es schon erahnen lässt, lediglich “Music Inspired By”.
Uns so muss man “Der Golem, wie er in die Welt kam” schon mehrmals gesehen haben, um beim Hören des vorliegenden Albums bei jedem Stück die geeignete Fimsequenz vor dem inneren Auge ablaufen zu lassen.
Dass auf diese Art und Weise eine so wichtige Szene, wie jene, in welcher der Golem den Junker Florian im Kampfe vom Dach des Rabbiner-Hauses wirft, ganz ohne musikalische Begleitung bleibt, ist vielleicht das größte Manko der Platte.
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Dann höre ich mir doch lieber die Originalmusik von Hans Landsberger an, die erst vor kurzem rekonstruiert worden ist, nachdem sie für Jahrzehnte verschollen war und erst 2018 wiederentdeckt worden war. (Bisher nur in Ausschnitten verfügbar.) Denn dort sind Musik und bewegte Bilder perfekt aufeinander abgestimmt.
Bewertung: 9/15 Punkte (FF 9, KR 12)
Tracklist:
1. ‘The Stars Reveal (An Impending Calamity – Chapter 1)’ (1:51)
2. ‘How He Came Into The World (Shaping His Soul Like Clay – Chapter 2)’ (7:23)
3. ‘The Great Spell (The Invocation Of Astaroth – Chapter 2)’ (4:00)
4. ‘The Shem (Golem Comes To Life – Chapter 2)’ (2:58)
5. ‘A Strange Servant (Golem’s First Errand – Chapter 3)’ (3:03)
6. ‘The Rose Festival – Part 1 (The Sad Scent Of A Different Flower – Chapter 3)’ (5:14)
7. ‘The Rose Festival – Part 2 (Save Me And I Will Pardon Your People – Chapter 3)’ (3:40)
8. ‘Rejoyce Ye, Ye! (The Sound Of The Shofar – Chapter 4)’ (4:58)
9. ‘In Flames (The Fire Spell – Chapter 5)’ (3:55)
10. ‘Der Golem (The Angels’ Theme – Chapter 5)’ (4:50)
Besetzung:
Francesco Carlucci (Gitarren, Synthesizer, Handpans, Zusätzliche Sounds)
Davide Compagnoni (Schlagzeug, Holz- und Metall-Perkussion, Loops)
Luca Paiardi (Bass, Synthesizer, Kalimba)
Gastmusiker:
Nazzarena Galassi (Gesang)
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