Marc Fischer, Six Day Of Calm, über “The Ocean’s Lullaby”

Foto: Tony Wehnert

Six Days of Calm ist ein neuer Name im Post-Rock-Universum. Das über Midsummer Records erschienene Debüt “The Ocean’s Lullaby” wurde kürzlich auf Betreutes Proggen besprochen. Nun folgt ein Interview, in dem Songwriter und einziges Mitglied von 6DOC Marc Fischer über sein Album und über seine Musik berichtet. Es ist ein aufschlussreiches Gespräch, bei dem auch Entschleunigung und die beruhigende Kraft des Meeres zur Sprache kommen.

 

Lass uns mit deinem jüngsten musikalischen Werdegang beginnen. Zuletzt hast du noch bei Watch Them Fade melodischen Metalcore gespielt und dort für atmosphärische Stimmung gesorgt.
Wie kommt es zum Wechsel zum Post Rock?

Naja, eigentlich steckt der Post Rock schon immer in mir drin. Mehr eigentlich als Metalcore und das hat man auch beim letzten Album von Watch Them Fade schon deutlicher hören können. Deswegen war es, auch wenn es nach einem harten Schnitt aussieht, ein recht fließender Übergang der sich über Jahre hingezogen hat. Meine große Leidenschaft ist und war aber schon immer der Post Rock, somit eigentlich kein Wunder das der Weg sich nun konsequent in diese Richtung entwickelt hat.

Kannst du jetzt mit Six Days of Calm Dinge verwirklichen, die dir bei Watch Them Fade gefehlt haben? Und gibt es andersherum auch Sachen, die du dir gerne zurück wünschst?

Absolut.
Mit Six Days Of Calm kann ich alles verwirklichen was ich möchte. Es gibt keine Grenzen für mich im Songwriting und der Umsetzung. Bei Watch Them Fade hatte ich diese Grenzen, denn Metalcore lebt eben auch von gewissen Trademarks wie Breakdowns und typischen Songstrukturen, die ich einfließen lassen musste. Das hat mir aber trotzdem auch Spass gemacht – keine Frage!
Doch jetzt mit Six Days Of Calm ist das einfach etwas ganz anderes. Ich liebe diese Freiheit, auf nichts achten zu müssen, einfach in Form von Musik das wiederzugeben, was ich fühle ohne Kompromisse. Um nichts in der Welt möchte ich das je wieder anders haben wollen. Und deswegen wünsche ich mir tatsächlich auch nichts aus der musikalischen Zeit vor Six Days Of Calm zurück.

Der Name Six Days of Calm passt wirklich außerordentlich gut zur Stimmung der Musik. Gibt es eine spezielle Bedeutung, von der sich der Name herleitet?

Ich beschäftige mich sehr viel mit Entschleunigung, Entspannung, Ruhe, Achtsamkeit usw. und da hat sich dieser Name irgendwann in mir breit gemacht. Für mich ist es wichtig, mir in dieser stressigen und schnelllebigen Welt immer ein bisschen Ruhe zu generieren; dies auch regelmäßig. Und so ist dann tatsächlich mit der Zeit auch die Idee zu diesem Namen entstanden.

Six Days Of Calm - The Ocean’s Lullaby (Midsummer Records, 6.11.20) Das Debütalbum heißt “The Ocean’s Lullaby” und tatsächlich erinnert die Atmosphäre sehr an die hypnotische Wirkung des Meeres. Wie ist das Album entstanden und welche Rolle spielt der Ozean für dich und deine Musik?

Das Album ist im Zeitraum von einem Jahr entstanden. Ich hatte keine leichte Zeit damals. Und alles was an Emotionen entstanden ist, habe ich versucht, 1:1 in diesen Songs wiederzugeben. Das war natürlich auch ein sehr bewegendes Unterfangen, was mich immer wieder an meine emotionalen Grenzen gebracht hat. Ein essentiell wichtiger Teil in dieser Zeit, aber auch prinzipiell in meinem Leben, ist das Meer gewesen.
Egal ob gedanklich oder real, das Meer ist mein Anker, um Ruhe zu finden, um mich wieder zu sortieren, zu erden. Was gibt es schöneres als am Abend dem Meer zu lauschen? Ich könnte das ewig tun und somit hatte das Meer und seine Wirkung in der Zeit des Songwritings einen viel größeren Anteil an meinem Leben als es ohnehin schon der Fall ist.

 

Nun ist das Album erschienen und es hagelt positive Rückmeldungen. Beispielsweise gab es bei Sound Magnet und Betreutes Proggen ein sehr begeistertes Echo.
Motiviert das, weiterzumachen und Six Days of Calm als mehr denn nur ein Projekt zu betrachten?

Eigentlich ist Six Days Of Calm sowieso nicht wirklich nur ein Projekt. Ich tue mich nur schwer mit der Bezeichnung „Band“, denn 6DOC besteht nun mal nur aus einer Person. Darum spreche ich eher von Projekt. Das ist aber nicht im Sinne von einer einmaligen oder vorübergehenden Sache gemeint.
Also, 6DOC wird auf jeden Fall weiter existieren, in welcher Form es weiter geht, was ich noch machen werde, weiß ich alles aktuell noch nicht. Auch da nehme ich mir wie im Songwriting die Freiheit, nichts zu müssen.

Wenn die Dinge in der Welt da draußen mal wieder besser aussehen, kannst du dir dann vorstellen, dass es mal Konzerte von Six Days of Calm gibt?
Oder gibt es vielleicht schon Pläne für eine Live-Besetzung?

Durchaus.
Natürlich wäre es schön, mit 6DOC auch auf die Bühnen zu kommen. Aktuell fällt die Vorstellung zwar schwer, denn gefühlt liegt das aufgrund der angespannten Lage in der Welt ja in weiter Ferne. Aber ja, trotz allem gibt es vorsichtige Planungen und eine mögliche Live-Besetzung geistert auch schon durch meinen Kopf.

Konsumierst du selber viel Post Rock und artverwandte Musik oder bist du als Hörender auch in ganz anderen Sphären unterwegs?

Ich höre selbst unglaublich viel Post Rock und artverwandte Genres. Es ist und bleibt meine größte musikalische Leidenschaft. Kein Genre transportiert für mich so viele Emotionen wie dieses.
Ich bin kein Typ für Lyrics, war ich noch nie. Und ich finde das Spannungsbögen und Gefühle durch Instrumente einfach noch intensiver aufgebaut werden können als durch Texte. Aber das ist bei mir so, anderen Menschen geben vielleicht die Lyrics in Songs wieder viel mehr, und das ist auch gut so. Das macht das Ganze vielseitig und darum berührt Musik mit all ihren Facetten auch die meisten Menschen, wodurch auch immer, völlig egal am Ende. Und klar höre ich auch nach wie vor Metalcore, Hardcore etc., aber das ist deutlich weniger geworden.

Gibt es dahingehend Künstler:innen oder Bands, die du den Lesenden ans Herz und an die Ohren legen möchtest?

Nunja, vielleicht nicht ans Herz legen… Ich kann zumindest erzählen, was mich über die Jahre hinweg geprägt hat und meine Playlisten stark anführt.
Ganz klar natürlich This Will Destroy You, Shels, Sigur Ros, Mogwai, Explosions in the Sky, Envy, Ef, Saxon Shore, Mono, pg.lost, Caspian. Das sind einfach Bands, die über Jahrzehnte unglaubliches Material veröffentlicht haben. Aber natürlich auch Bands, die deutlich härter aber nicht unbedingt viel weniger atmosphärisch unterwegs sind wie Deafheaven, Wolves In The Throne Room, Saor. Zudem aber auch Künstler wie Hans Zimmer und Ludovico Einaudi.
Also die Spanne ist groß und ich bin auch immer super neugierig auf andere Genres oder gerade auch Musik, die gar nicht so richtig einzuordnen ist. Außer bei Schlager, Country, Reggae und Volksmusik, da bin ich raus (lacht).

 

 Zum Abschluss überlasse ich das Wort noch einmal ganz dir:

Ich möchte danke sagen an alle die mir dieses Projekt ermöglicht haben oder irgendwie daran beteiligt waren.
Nikita Kamprad (Der Weg Einer Freiheit), der dieses Album produziert hat, Philipp Welsing (Mastering), Oli Hummel (Artwork), Jan Kerscher (Video), die Jungs die im Video mit von der Partie waren, Tony Wehnert (Fotos), Cargo Records (Vertrieb) und natürlich Tim (Midsummer Records), der das Album veröffentlicht hat.
Und natürlich ein riesen Dank an all die Menschen, die meine Musik hören und die Mags die dieses Album featuren. Und lieben Dank natürlich auch an Dich für das Interview. Bleibt alle gesund.

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