sleepmakeswaves – These Are Not Your Dreams

sleepmakeswaves - These Are Not Your Dreams (Bird'sRobe, 8-10/20)
Abbildung: sleepmakeswaves; Artwork: James Stuart

(69:49, Vinyl, CD, Digital, Bird’s Robe, 2020)
Das neueste Monumentalwerk vom Post-Rock-Trio sleepmakeswaves aus Sydney ist weit mehr als nur ein einzelnes Release. Bei “These are not your Dreams” handelt es sich vielmehr um eine EP-Trilogie, die als Gesamtwerk auf drei Schallplatten veröffentlicht wurde. Mit jeweils vier Stücken präsentieren sich also die untergeordneten Teile “No Safe Space”, “Out of Hours” und “Not an Exit”. Auf die einzelnen Teile wird im weiteren Verlauf noch genauer eingegangen.

sleepmakeswaves sind:
Alex Wilson – Bass, Elektronik,
Otto Wicks-Green – Gitarre, Gesang,
Tim Adderley – Schlagzeug, Elektronik.

Außerdem treten folgende Gäste auf “These are not your Dreams” auf:
Lachlan Mark – Gitarre in ‘Time wants a skeleton’ und ‘Serenity now’,
Daniel Oreskovic – Gitarre in ‘The Endings that we write’,
Simon Berckelman – Engineering in ‘The Endings that we write’.

Den Anfang bildet als die integrierte EP “No Safe Space” mit ihren Titeln ‘The Endings that we write’, ‘Batavia’, ‘Time wants a Skeleton’ und ‘Cascades’. Thematisch geht es um das erdrückende Gefühl, dass die Welt nicht nur immer mehr zusammenwächst, sondern auch immer enger wird. Im globalisierten Zeitalter der digitalen Realität werden die ‘safe spaces’ oder Rückzugsorte immer rarer. Individuelle Bedürfnisse nach Ruhe und innerer Ordnung werden immer mehr von einer digitalen Wucht überwältigt. Musikalisch setzen sleepmakeswaves diese Befindlichkeiten mit einer massiven Wand aus kräftigem Post Rock in Szene.

Es folgt mit “Out of Hours” eine Thematik, die sehr an Michael Endes Roman “Momo” erinnert. Die Titel ‘Pyramids’, ‘Zelda’, ‘Menthol’ und ‘Embraced’ setzen sich mit unserer Sehnsucht nach Zeit auseinander. Genauer gesagt geht es um die Zeit, die wir uns ersparen oder freischaufeln wollen. Und doch kommt am dicken Ende immer wieder die Erkenntnis, dass ein Zeitkonto im echten Leben nicht auf Vorschuss organisiert werden kann. So bleibt von der erträumten und erarbeiteten Zeit am Ende doch immer viel weniger übrig, als man zuvor dachte. Hier setzen sleepmakeswaves mehr auf hektische Motive, die von durchatmenden ruhigen Passagen unterbrochen werden.

Ähnlich geht es auf dem finalen Teil “Not an Exit” zu. Dieser setzt sich aus den Liedern ‘Mind Palace’, ‘Serenity Now’, ‘LoFi Nylon’ und ‘These are not your Dreams’ zusammen. Im Abschluss der Trilogie setzen sich sleepmakeswaves mit einem längst überfällig reformbedürftigen Arbeitsethos auseinander. Die Arbeit kann nicht hart und schwer genug sein; es gibt dennoch keine Aussicht auf Aufschub in unserer Gesellschaft. Hier zeigt die Band das Verlangen der menschlichen Zahnräder im System, sich auch mal nicht drehen zu müssen – oder zumindest Richtung und Geschwindigkeit einmal selbst bestimmen zu können.

“And the Clouds roll in again
bringing it all back again.
Another Year goes by again.
Will it stay the same again?

Does it get any easier?”

So endet ‘LoFi Nylon’ und lässt bei den Zuhörenden viele Fragen offen. Wird es so weiter gehen? Kann es auch anders werden? Wer bestimmt über unsere Zeit? Und warum tun wir es selber nicht?
Trotz aller offenen Fragen ist der dritte Teil des Werkes der farbenfrohste und der mit dem hoffnungsvollsten Ton. Hier lassen sleepmakeswaves weitestgehend von den düsteren Klängen ab und bewegen sich in Nähe von modernem Alternative Rock. Fast schon erleichternd kommen die Klänge rüber, in denen das möglicherweise nahende Ende vertont wird.

Abbildung: sleepmakeswaves

Es ist ein eindrucksvolles Gesamtwerk, das sleepmakeswaves hier vorlegen. Auf musikalischer Ebene wird abwechslungsreicher Post Rock geboten, der je nach thematischer Färbung der jeweiligen EP mal härter, mal dunkler und mal bunter ausgeführt wird.

Faszinierend ist auch die inhaltliche Umsetzung. Wo viele Post Rock Künstlerinnen und Künstler in ihrer Musik die Nähe zur Natur und zur Einsamkeit suchen, gehen sleepmakeswaves einen ganz eigenen Weg. Sie setzen ihren thematischen Fokus auf die Phänomene unserer modernen, globalisierten und digitalen Gesellschaft. Und anstatt davor zu flüchten, legen sie den Finger dahin, wo es wehtut und hinterfragen unseren Ethos von Leben, Zeit und Arbeit.

“These are not your Dreams” ist von vorne bis hinten ein eindrucksvolles Album mit dem Potential, zum Nachdenken anzuregen. Vielseitig, kritisch und auch abseits des Konzepts musikalisch sehr angenehm.
Bewertung: 13/15 Punkten (RG)

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Abbildung: sleepmakeswaves