(43:40, CD (sold out), digital, Stilll/Off/ Moonjune/Broken Silence, 2019)
Michel Delville ist einer der ewigen Top-Ten-Lieblingsgitarristen des Autoren, das sei vorab nochmals gestanden. Das ist er nicht etwa wegen irgendwelcher Flitzefingrigkeiten (obwohl er selbstmurmelnd herrlich shredden kann). Sondern aufgrund seines ungemein vielseitigen, unbarmherzig intelligenten und dabei doch häufig noch eleganten Spiels, das in jedem Wortsinn Effekthascherei scheut – ob mit oder ohne Effektgerät. Apropos vielseitig: Als ob The Wrong Object, Machine Mass, Ensemble Mosae, die großartigen douBt, Vantomme und Comicoperando nicht genug wären, gibt es da ja auch noch The Gödel Codex.
Und wer oder was ist das nun schon wieder?
Das ist:
Michel Delville – Guitar, Guitar Synth, Electronics
Antoine Guenet (Univers Zero, The Wrong Object, Beautiful Badness) – Keyboards
Etienne Plumer (Rêve d’Elephand, Animus Anima) – Drums, E-Percussion, Glockenspiel, Trumpet, Electronics, Samples
und
Christophe Bailleau – Electronics, Samples
bzw. “a sound artist with an interest in the function of noise as a musical code in music”.
Was diese vier bereits vergangenes Jahr möglicherweise einer belgischen Eiche (“Oak”) abgehorcht haben, klingt wieder einmal anders, als was man von Michels bisherigen Spielwiesen kennt.
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Die ‘Oak Overture’ leitet schroff-elektronisch ein, wie der Soundtrack für einen Endzeit-Sci-Fi. Und bereitet daher wenig auf den Sixties Groove, den angenehmen Gesang (!) done in Canterbury Style und das flirrende Keyboard-Solo von ‘The Needle’s Eye’ vor. Weiter geht es mit ‘Granules’ und einer weiteren instrumentalen Mad Max-Ausfahrt, so scheint es. Doch halt, auch hier wird später (von Michel) gesungen. Den Abschluss der inzwischen auch an Japan/David Sylvian erinnernden Nummer bildet ein gespenstisches Gitarrensolo.
One last round? Die Piano-Ballade ‘One Last Sound’ könnte konsensfähig sein, wenn sie eine bleiben würde. ‘Matisse’ hingegen klingt zunächst verdächtig nach einem Kandidaten für die eigene “Idiot Dancing”-Playlist mit Kopfabschraub-Prog. Wird dann aber plötzlich (und bleibt) verhaucht-ambientig. Bei den Gesangslinien von ‘Stand Or Fall’ müsste man wohl selbst dann an Robert Wyatt denken, wenn die Künstler es nicht selbst in ihrem Klappentext soufflieren würden. Und so weiter und so fort – nur eben nie nach einmal gelegtem Muster. Das Album irritiert, verstößt permanent gegen die von ihm selbst generierten Erwartungen. Und es belohnt genau deswegen gewaltig – wenn man sich halt gerade auf so einen krassen Trip einlassen kann. In anderen Situationen ist es natürlich eher ein Stressor und potenzieller Scheidungsgrund. Wie wunderbar.
Bewertung: 12/15 Punkten
Surftipps zu The Gödel Codex:
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Wikipedia
Abbildungen: The Gödel Codex / Off