(57:21, Digital, CD (sold out); Eigenveröffentlichung/Blood Music/Just For Kicks, 2014)
Diese Hopefuls aus Haarlem hatten wir 2011 auf dem ProgPower Europe Festival begeistert für uns entdeckt, u.a. aufgrund ihres Gefährder-Potenzials:
“Die vom Drummer über sein relativ kleines Pearl-Kit verwalteten Tempiwechsel können die geistige Gesundheit sensibler Naturen sicherlich gefährden.”
Darüberhinaus gab es gleich mehrere aktuelle Anlässe, sich wieder einmal mit den wunderbaren Niederländern zu beschäftigen: erstens ist ihr Longplay-Debüt a) warum auch immer auf diesen Seiten nie gewürdigt worden und b) vor wenigen Tagen wieder auf Streaming-Plattformen zurück erschienen. Zweitens hatte die Band mit ihrer vorzüglichen EP von 2009 (12/15 Punkten in PNL Nr. 74 recht prophetisch bereits einige Aspekte des Jahres 2020 vorgezeichnet: “Virus”, ‘Quarantine’, ‘Nothing Left’….
Dem Ding hatten wir u.a. unterstellt: einen “irren Stilmix aus Swing, Heavy Metal, Radiopop, Vaudeville, Polka, Funk, Samba, der im humorigen Live-Varieté der Schizos auftaucht, bleibt “Virus” schuldig. Außerdem geht es live doch ganz erheblich wilder zur Sache, u.a. fehlen diesen Aufnahmen die Growls fast völlig. Dafür gestattet die Mehrspurtechnik den Einsatz majestätisch geschichteter Chöre, wie etwa beim Titelstück. Selbst die kürzeren Kompositionen wie ‘The Fall’ haben einen akribischen Aufbau und erzielen beachtliche Steigerungen, bei denen sich die Gitarristen Remo Kuhlmann und Thom Lich als von David Gilmour beeinflusst zu outen scheinen. Dem heutigen Live-Sound wohl am nächsten steht die herrliche Prog-Metal-Nummer ‘Nothing Left’ mit ihren Tempiwechseln, verträumten Camel-Gitarrenparts und den Kontrasten zwischen Orgel und Growls.”
Was hatten die Brüder Kuhlmann & Co. dem 2014 noch hinzuzufügen? Erfreulicherweise keinen Totalschwenk! Wieso auch, wenn man mit dem bisherigen Ansatz bereits Kritiker verzücken und Auditorien entgeistern und Clubs leeren kann?
Der das Album eröffnende ‘Suicide Penguin’ beginnt seinen Amoklauf mit klassischen Fanfaren, opernhaftem Falsetto-Sologesang und heftigen Chören, gefolgt von kathedraler Orgel. Mit der geht das eigentlich nur 5:30 Minuten kurze Stück dann auch wieder zuende, zuvor aber gab es noch heftigst-herrlichen Folk Metal sowie einige nur Takte währende Wendungen. Klingt verrückt? Stimmt auffallend. Klingt schrecklich? Aber kein bisschen!
Weil wir aber wieder mal keine braven Schubladen-Progger gewesen sind, kommt nun der ‘Christmas Devil’ und richtet ein ziemliches ProgThrash-Blutbad an.
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Wohl dem, der gelernt hat, auf der Lawine zu surfen (‘Avalanche Riders’). Das nicht nur textlich besonders gelungene ‘Misanthrope Puppet’ hingegen besingt die klaustrophobische Angst, in einem klischeehaften Film eingesperrt zu sein. Mit ‘Film Noir Hero’ bleibt es cineastisch, auch wenn es in der ironisch mehrfach gebrochenen “Piano-Ballade” wesentlich um enttäuschte Liebe geht.
Line-up:
Remo Kuhlmann | (acoustic) guitars, sitar, vocals
Ruben Kuhlmann | lead vocals, keys, percussion
Guus van Oosterum | bass, vocals
Thom Lich | guitars, vocals, grunts
Boy van Ooijen | drums
Silas Baldur van Bezu | piano, keys
Auch in ‘Amphibian Seer’ droht – wie schon in “Virus” – die Apokalypse, nur wird sie hier vorhergesagt von einem Propheten aus dem Tierreich. ‘Cave Painter’ startet mit Dschungel-Rhythmik, um dann in brutale Metal-Abgründe mit Faith-No-More-Entspannungspausen zu kippen.
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Und der hier ausgesparte Rest ist beileibe nicht weniger interessant! Flirtet doch mit den Lloyds mal ein wenig mit dem Wahnsinn, lasst Euch den Kopf ab- und verkehrt wieder aufschrauben. Und hofft dann mit uns, dass dies nicht wirklich die letzten Noten von ihnen gewesen sein mögen.
Bewertung: 12/15 Punkten
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Rezension “Virus” (2009)
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Abbildungen: Schizoid Loyd